Zwei Wochen nach der Explosion auf der Ölbohrinsel Deepwater Horizon im Golf von Mexiko kommt die Natur den Einsatzkräften zu Hilfe. Günstige Winde verhindern derzeit, dass das Öl am Festland angeschwemmt wird. Trotzdem sprudeln jeden Tag schätzungsweise 700 Tonnen Rohöl ins Wasser. Der riesige Ölteppich im Süden der USA bedroht nicht nur eine immense Artenvielfalt, sondern auch eine ökologisch wertvolle Landschaft und die Lebensgrundlage vieler Menschen.

21. April: Feuerwehr-Boote versuchen den Brand auf der Bohrinsel zu löschen.
© The United States Coast Guard

Der Strom Mississippi ist 3778 km lang. Er entspringt dem Itascasee im nördlichen Minnesota und vereinigt sich mit dem Missouri und dem Meramac bei St. Louis sowie mit dem Ohio in Illinois. Bis auf das Gebiet um die grossen Seen entwässert der Fluss das gesamte Gebiet zwischen den Rocky Mountains im Westen und den Appalachen im Osten. Er fliesst durch zehn US-Staaten: Minnesota, Wisconsin, Iowa, Illinois, Missouri, Kentucky, Arkansas, Tennessee, Mississippi und Louisiana. Danach mündet er im Mississippi-Delta rund 160 Kilometer südlich von New Orleans in den Golf von Mexiko.

Luftaufnahme vom Ölteppich vor einer Insel östlich der Küste Louisianas.
© Daniel Beltrá / Greenpeace

Das Mississippi-Delta bildet eine der grössten Mündungsgebiete der USA. Das subtropische Gebiet wird auch als Vogelfussdelta bezeichnet, weil es sich fingerförmig in den Golf erstreckt. Das dünn besiedelte Naturparadies ist mit einer Fläche von etwa 28’600 Quadratkilometern eines der weltweit grössten Flussdeltas. Insgesamt hat es fünf Hauptarme, die durch riesige Mengen von Ablagerungen entstanden sind. Das Naturparadies besteht aus Mangrovenwäldern, Marschen und Sumpflandschaften. Das unzugängliche Gebiet ist eine bedeutende Rast- und Laichstation und Kinderstube für viele Vogel- und Fischarten. Doch auch seltene Schildkrötenarten, die in der Nähe ihre Niststrände haben, leben in diesen Gewässern. Im Golf von Mexiko finden sich mehrere Wal- und Delfinarten darunter Buckelwal, Pottwal und Grosser Tümmler. Sogar Fischotter, Nerze und Alligatoren leben in diesem ökologisch wertvollen und einzigartigen Gebiet. Die Gewässer so artenreich, dass sich Venice/Louisiana als «Fischerei-Hauptstadt der Welt» bezeichnet. Sie sind eine der Haupteinnahmequellen der hier ansässigen Menschen.

Die Sumpflandschaften der Region machen rund 40 Prozent der Feuchtgebiete der ganzen USA aus. Die ökologisch hochsensiblen Gezeitenwälder und Sümpfe sind fast nicht zu reinigen, denn in diesem Naturparadies gibt es weder Zufahrten für Lastwagen, noch lässt sich dort schweres Bergungsgerät auffahren. Das Öl wird sich überall ungehindert verteilen. Das einzige was man tun kann, ist in den ökologisch wertvollsten Buchten und Kanäle Ölsperren auszulegen. Damit die Ölsperren funktionieren, müssen die Buchten aber möglichst windgeschützt sein.

Grosse Teile der Golfküste sind mit Mangrovenwäldern bewachsen, und diese gehören zu den Ökosystemen, die am empfindlichsten auf Ölverschmutzung reagieren: Das Öl verklebt die Öffnungen in den Luftwurzeln der Pflanzen, sodass sie nicht mehr atmen können und absterben. Diese gravierenden Schäden haben weitreichende Folgen für den Küstenschutz, denn die Mangroven leisten zukünftigen Hurrikanen weniger Widerstand – zumal sie sich nur schlecht regenerieren, da sie langsam wachsen. Für das Mississippi-Delta kann es damit beim nächsten Wirbelsturm noch wesentlich schlechter aussehen, als es beim letzten Mal bereits der Fall war.

Mitglieder des «Tri State Bird Rescue and Research» Teams behandeln einen Basstölpel, den sie letzten Freitag im Ölteppich vor der Küste Louisianas aufgegriffen haben.
© Sean Gardner/Greenpeace

Für die Tiere befürchten Meeresbiologen das Schlimmste. Etwa die 5000 im Golf lebenden Delfine. Sie müssen zweimal in der Minute an die Wasseroberfläche und werden den Öldunst einatmen. Ebenso ergeht es den Walen und Meeresschildkröten. Austern und Krabben können dem Ölteppich nicht entkommen. Für die Meeresvögel und eine Unzahl von Zugvögeln, die um diese Jahreszeit aus Südamerika zurückkehren, ist das Öl am gefährlichsten, weil sie ihre Nahrung nahe der Wasseroberfläche finden. Forscher der staatlichen University of Louisiana haben Proben des Öls analysiert – es sei nicht schwergiftig, aber klebrig. Es zerstört das Federkleid, das die Tiere warm hält und zum Fliegen befähigt. Bei dem Versuch, ihre Federn von dem klebrigen Zeug zu säubern, schlucken die Vögel das Öl und vergiften sich.