Klima-Campaigner Alex Hauri berichtet täglich über die COP16 UN-Klimaverhandlungen in Cancun, Mexiko.

© Greenpeace / Fojtu

Cancun hat zu einer Art Alltag gefunden. Es herrscht weitgehend ereignislose Ruhe, wie ein stiller – selbstverständlich steigender – Ozean bei Flaute.

Manchmal hebt sich eine sanfte Woge, wenn ein kleiner diplomatischer Durchbruch erzielt werden konnte, wie heute Nacht von den kleinen Inselstaaten (entspricht den im gestrigen Blog erwähnten flachen Inseln): Sie erreichten den Beschluss, das eine Beratungsgruppe eingerichtet wird, die über die Rechtsform eines künftigen Klimaabkommens (ab 1.1.2013!!!) diskutiert. – Man muss mit kleinen Erfolgen zufrieden sein. Auch angesichts der Hai-Schwärme, die in den Wandelhallen («Lobby») des Konferenzzentrums ihre Kreise ziehen.

COP16 ist nämlich, wie schon COP 1 bis 15, keine Versammlung von Gutmenschen. Ich selbst habe gesehen, wie knallharte Lobbyisten von Shell und anderen Erdölmultis Schweizer Klimabeamte unter Druck zu setzen versuchten – und zwar offenkundig, ohne langes diplomatisches Geplänkel. Klimakonferenzen sind schamlose Jahrmärkte der Interessen, und freilich ist auch Greenpeace mit seinen klaren Forderungen als Lobbyist der Natur vertreten. Und deckte im letzten Frühling mit dem Koch Report auf, wie skrupellose Industrien via unverfänglich klingende Stiftungen Klimaleugner und Think-Tanks finanzieren.

Die vielen 1000 offiziellen und inoffiziellen TeilnehmerInnen der Klimakonferenz strömen zwischen Plenarsälen und zahllosen Sitzungszimmern, wobei sie sich zu immer neuen Verhandlungsgruppen und Unter- und Unteruntergruppen – zuweilen hinter strikte verschlossenen Türen – formieren. Da gibt es feste Interessenallianzen wie die G8, G20, G77 (die Länder des Südens und China), die BRIC und BASIC, die UMBRELLA-Gruppe (das sind die Unbeweglichen mit dem vielen Öl im Boden oder/und dem grossen Verbrauch desselben) und die AOSIS (Kleine Inselstaaten).
Greenpeace-Protest zur Rettung der pazifischen Insel Tuvalus
Die Schweiz gehört – damit sie auch irgendwo dabei ist – zur am Dienstag genannten EIG, der Environmental Integrity Group (mit anderen illustren Akteuren wie Liechtenstein und Monaco) – auch eine andere Art kleiner Inselstaaten. Ihr Einfluss ist ungewiss. «Integrity» scheint vorerst dafür zu stehen, nur ja nirgends anzuecken oder aufzufallen. Strahlefrau Doris Leuthard, die nächste Woche als neue UVEK-Chefin nach Cancun reist, könnte und sollte das ändern indem sie als lösungsorientierte Staatsfrau mit dem minus-30%-Versprechen (bis 2020) einfliegt. Die weniger tolle Variante wäre, als Prinzessin aus Takatuka-Land in Erinnerung zu bleiben.

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