18.11.1986, Basel. Nach der Katastrophe von Schweizerhalle fordert Greenpeace mit einem Bannerprotest von der Basler Chemie, ihre Verantwortung wahrzunehmen.

In der Nacht auf den 1. November 1986 steht bei Sandoz in Schweizerhalle (BL) eine Lagerhalle in Flammen. Über 1’300 Tonnen hochgiftiger Chemikalien brennen. Radio und Lautsprecherdurchsagen fordern die Menschen in der Stadt und Agglomeration Basel auf, zu Hause zu bleiben. Dann heulen die Sirenen. Die Bevölkerung der Region Basel hat Angst. Die ganze Schweiz ist fassungslos. Bis nach Rotterdam ist der Rhein vergiftet, abertausende von Fischen verenden. Heute ist das 25 Jahre her. Doch das Inferno von damals ist auch heute noch brandaktuell. Der Brandplatz Schweizerhalle gefährdet noch immer das Trinkwasser von 200’000 TrinkwasserkonsumentInnen. Der Basler Altlastenexperte Martin Forter zeigt in seinem neusten Buch «Falsches Spiel». Die Umweltsünden der Basler Chemie vor und nach Schweizerhalle warum wir uns auch heute noch mit den Folgen der Katastrophe beschäftigen müssen. Laut Forter halten sich Novartis & Co als Nachfolgekonzerne von Sandoz seit 17 Jahren nicht an die damals mit den Behörden verbindlich vereinbarten Sanierungsverpflichtungen. Und dies mit Wissen der Ämter. Während 17 Jahren sitzen diese demnach jährlich mit der chemischen Industrie zusammen und nehmen den Misstand regelmässig zur Kenntnis: Statt der maximal zulässigen 0.5 Kilogramm, gelangen Jahr für Jahr drei bis vier Kilogramm giftiger Schadstoffe aus der Schweizerhalle-Deponie ins Grundwasser.

Skandalöses Vorgehen der Regierung

Forter klagt an: Dieses Vorgehen untergräbt die Autorität und Glaubwürdigkeit der Baselbieter Regierung. Es lässt Novartis & Co. wissen: Im Baselbiet lohnt es sich, mit den Behörden getroffene Abmachungen nicht einzuhalten. Konsequenzen sind keine zu befürchten. Wenn der Missstand an die Öffentlichkeit gelangt, ist die Regierung flugs zur Stelle und hebt die entsprechenden Vereinbarungen auf. Ein solches Handeln ist skandalös und foutiert sich um Wohl und Gesundheit der Bevölkerung als TrinkwasserkonsumentInnen.

Und Novartis? Der Pharmakonzern ist Nachfolger von Sandoz und verschreibt sich der Nachhaltigkeit. Er stellt sich explizit in den Dienst der Gesundheit. Kann er es sich leisten, Abmachungen zum verlässlichen Schutz des Trinkwassers zu ignorieren? Allein das präsentierte Firmenimage, sollte man meinen, verpflichtet Novartis dazu, ihre belastende Sandoz-Hinterlassenschaft in Schweizerhalle ein für allemal wegzuräumen.

Forter hat im Rahmen des Jahrestags den ehemaligen Umweltchef des Basler Chemiekonzerns Ciba Spezialitäten, Peter Donath, befragt.  Dieser zieht eine skeptische Bilanz: Schweizerhalle habe auf die Basler chemische und pharmazeutische Industrie im Umweltbereich «keine nachhaltige Wirkung gehabt». Im Gegenteil: Sie sei der infolge des Brandes verschärften Gesetzgebung ausgewichen und habe die Produktionen weitgehend von Europa nach Asien verlagert. Damit habe die Branche 10 bis 15 Prozent Umweltkosten pro Kilo Produkt eingespart. Die hier installierte Umwelttechnik wie Kläranlagen und Abluftreinigungen habe sie weitgehend stillgelegt und nehme dafür heute in Asien in Kauf, unter katastrophalen arbeitshygienischen und umwelttechnischen Bedingungen zu produzieren.

Greenpeace kämpft seit Jahrzehnten gegen die Chemiemülldeponien der Basler chemischen Industrie und hat dabei einige Erfolge erzielt.

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