Solarstrom kann für die Bevölkerung Kenias so vieles bedeuten: Bessere Gesundheit, Sicherheit, Zugang zum Weltgeschehen, Nachhaltigkeit und Unabhängigkeit von der staatlichen und unzuverlässigen Stromwirtschaft. Zudem bedeutet es auch neue Bildungschancen und Perspektiven für junge Menschen. Elizabeth Otieno (23) stellt geradezu mustergültig dar, wie ein solares Multiprojekt rundum Gutes bringt.


Das Team von Solafrica.ch bereitet die Solarmodule für die Installation vor.
© Laura Weidmann

 

Der Minivan ist wegen der vielen Pannen bereits etwa 12 Stunden im Verzug, deshalb hält nur ganz kurz in Siaya, 250 km westlich von Nairobi, Elizabeth hüpft auf den letzten freien Platz und weiter geht die Fahrt. Es herrscht Schulreise-Atmosphäre, das Solafrica-Team ist aufgedreht und freut sich, dass sie dieses Projekt wieder zusammen auf eine Reise schickt. Ziel ist heute Kogelo, ein kleines Dorf von grosser Bekanntheit. Denn hier wohnt Mama Sarah Obama, die Grossmutter des US-Präsidenten Barack Obama. Bald feiert sie ihren 90. Geburtstag, was Solafrica zum Anlass nimmt, ihr eine Solarinstallation zu schenken. Es sind zwei Panels, die je 95 Wattstunden pro Tag liefern was etwa dem Verbrauch eines Kühlschranks entspricht. Sie sollen nun ihr neues Haus mit Licht und versorgen, das ihr von Fans und Freunden der Familie gespendet wurde.


Gruppenportrait mit Mama Sarah Obama (Mitte), der Grossmutter des US-Präsidenten Barack Obama.
© Laura Weidmann

 

Der Empfang ist gut organisiert und verläuft ziemlich formell: Stühle stehen in Halbkreis gegenüber Mama Sarahs Thron – ein Plastikstuhl wie jeder andere. Sie sitzt bereits da, posiert noch für die obligaten Abschieds-Fotos mit den Gästen die vor uns „Audienz“ hatten. Die Vorstellungsrunde wird von einem von Baracks Onkeln moderiert, Elizabeth darf der Geburtstags-Oma feierlich das Solarmodul überreichen. Dann geht’s an die Arbeit – es wird gesägt, gefeilt, geschraubt, die Vorbereitungen gehen schnell voran, die Hitze drängt. Bei jedem Solafrica-Projekt werden interessierte Schnuppergäste eingeladen, so schauen auch heute drei Neulinge gebannt zu und werden ab und zu aufgefordert, selbst Hand anzulegen.  Schliesslich ruft das Dach – die Erleichterung ist gross, als klar wird, dass es mittlerweile ganz fertiggestellt ist und ausserdem nicht aus dem üblichen Wellblech, sondern aus „echten“ Kunststoffziegeln besteht. Elizabeth macht den Anfang und steigt langsam die wacklige Leiter hoch – der Ziegenbock schaut ihr ungläubig nach. Die zwei vorbereiteten Module werden mit je vier Schrauben befestigt, und das war’s auch schon. 


Elizabeth Otieno montiert mir ihren Kollegen Solarmodule.
© Laura Weidmann

 

Abgesehen vom Dach ist das Haus noch nicht ganz fertiggestellt, allerdings ist schon jetzt sichtbar, welche Umstellung der rüstigen alten Dame bevorsteht: Plötzlich wird ihr Reich statt drei winzige, sieben grosszügige Zimmer umfassen. Keine grosse Umstellung wird allerdings die Stromversorgung sein, denn dank Solafrica wurde Mama Sarahs altes Haus schon vor vier Jahren mit einem Solarmodul ausgestattet und so hat sie sich nun bereits an Licht und stromabhängige Komforts gewöhnt. Als Elizabeth das alte Haus betritt um den Akkuschrauber zu laden, liegt die Steckleiste prominent mitten im Raum, alle Anschlüsse sind besetzt und mehrere Handys liegen bereits auf der Couch, wartend auf eine neue Ladung. Es scheint, als ob nicht nur Mama Sarah, sondern das ganze Dorf an diese Stromquelle angeschlossen sei. Dieser Anblick ist keine Überraschung in ruralen Gegenden wie dieser, da Mobiltelefone in Kenia mit Entwicklung in enger Verbindung stehen: Ein Handy ist Weg der Kommunikation, des Geldtransfers und bedeutet eine Verbindung zum Weltgeschehen. Gerade in Gegenden wie Kogelo, wo die Qualität der Strassen ziemlich düster ist, sind sie oft das grundlegende Element um mit der Welt Schritt zu halten. Logisch, dass Strom dabei eine essentielle Rolle spielt. Das hat auch Elizabeth früh erfahren, und dabei kam sie zum ersten Mal mit Solartechnik in Berührung, als ihr Vater bereits vor elf Jahren eine Solarinstallation auf sein Haus setzte. Er war einer der Pioniere in seinem Dorf, in einer Zeit als noch die ganze Region total vom Stromnetz abgeschnitten war.

Vor dem Hintergrund einer noch so dürftigen Infrastruktur und spärlichen Verbreitung erneuerbarer Energien wurde 2009 das Kibera Jugend Solarprojekt entwickelt. Res Wirz, damals von Solafrica und Greenpeace Schweiz angestellt, leitete ein Solartraining für Jugendliche im Kibera-Slum Nairobis. Daraus wiederum entwickelte sich ein langfristiges Projekt, wobei Elizabeth zusammen mit drei weiteren Teilnehmern des Trainings in ein permanentes Team berufen wurde. Weil sie sich besonders engagiert und zuverlässig zeigte, wurde sie nach einer Evaluationsphase sogar zur Teamleiterin ernannt. Elizabeth fühlt sich wohl in ihrem Team. Ihre Führungsqualitäten musste sie sich zwangsweise aneignen, da es im Team schwierig sein kann sich als junge Frau zu behaupten. Sie möchte unabhängig sein, und dafür bietet dieser Job eine optimale Vorbereitung. Viele junge Frauen in ihrem Umfeld, so sagt sie, suchen sich einfach einen Mann, der sie unterstützt, damit sie sich selbst zurücklehnen können. Liza hingegen hofft, diesen Herbst genügend Geld gespart zu haben, um ihr Ingenieur-Studium beginnen zu können. Falls es klappt, da ist sie ganz sicher, möchte sie dem Projekt Solafrica dennoch treu bleiben. Die Solarlampe ist mittlerweile in Kenia sowie in der Schweiz bekannt. Anstatt dass sich das Team aber auf der ersten Idee und deren Erfolg ausruht, möchten sie weitergehen und neue Ideen umsetzen. Die Solarlampen müssten der Nachfrage soweit angepasst werden, dass sie zusätzlich als Handyladegerät genutzt werden können. Recht hat sie wohl, eine Lichtquelle allein scheint nicht so sehr das Tor zur Welt zu verkörpern, wie dies Mobiltelefone tun. Elizabeth sieht den zukünftigen Schwerpunkt ihrer Organisation daher in ruralen Solarinstallationen wie jene bei Mama Sarah. Um diesem Standbein der Organisation mehr Nachdruck zu verleihen, wird Anfang 2013 ein neuer Ausbildungslehrgang zu Solarinstallationen angeboten, erneut unter der Leitung von Res Wirz und Assistentin Elizabeth Otieno. Sie freut sich auf eine neue, solare Herausforderung. 

Diese Cool Spot Story ist Teil einer Serie, die positive Projekte ins Zentrum stellt. Bei Interesse bitte hier nachlesen (www.facebook.com/YouthForRenewables/notes)
Link: www.solafrica.ch