Die Crew war seit sieben Monaten an Bord des japanischen Langleinenfischers. Die meisten Männer stammten aus Indonesien und sprachen kaum Englisch, ein paar von Ihnen erkannten jedoch den Namen «Greenpeace»: Man konnte dem Schiff ansehen, dass es schon einige Male zur See gefahren ist – trotzdem war es relativ neu. Irgendwo auf dem Schiff wurde ein spätes Mittagessen  zubereitet. Der Duft stieg mir penetrant in die Nase und verstärkte den fischigen Geruch an Bord.

Es war mein erstes Mal an Bord eines fremden Schiffes. Dort zu sein, um den Fang zu kontrollieren, ob sich alles im legalen Bereich abspielt…ich war nicht sicher was ich zu erwarten hatte oder wie die Besatzung auf uns reagieren würde.
Wir wurden von zwei Fischereiinspektoren aus Mosambik begleitet, berechtigt Inspektionen dieser Art durchzuführen. Herausfinden wer der Kapitän des Schiffes ist,  die Fanglizenz verlangen,  eine Liste des Fanges obendrein und dann überprüfen, ob der tatsächliche Fang mit den Lizenzen übereinstimmt –  das ist in etwa der Ablauf einer Inspektion. Hört sich vielleicht einfach an, ist in Wirklichkeit aber ganz schön knifflig.
Während wir mit dem Kapitän sprachen, ruhten sich die Besatzungsmitglieder auf dem Deck in der Sonne aus. Es war eindeutig zu erkennen, dass sie nach einer langen Nacht, in der sie Angelschnüre und Langleinen hin und her schleppten, gerade erst aufgestanden waren.
Fischerboote wie dieses kommen in der Regel jedes Jahr aus  Spanien, Taiwan und Japan in diese Gebiete. Sie sind wegen der Thunfische und Thun-verwandten Arten hier, aber auch Haie sind wegen des lukrativen Geschäfts mit ihren Flossen ein begehrter Fang. Besonders in dieser Jahreszeit, wenn die grössten Thunfischbestände weiter in den Süden abgewandert sind.

Mit der Lizenz des Schiffes war alles in Ordnung, so dass wir uns bald dem Fang an Bord widmen konnten. Eingepackt in dicke Jacken und Overalls, Schneeboots an den Füssen und einer dicken Wollmütze –eigentlich ein Wahnsinn angesichts des schwülen Wetters  in Mosambik. Für den Gang in einen Gefrierschrank bei minus 60 ° C aber unerlässlich.
Direkt nachdem der  Thunfisch gefangen wird, wird er verarbeitet und im riesigen Gefrierschrank gelagert. Tonnen an Fisch und Haiflossen können so über Monate gelagert werden: ein eisiges Grab gehüllt in dunstiges, gelbes Licht.
Im Gefrierraum wollen wir die Menge an Haiflossen überprüfen.  Doch uns wird gesagt, dass sich diese ganz hinten im Lager befinden und der Zugang leider nicht möglich sei. Es ist kein Spiel. Und mir dämmert immer mehr, welche Sisyphus-Arbeit das sein kann. Nehmen wir die Haiflossen als Beispiel. Das Gesamtgewicht der Flossen und Finnen an Bord, darf 5% des Gesamtgewichts der Haikörper nicht überschreiten. Also, müssen zuerst die Haiflossen an Bord gezählt werden, und dann, wie viele Kilo Hai. Es ist ein Gewirr von Zahlen, Prozentsätzen und Körper – in diesem Fall eingefroren und vermeintlich unzugänglichen ganz unten im Schiff.

Die Realität sieht dann auch so aus: wenn es etwas Illegales an Bord gäbe, so könnte man quasi alles im Gefrierlager so verstecken dass man es garantiert nicht findet. Aus diesem Grund sind Hafeninspektionen auch so essentiell.

Schliesslich wird das Nichtkooperieren des Kapitäns notiert und später der Thunfisch-Kommission des Indischen Ozeans gemeldet. In der Zwischenzeit hat unser Team auf der Rainbow Warrior ein weiteres Schiff entdeckt, und macht sich auf den Weg zur Inspektion.  Boot zur Inspektion gefunden und wir machen uns bereit zu gehen. In 2 Stunden wird diese Mannschaft wieder ihrer Angelschnüre einholen: Im Tiefkühllager ist noch genügend Platz vorhanden.
Wir gehen von Schiff zu Schiff und prüfen die Fänge und ob diese den Regulierungen von Mosambik und der Thunfisch Kommission des Indischen Ozeans entsprechen. Entsprechen ihre Langleinen den Bestimmungen? Führen sie die richtigen Lizenzen mit sich? Bereits bestehende Gesetze durchzusetzen, ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer wirksamen Überwachung der Fischerei des Indischen Ozeans. Aber natürlich ist es ein gewaltiger Unterschied ob ein Fisch legal gefangen wurde –  oder ob er nachhaltig gefangen wurde.
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