Andrea Rid an Bord der Rainbow Warrior, als es ihr schon wieder etwas besser geht
© Greenpeace / Paul Hilton

„Du wirst seekrank“, meinte Paul, langjähriger Fotograf für Greenpeace zu mir als ich an Bord kam. „Ich war schon auf allen Greenpeace Schiffen und ich wurde nie seekrank, aber dieses Schiff! Ich lag zwei Tage lang bewegungslos in meiner Kabine.“

Das ist genau das was man hören will, wenn man an Bord eines Schiffes geht, dass die nächsten zehn Tage lang den gesamten Indischen Ozean überquert, ohne Chance zwischenzeitlich von Bord zu gehen. Besonders, wenn man wie ich aus einem Binnenland kommt von Bergen umgeben. Die typische Landratte eben.

Doch es stellt sich schnell heraus, dass Paul nicht der einzige war, der sich mit den rollenden Bewegungen der Rainbow Warrior schwer tat. So ziemlich jeder an Bord durchlitt die ersten Tage eine mehr oder weniger starke Form der Seekrankheit. Während es Neptun mit den einen gnädig meinte, und sich ihre Mägen nach ein paar Tassen frisch zubereitetem Ingwer Tee oder einem Ausflug an die frische Luft – den Horizont immer fest im Visier – schnell wieder beruhigten, verbrachten andere mehrere Tage unter Deck ohne auch nur eine Mahlzeit länger als fünf Minuten bei sich halten zu können.

Aber noch machte mir das keine Angst. Denn ich kam vorbereitet: Homöopathische Tabletten, kandierter Ingwer, zwei Schachteln Reise-Kaugummis, Akkupressurarmbänder…und ein starker Wille: „Ich werde nicht seekrank. Ich. Werde. Nicht. SEEKRANK!“

Und es wirkte.

Zumindest die ersten paar Stunden. Doch dann entfesselte die Crew die Seele des Schiffes. Und als alle Segel der Rainbow Warrior – meinem neuen zu Hause für die nächsten Wochen – gehisst waren, legte sich das Schiff schräg in den Wind. Augenblicklich fing das Schiff an zu rollen und über die Wellen zu brechen. „Wir sind nun in der, wie ich es nenne, „Heavy-Metall“-Richtung unterwegs“ erklärte mir Penny. Seit 12 Jahren arbeitet sie an Bord von Greenpeace Schiffen und kümmert sich um deren Instanthaltung. Ihre Seetauglichkeit? Unbestritten!

Meine? Ich befürchte ich hab sie zuhause gelassen. Und ausserdem war ich nie ein besonders grosser Fan von Heavy Metall. Wen wundert’s also, dass mir diese Richtung nicht sonderlich gut gefiel. Nichts desto trotz, ging’s mir nach wie vor ganz gut.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Neuzugängen. Fast alle von ihnen hatten ihren Kampf gegen den Wind und die See längst verloren und waren nach unten in ihre Kabinen gekrochen oder hatten sich auf Deck geflüchtet um „die Fische zu Füttern“. Nur Aaron, unser neuer Mediensprecher an Bord, und ich waren noch übrig.

Und wir waren sogar mutig genug es mit dem Mittagessen aufzunehmen.

Ich war immer noch frohen Mutes, als ich meinen Teller mit den Leckereien des Buffets füllte. Doch das änderte sich direkt nachdem ich von dem scharf gewürzten Thai-Reis kostete. „Iss lieber nichts scharfes“ hörte ich jemanden rufen. Doch es war zu spät. Schon spürte ich dieses flaue Gefühl im Magen. Die Übelkeit die in mir aufstieg. Eine von der Sorte, die sich nicht mehr aufhalten lässt. Seekrankheit.

So schnell ich konnte (was auf  einem stark hin- und her schwankenden Schiff nicht gerade sonderlich schnell ist), rannte ich los, um die nächste Toilette zu finden und mich von meinem Mittagessen zu verabschieden.

Rafa, unser Spanischer Arzt an Bord, folgte mir, um zu sehen ob es mir gut geht. Ging es mir nicht. Und so verabreichte er mir stärkere Medizin gegen Seekrankheit und schickte mich sofort ins Bett.

Dort lag ich dann für den Rest des Tages. Unfähig mich zu bewegen. Und es war mir, als ob ich Paul’s Stimme in meinem Kopf nachklingen hören konnte „Du wirst seekrank….seekrank…..seekrank….“

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