Kreative Aktivisten wissen, wie sich die Öffentlichkeit sensibilisieren lässt. Die Amerikanerin Whitney Black verblüfft mit skurrilen Überlebenskugeln; die Australierin Allana Beltran protestiert in Tasmanien gegen Abholzungen, indem sie sich als Mahnengel auf ein 45 Meter hohes Gerüst schnallen lässt; die Französin Cécile Lecomte steigt in Frankfurt auf Hochhäuser und tanzt so «dem Kapitalismus auf der Nase herum». Die Gruppe 350.org schliesslich macht mit spektakulären Events auf die zunehmende Klimaerwärmung aufmerksam. Die Geschichten dieser Bewegten sind spannendste Adventure-Literatur.

Greenpeace startet heute eine kleine Serie von Portraits, die den Lesern die faszinierende Welt des Umweltaktivismus näher bringen soll.

Von Rita Torcasso 

Dieser Artikel ist zuerst erschienen im Greenpeace Magazin 2/2013.

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Clima Comedian Whitney Black, 27 

Mit schwarzem Humor gegen den Klimawandel

 

Mit Satire und Comedy die Probleme dieser Welt lösen: Diese grandiose Idee begann Whitney Black bei der Gruppe Yes Men umzusetzen – mit Überlebensbällen gegen Klimakatastrophen.


Skurriler Überlebensball the Yes Men vor der new Yorker Brooklyn Bridge. SurivaBall-Kommandeurin Whitney Black: «Millionen von Menschen sahen unsere Versinnbildlichung von Dummheit».
© Hannah Thonet

 

Von Rita Torcasso  —«Ich weiss nicht, was verrückter war: dass ich den Traum hegte, die Welt humorvoll über den Klimawandel aufzuklären, oder dass ich eine Möglichkeit gefunden habe, just das zu tun.» So beschreibt Whitney Black ihren Anfang als Aktivistin bei den Yes Men. Von ihnen hatte sie über ein E-Mail erfahren: Im Namen des Energiekonzerns Halliburton preisen sie als Lösung für jede Art von Katastrophe den SurvivaBall an, eine «geschützte Wohnanlage für Einzelpersonen». 

The Yes Men – das sind Jacques Servin und Igor Vamos, die als Andy Bichlbaum und Mike Bonanno Konzerne und Politiker parodieren. «Die Tatsache, dass es noch andere gab, die das Klimaproblem mit Humor anpacken wollten, tröstete mich ungemein», so Whitney, die Umweltwissenschaften studiert. «Wer sagt denn, dass es keinen Spass machen soll, die Welt zu retten?» Kampagnen, die mit düsteren Visionen vom Untergang Schuldgefühle wecken, seien doch ineffektiv und abgenutzt. 

Nach Abschluss ihres Studiums beginnt Whitney Black bei den Yes Men als «SurvivaBall-Kommandeurin» zu arbeiten. «Mit satirischem Aktivismus die Welt terrorisieren», so umschreibt sie – satirisch – ihr ehrgeiziges Ziel. Protestaktionen im 1,8 Meter breiten Ball entschärfen jede Situation, denn was oder wer Bällen in den Weg kommt, wird umgeworfen. «Ich war nie relaxter, denn ich habe ja meinen SurvivaBall», sagt sie im Werbespot. Die Wirkung probiert sie in einer ersten grossen Aktion an den Politikern aus, die sich vor dem Klimagipfel in New York treffen. Zur Schlachthymne «I Will Survive» tanzen 25 Bälle am Rande des East River unter dem UN-Gebäude. Polizeiboote und Helikopter stoppen den friedlichen Protest und Andy Bichlbaum wird verhaftet. «Für die Yes Men ist eine Verhaftung aber kein saurer Apfel, sondern ein im Eichenfass gereifter Calvados», kommentiert die Aktivistin. Denn alle grossen TV-Sender berichteten darüber. «Millionen Menschen sahen unsere Versinnbildlichung von Dummheit: So werdet ihr herumlaufen, wenn wir nicht sofort etwas gegen den Klimawandel tun.» 


«Mit satirischem Aktivismus die Welt terrorisieren», ist das Ziel von Whitney Black (rechts im Bild).
© Hannah Thonet

 

Die Climate Comedian nutzt ihr «Satire-Gen» auch für Parodien und legt sich mit der US-Handelskammer an. An einer Pressekonferenz kündigt die mächtigste Lobby-Organisation der Welt an, den raschen Abschluss eines Klimagesetzes sowie eine Umweltsteuer zu unterstützen. Die Agentur Reuters nimmt die Nachricht auf. Als die Fälschung auffliegt, ist sie bereits in allen Medien. Die Handelskammer reicht Strafanzeige wegen Imageschaden ein. Die Yes Men kontern die gerichtliche Forderung, sämtliches Filmmaterial zu zerstören, indem sie ihre Dokumentation zum freien Download ins Netz stellen mit dem Titel: «Die Yes Men regeln die Welt.»

Mit den Parodien entlarvt die Gruppe Macht- und Geldgier.  Heute führt sie mit Yes Lab eine offene Plattform mit Tools für weltweite Aktionen. «Wen wir ins Visier nehmen, ist völlig unabhängig von Spenden», betont Whitney Black. Mit den Überlebensbällen protestierte sie am Klimagipfel in Kopenhagen und auf dem Kapitol in Washington. «Eigentlich hasse ich SurvivaBälle und möchte nie in einem leben müssen», sagt sie. 2010 gingen die Bälle auf Welttournee. Die Umweltwissenschaftlerin blieb in New York und forscht seither nach neuen Strategien, wie sie am wirksamsten gegen den Klimawandel vorgehen kann. 

Quellen: Die Ökokrieger / www.survivaBall.com / www.yeslab.org / http://solventmagazine.com/solventwp2/2010/03/25/interview-with-whitney-black-of-the-yes-men

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