Der deutsche Greenpeace Atomexperte Heinz Smital hat – stellvertretend für Tausende anderer Menschen – verschiedene vom GAU betroffene Menschen getroffen und erzählt hier anlässlich des 3. Fukushima Jahrestages ihre Geschichten:

Der deutsche Greenpeace Atomexperte Heinz Smital hat – stellvertretend für Tausende anderer Menschen – verschiedene vom GAU betroffene Menschen getroffen und erzählt hier anlässlich des 3. Fukushima Jahrestages ihre Geschichten:

Mit Teilnehmern aus fünf Ländern, Deutschland, Frankreich, Indien, Polen und Südkorea bin ich durch die stark verschneite Region Fukushima gereist und habe mit Opfern der Atomkatastrophe gesprochen. Sie klagen, die japanische Regierung versuche alles um vorzugaukeln, die Katastrophe sei unter Kontrolle und man könne wieder ein normales Leben führen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Die erschütternden Schicksale zeigen, die Menschen werden mit ihren Problemen allein gelassen.

Herr Kenichi Hasegawa. Er war früher Milchbauer in Iitate. Er hatte 50 Kühe und lebte gemeinsam mit vier Generationen in seinem großen Haus. Als die radioaktive Wolke kam, musste er seine gesamte Milch wegschütten. Als er evakuiert wurde, musste er alle seine Kühe schlachten. Seine Familie ist jetzt zerrissen. Seine Söhne mit ihren Kindern leben in anderen Städten.

 

Sein Land ist zerstört, er ist ein Bauer und kann nicht ernten. Er ist wütend. Bevor er evakuiert wurde sendete die Regierung «Propaganda Professoren», um die Bevölkerung zu beschwichtigen. Z.B. Prof. Yamashita von der Nagasaki Universität, er hielt Vorträge über Strahlung und sagte, man soll lächeln und kann sein Leben weiter leben wie bisher. Nur wenn man sich Sorgen macht, bekommt man Strahlenschäden. Herr Hasegawa ist wütend, wenn er daran denkt.

 


 


Katsutaka Idogawa, ehemals Bürgermeister von Futaba

(c) Axel Yallop / Greenpeace

Herr Katsutaka Idogawa. Er ist ehemaliger Bürgermeister von Futaba, in seiner Gemeinde liegt das havarierte Atomkraftwerk Fukushima. Immer wurde versichert, die Atomanlage sei sicher. Er hat das geglaubt und sich keine Gedanken gemacht. Heute sagt er, wir hätten aus Tschernobyl lernen sollen, wir dachten aber, dass ist ein anderes Kraftwerk. Ein solches Schicksal kann uns nicht treffen. Als Futaba evakuiert werden musste, wollte er, dass das komplette Dorf evakuiert wird, damit die Leute zusammen bleiben können. Das war jedoch nicht möglich.

 

 

 

 


 

Herr Hiroshi Kanno, ein Gemüsebauer aus Itate, Auch er musste sein Land verlassen. Er hat seinen Boden immer sehr gepflegt, jetzt hat er seine Wurzeln verloren und lebt jetzt im Ungewissen. Er weiß nicht, ob er je zurückkehren wird. Jetzt ist er 66 Jahre alt, echte Hoffnung auf eine Rückkehr hat er nicht.

 


 

Frau Tatsuko Okawara ist eine Biobäuerin und lebt jetzt in Tamura. Sie besitzt ein Stück Land, das kaum radioaktiv belastet wurde. Sie hat neu angefangen mit einem Bioladen, der übersetzt «Hoffnung» heißt. Sie sagt, selbst wenn es so aussieht, als sei alles wieder in Ordnung, dann ist das nur die Oberfläche. Jeder hier leidet, sagt sie. Neben dem Bioladen unterhält sie auch ein Puppenspiel. Sie spielt die glückliche Zeit vor der Katastrophe und dann die Zeit danach. Sie benutzt Puppen mit weißem Haar, die sich Jahrzehnte später nach einem Leben ohne verstrahlten Boden sehnen.

 

 


 


Minako Sugano, Mutter von drei Kindern

(c) Alex Yallop / Greenpeace

Frau Minako Sugano, eine Mutter von drei Kindern und Erzieherin. Als die Familie erfahren hat, dass ihr Haus zur Evakuierung empfohlen wird, sind sie gleich weggefahren. Das war eine sehr schwere Entscheidung für sie, die Kinder wollten nicht weg und haben geschrien. Ende 2012 haben sie erfahren, dass der Evakuierungsstatus wieder aufgehoben wurde. Das bedeutet, keine weitere finanzielle Unterstützung. Doch Kontrollmessungen in ihrem Garten ergaben, dass die Dekontaminierung nicht erfolgreich war. Teile des Gartens sind so stark belastet, dass sie als Atommüll gelten können. Eine Rückkehr mit ihren kleinen Kindern kommt für die Mutter nicht in Frage. Sie müssen sich eine neue Existenz aufbauen, ganz ohne Unterstützung. Sie klagt: «Der Regierung ist die Atomindustrie wichtiger. Sie will die Atomreaktoren wieder hochfahren. Da soll um jeden Preis der Eindruck erweckt werden, die Katastrophe ist vorbei.»

 

 


Während die Opfer der Atomkatastrophe weiter leiden, steigt der Druck der Atomindustrie, die japanischen Reaktoren wieder zu starten. Japan sollte lieber mit Hochdruck daran arbeiten, die gefährlichsten Reaktoren endgültig stillzulegen und ganz aus der gefährlichen Atomkraft auszusteigen.

(Text: Heinz Smital)

Seit Jahrzehnten leben die Menschen in Europa mit gefährlichen Atomkraftwerken (AKW) in ihrer Nähe, die meist ohne Beteiligung der Bevölkerung an den Entscheidungsprozessen gebaut wurden. Heute sind diese AKW alt, teils uralt. Sie waren auf 30 Jahre ausgelegt, viele sind heute deutlich älter. Manche Länder oder Konzerne möchten die Laufzeiten auf 40, gar 60 Jahre erhöhen. Diese Laufzeitverlängerungen bedeuten eine neue Ära atomarer Risiken.

Politiker und Staaten haben entschieden, Ihnen diese Risiken zuzumuten – aber das müssen Sie nicht hinnehmen!

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