EU-Wissenschaftler machen den Einsatz der Neonicotinoid-Pestizide für das Bienensterben verantwortlich. Sie bestätigen damit die Arbeit von Greenpeace.

Erst hatte die WHO wegen des Total-Herbizids Glyphosat Alarm geschlagen, und jetzt macht das EU-Wissenschaftsnetzwerk Easac deutlich, was Greenpeace schon seit Jahren sagt: Pestizide aus der Neonicotinoid-Klasse verursachen ein Bienensterben und einen Biodiversitätsverlust.

Es gibt zunehmende Beweise für die negativen Auswirkungen auf andere Organismen durch Neonicotinoid-Insektizide, heisst es in einer neuen Easac-Studie. In dem Bericht werden die Befunde einer Expertengruppe von 13 Forschern zusammengefasst. Das Netzwerk berät Entscheidungsträger in der EU. Die EU-Kommission überprüft bis Dezember die vor zwei Jahren verhängten Beschränkungen für die Pflanzenschutzmittel, die überwiegend von Bayer und dem Basler Konzern Syngenta produziert werden. Die Mittel werden in mehr als 120 Ländern, darunter die Schweiz, eingesetzt.

Auch Schmetterlinge und Vögel betroffen

Dem Bericht der Wissenschaftler zufolge sind vom Einsatz der Insektizide nicht nur Honigbienen, sondern auch Motten und Schmetterlinge betroffen, die ebenfalls Pflanzen bestäuben. Auch auf insektenfressende Vögel hätten die Pestizide Auswirkungen: Da immer mehr Nutzpflanzen benötigt werden, die auf Bestäubung angewiesen sind, gibt es ein zunehmendes Bestäubungs-Defizit.

Die EU hatte 2013 als Reaktion auf das massenhafte Bienensterben den Gebrauch der umstrittenen Insektizide in der EU stark eingeschränkt. Ihr Einsatz bei der Behandlung von Saatgut, Ausbringung auf den Boden und beim Besprühen von Pflanzen wurde weitgehend verboten. Bayer und Syngenta hatten dagegen geklagt. Auch in der Schweiz wurde der Einsatz dieser Pestizide teilweise eingeschränkt.

Die Agrochemiebranche versucht, Imker davon zu überzeugen, dass das Bienensterben durch die Varroamilbe, eine schlechte Ernährung oder irgendeinen anderen Faktor ausserhalb ihrer eigenen Verantwortung verursacht wird. Sie tut wissenschaftliche Studien als unwissenschaftlich ab. Gleichzeitig verkauft sie weiterhin Bienenkiller-Pestizide und greift EU-Bestimmungen an, die dem Schutz der Bienen dienen. Das ist heuchlerisch, eigennützig und kurzsichtig.

Um die Teilverbote zu torpedieren, greifen die Agrochemiekonzerne gerne zu aufgebauschten Zahlen und panikschürenden Argumenten – darunter Behauptungen zu drastischen Ertragseinbrüchen und folgenschweren Arbeitsplatzverlusten in Europa. Um diese faule PR-Strategie zu entlarven, veröffentlichte Greenpeace 2014 den Bericht «Corporate Science Fiction», eine kritische Beleuchtung der Strategien, die Bayer und Syngenta anwenden, um die wissenschaftliche, politische und öffentliche Debatte über die Neonicotinoid-Pestizide zu beeinflussen.

Die Lösungen liegen auf der Hand

Marianne Künzle, Landwirtschaftsexpertin bei Greenpeace Schweiz, sagt: «Syngenta und andere Agrochemiekonzerne machen Kasse mit bienenschädigenden Chemiekeulen. Die Agrochemiekonzerne repräsentieren das scheiternde System einer chemieintensiven Monokulturen-Landwirtschaft, die zu einem Verlust der Artenvielfalt und lebenswichtiger ökologischer Funktionen wie der Bienenbestäubung führt.» Immer mehr Menschen stellen sich gegen dieses chemieintensive Landwirtschaftsmodell und fordern eine Umstellung hin zu ökologischen Praktiken, die auf gesunde Lebensmittel für künftige Generationen setzen. Greenpeace fordert Syngenta auf, seine Angriffe auf die von der EU und der Schweiz verordneten Neonicotinoid-Teilverbote einzustellen und sein Geschäftsmodell, das inakzeptable Schäden an Bienen, Menschen und dem Planeten verursacht, einzustellen. «Es ist ein Hohn, wenn ausgerechnet eine Firma, welche mit Umweltzerstörung Geschäfte macht, als Sponsor an der Weltausstellung in Mailand auftritt», so Künzle.

Über zwei Drittel des Pollens, den Bienen auf europäischen Feldern sammeln und in die Bienenstöcke zur Fütterung der Larven bringen, sind mit einem Cocktail bestehend aus bis zu 17 verschiedenen toxischen Pestiziden kontaminiert, wie die Greenpeace-Untersuchung «Giftiger Garten Eden» zeigte. Die Lösungen liegen auf der Hand, einige Landwirte in ganz Europa praktizieren diese schon und produzieren nicht nur giftfreie Lebensmittelproduktion, sondern leisten darüber hinaus einen sehr wichtigen Beitrag für die Biodiversität und das Leben.