In der Schweiz werden deutlich mehr Pestizide verwendet als nötig. Der Pestizideinsatz liesse sich bis 2020 um über 50 Prozent reduzieren, so der von Greenpeace mitgetragene Pestizid-Reduktionsplan von Vision Landwirtschaft.


Dienstag, 24. Mai 2016 © Greenpeace

Der «Nationale Aktionsplan zur Risikoreduktion und nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln» des Bundes wird demnächst in die Vernehmlassung geschickt und wird sich am nun vorliegenden Pestizid-Reduktionsplan zu messen haben. Der Pestizid-Reduktionsplan von Vision Landwirtschaft zeigt machbare Alternativen zur heutigen Verwendung von Pestiziden auf. Er basiert auf einer systematischen Situationsanalyse in der Schweiz und auf Erfahrungen aus anderen Ländern, die bereits einen Aktionsplan zur Reduktion von Pflanzenschutzmitteln erarbeitet haben.

Die Schweiz alles andere als vorbildlich

Bei der Analyse zeigte sich, dass die Schweiz zu den Ländern mit einem besonders hohen Pestizideinsatz gehört. Überschreitungen gesetzlicher Vorgaben sind alltäglich. Weit über 100 unerwünschte Stoffe werden regelmässig in Gewässern festgestellt. Die Schweiz zählt, was die Transparenz und Datenlage beim Pestizideinsatz anbelangt, zu den europäischen Schlusslichtern. Die Auswirkungen des Pestizideinsatzes auf die Biodiversität, die menschliche Gesundheit und den Boden sind nur sehr bruchstückhaft bekannt; die eingegangenen Risiken dementsprechend hoch. Die Untersuchung ergab auch, dass ein hoher Pestizideinsatz oft nicht wirtschaftlich ist.

In der Schweiz werden pro Jahr gut 2000 Tonnen Pestizide eingesetzt. Damit hat der Bund die selbst gesetzten Ziele nicht annähernd erreicht. Bereits 2005 lautete das agrarpolitische Etappenziel, den Pflanzenschutzmittelverbrauch auf 1500 Tonnen jährlich zu senken. Fast alle Grundwasserfassungen im Mittelland, welche für Trinkwasser genutzt werden, sind mit Pestiziden und deren Abbauprodukten belastet. Der Anteil Messstellen in Grundwasserbrunnen, bei denen Pflanzenschutzmitteln in Konzentrationen über dem Toleranzwert liegen, ist zwischen 2005 und 2011 von 11 auf 21 Prozent gestiegen. Bei einer umfassenden Untersuchung von fünf mittelgrossen Fliessgewässern im Schweizer Mittelland erfüllte keines die Anforderungen der Gewässerschutzverordnung in Bezug auf die Pestizidbelastung. Insgesamt wurden 100 verschiedene Wirkstoffe in den Wasserproben gefunden, wobei im Durchschnitt jede Probe 40 unterschiedliche Pestizid-Wirkstoffe enthielt. Eine produktive Landwirtschaft ohne Pestizide ist möglich, wie bereits heute viele Produzenten in der Schweiz zeigen. 

Alternativen zum Pestizideinsatz bisher zu wenig genutzt

Die entscheidenden Massnahmen, die bei den landwirtschaftlichen Kulturen eine nachhaltige und sichere Produktion von Nahrungsmitteln gewährleisten können, beruhen nicht auf Pestizidanwendungen, sondern auf einem standortgerechten Anbau und einer guten fachlichen Praxis. Im Privat- und Siedlungsbereich kann, wie beispielsweise Frankreich zeigt, sogar ganz auf problematische Pestizide verzichtet werden. Der Pestizideinsatz kann ohne Versorgungsengpässe und ohne Mehrkosten für den Steuerzahler – aber mit positiver Wirkung auf Gewässer, Boden und Biodiversität – mit gut realisierbaren Massnahmen um 40-50 Prozent in der Landwirtschaft und gar um 80 Prozent im Siedlungsbereich reduziert werden.

Zahlreiche Organisationen aus Landwirtschafts-, Trinkwasserversorger-, Gewässerschutz-, Umwelt-, Gesundheits- und Konsumentenkreisen – dazu gehört Greenpeace – unterstützen die Forderungen des Pestizid-Reduktionsplans explizit und fordern den Bund auf, die Alternativen zum Pestizideinsatz auszuschöpfen und die damit verbundenen sozio-ökonomischen und ökologischen Vorteile konsequent zu nutzen.

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