Die Schweizer Stimmbevölkerung hat die Atomausstiegsinitiative abgelehnt – unsere altersschwachen AKW können somit weiterhin bis zum St. Nimmerleinstag weiterlaufen. Aber: 46 Prozent haben der Initiative zugestimmt. Das ist eine sehr grosse Minderheit, und sie sendet ein klares Signal an die Beznau-Betreiberin Axpo.

Die Schweiz hat eine historische Chance verpasst: Die Stimmbevölkerung hat die Initiative für einen geordneten Atomausstieg abgelehnt – aber 46 Prozent haben ein Ja in die Urne gelegt. Die solide Zustimmung verrät ein grosses Unbehagen in der Bevölkerung: «Immer mehr Schweizerinnen und Schweizer sind nicht mehr bereit, sich tagtäglich den steigenden Risiken durch alternde AKW auszusetzen», sagt Christian Engeli, Kampagnenleiter von Greenpeace Schweiz. «Die Beznau-Betreiberin Axpo kann dieses Unbehagen nicht länger ignorieren.» Wir fordern deshalb, dass die Axpo ihre Wiederinbetriebnahme-Pläne für das ohnehin unwirtschaftliche AKW Beznau endlich begräbt. «Weiterhin Steuergeld zu verdunsten in einem Kraftwerk, das niemand will, das ist völlig inakzeptabel», meint Engeli.

ENSI stärken
Dass eine Mehrheit gegen Abschaltdaten für Atomkraftwerke gestimmt hat, kann auch mit dem offenbar noch immer intakten Vertrauen in die Aufsichtsbehörde ENSI erklärt werden. Genau diese Behörde wird nun aber weiter unter Druck kommen von den Betreibern: Diese werden weiterhin nichts unversucht lassen, dass der Begriff der «Sicherheit» zu ihren Gunsten ausgelegt wird – vor allem wenn sich ein AKW, wie Beznau, dem Ende seiner Laufzeit nähert. «Das ENSI muss einerseits Stärke zeigen, andererseits aber auch politisch gestärkt werden», fordert Greenpeace-Kampagnenleiter Engeli. 

Grosse Unterstützung für Energiewende
Das Volk hat zwar Nein gesagt zu einem klaren, verbindlichen Abschaltplan für die Atomkraftwerke – der Atomausstieg an und für sich ist aber breit akzeptiert. Nur ein paar Ewiggestrige wollen am Auslaufmodell Atomkraft festhalten. Selbst in einer Umfrage der Axpo, mit einigermassen tendenziösem Fragedesign, sagen drei von vier Stimmberechtigten es sei ihnen wichtig, dass Strom ohne Atomenergie produziert werde.


Klares Ja zum Atomausstieg – selbst in Umfrage der Beznau-Betreiberin Axpo (Quelle: «Energiedialog» Axpo, November 2016)

Dieses Bild wird gestützt von vielen weiteren Umfragen, und es stimmt optimistisch für die weitere Diskussion. Denn schon in etwa einem halben Jahr wird sich das Schweizer Stimmvolk voraussichtlich ein weiteres Mal mit der Schweizer Energieversorgung und der Energiewende beschäftigen müssen: Im Mai dürfte die Energiestrategie 2050 des Bundes zur Abstimmung kommen. Diese sieht unter anderem vor, dass keine neuen AKW mehr gebaut werden, Energie gespart und die Erneuerbaren ausgebaut werden. Es ist eine moderate Vorlage, die das Parlament zusammengezimmert hat. Greenpeace Schweiz steht – wie die anderen Schweizer Umweltorganisationen – klar hinter der Energiestrategie, ist diese doch immerhin ein Schritt in die richtige Richtung.

Strategie ändern
Weltweit sind erneuerbare Energien auf der Überholspur, und mit einem Ja des Stimmvolks zur Energiestrategie 2050 wird auch die Schweiz bei der Energiewende den Fuss etwas von der Bremse nehmen. Das müssen die grossen Energiekonzerne erkennen und endlich ihre Strategie umstellen: Weg vom Produzenten defizitärer Atomenergie, hin zum Dienstleister für dezentrale, erneuerbare Energie. «Der Zeitplan fehlt nun leider, aber der Atomausstieg wird auch ohne die Initiative in absehbarer Zeit Tatsache werden», sagt Engeli. «Je schneller das die grossen Konzerne einsehen, desto besser – für uns als Bürger und Steuerzahlerinnen.» 

Farbige Kampagne
Die Initiative hat Bewegung gebracht in die AKW-Diskussion in der Schweiz. Einige überraschende Fakten und Positionen sind im Abstimmungskampf aufgetaucht: Von AKW, die an die Franzosen verschenkt worden sollten; von Bürgerlichen, die plötzlich dreckigen Kohlestrom bekämpfen und von AKW-Betreibern, die die Gesetzgebung zur Atomsicherheit unterhöhlen wollen.

All jene, die bei Sicherheit und Energiezukunft keine Abstriche machen möchten, können sich aber keine Vorwürfe machen: Die Abstimmungskampagne war bunt, engagiert und kreativ. Greenpeace Schweiz wird diesen Schwung auf jeden Fall mitnehmen für die weitere Arbeit. Herzlichen Dank allen unseren Unterstützern!

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