Viele Meeresumweltschützer sind der Meinung, dass die Überfischung der Meere heutzutage die grösste Bedrohung für die Meeresumwelt darstellt. Unser Verlangen nach Fisch übersteigt die Belastungsgrenzen des marinen Ökosystems bei weitem – mit katastrophalen Folgen für die Meere.

Wissenschaftler warnen davor, dass die Überfischung die Meeres-Ökosysteme tiefgreifend verändern wird; ein Wandel, der sich möglicherweise als irreparabel erweisen wird. In der Zukunft könnte Fisch zu einer unbezahlbaren Delikatesse werden, die nur noch selten auf den Tisch kommt.

Meist hat die Fischerei-Industrie die Fischgründe bereits erschlossen, noch bevor eine Verträglichkeitsprüfung ihrer Aktivitäten durchgeführt worden ist. Außerdem sind die Regulierungen der Fischerei-Industrie äusserst ungenügend.

Die heutige Fischerei wird von Fangschiffen dominiert, die das natürliche Regenerationsvermögen der Fischbestände bei weitem übertreffen. Schiffe, mit modernster Sonar-Technik ausgestattet, können Fischbestände schnell und präzise orten. FADs, schwimmende «Fischmagnete», bringen Fische zu künstlicher Schwarmbildung – vor allem Thune werden Opfer dieser Fallen. Moderne Fangschiffe gleichen schwimmenden Fabriken, die über Verarbeitung- und Verpackungsanlagen sowie große Kühlsysteme verfügen. Sie sind mit so leistungsstarken Motoren ausgerüstet, dass sie kilometerlange Netze durch die Meere ziehen können. Mit anderen Worten: Die Fische haben keine Chance.

Gesundheitscheck für die Meere

Beutejäger, die ganz oben in der Nahrungskette stehen, sind ein Schlüsselindikator für die Gesundheit des Ökosystems. Ihre Populationen schwinden in beängstigendem Tempo. Von den großen Fischen, die viele von uns so gern essen, wie etwa Thunfisch, Schwertfisch, Marlin, Kabeljau, Heilbutt und Flunder sind seit Beginn der industriellen Fischerei in den 1950er Jahren 90 Prozent der Bestände leer gefischt worden. Der Schwund an solchen «Top-Spezies» kann einen Wandel der gesamten Meeresumwelt verursachen, wenn kleine Plankton fressende Fischarten an die Stelle von kommerziell wertvollem Fisch treten. Es ist nicht auszuschließen, dass noch in diesem Jahrhundert Rekordernten von Quallen die von Menschen normalerweise verzehrten Fischarten ersetzen werden.

Solche Veränderungen gefährden die Meere in ihrer Struktur und Funktion. Gleichzeitig sind damit auch diejenigen bedroht, deren Lebensgrundlage immer schon das Meer gewesen ist.

Kollaps in der Fischerei

Überfischung und Missmanagement der Fischereien haben schon jetzt zu einigen spektakulären Zusammenbrüchen bei den Fischbeständen geführt. Als 1992 die Kabeljaufischerei vor Neufundland in Kanada zusammenbrach, gingen damit auch 40.000 Arbeitsstellen in der Industrie verloren. Die Kabeljaubestände in der Nord- und Ostsee sehen nun dem gleichen Schicksal entgegen und stehen kurz vor dem Kollaps. Der Rote, im Mittelmeer laichende Thun, könnte schon 2012 ausgestorben sein.

Statt nach einer langfristigen Lösung zu suchen, blickt die Fischerei-Industrie nun auf den Pazifik – doch das ist kein Ausweg. Politiker ignorieren noch immer den Rat von Wissenschaftlern, was das richtige Management der Bestände und die Notwendigkeit einer nachhaltigen Fischerei bei gefährdeten Arten angeht. So haben sie es verpasst, bei der CITES-Konferenz im März 2010 neben einer ganzen Reihe von Haifisch-Arten, den akut vom Ausssterben bedrohten Roten oder Blauflossen-Thun unter Schutz zu stellen.