Vom 5. bis 9. August fand in Lausanne der Jugend-Klimagipfel «Smile for Future» statt. Über 450 Jugendliche aus 36 Ländern und von 6 Kontinenten versammelten sich dafür in der Schweiz. Wir haben die Gelegenheit genutzt und uns während zwei Tagen unter die Klima-Aktivistinnen und -Aktivisten gemischt. 

«Also Trump?», fragt ein Jugendlicher direkt in die Runde. Es ist Donnerstag, 11 Uhr und ca. 20 junge Erwachsene haben sich im Lesesaal «Silvretta» eingefunden. Der Raum ist nach dem 3 km langen Alpengletscher im Kanton Graubünden benannt. Gleich daneben befindet sich der Saal «Palü», den Gang weiter hinunter auf der linken Seite liegt der «Aletsch». Dass die Organisatorinnen und Organisatoren des Summer Meeting in Lausanne Europe (kurz SMILE) den Lesesälen der Uni Lausanne Namen von Schweizer Gletschern gegeben haben, dürfte kein Zufall sein. Genauso wenig, wie dass der Name des amerikanischen Präsidenten seinen Weg an das Klima-Treffen gefunden hat. Im «Silvretta» geht es nämlich gerade um das Thema Erdöl und Erdgas.

Ganz vorne im Saal hat soeben die 18-jährige Clara den Hellraumprojektor übernommen und legt ohne zu zögern los. Sie präsentiert eine Statistik zum europäischen Erdgas-Markt und erklärt den Zuhörenden, wie die USA und Russland bisher um die Regierung dessen kämpfen, dass Bundeskanzlerin Merkel erst kürzlich dem Druck der USA und Donald Trumps nachgegeben habe, dass nun beschlossen wurde, Terminals in Deutschland zu bauen, die die Lieferung von Gas aus der USA nach Europa mit Schiffen ermöglichen würden, und, und, und. Die Berlinerin wirft mit Wirtschaftsbegriffen um sich, als hätte sie nie im Leben etwas anderes gemacht. Als sie mit ihrer Informationsflut fertig ist, schaut sie schliesslich in die Runde und fragt: «Wir wollen diese Schiffe in Deutschland nicht, sind wir uns da einig?» Alle 20 Jugendlichen im Saal heben die Arme und schütteln ihre Hände. Eine Geste, die bei der Klima-Jugend für absolute Zustimmung steht .

Eine brennende Erde am Klimagipfel.

Clara Mayer ist keine Unbekannte in der «Fridays for Future»-Bewegung. Im Mai 2019 nahm die kecke Schülerin an der VW-Hauptversammlung in Berlin teil und las dort dem Konzernchef Herbert Diess wegen seinem mangelnden Umweltbewusstsein die Leviten. Ihre Haare trug sie dabei zu einem Zopfkranz geflochten und auch während des Klimagipfels ist sie stets mit dieser Frisur anzutreffen. Damit erinnert sie stark an eine weitere Verfechterin des Klimaschutzes: Greta Thunberg. Und diese sitzt sogar nur ein paar Hörsäle weiter, denn die 16-jährige Schwedin nimmt ebenfalls am internationalen Treffen teil. Das aber eher unscheinbar – so gut dies möglich ist, wenn einem stets eine Horde von ca. 20 Fans und Journalisten folgt –, und so möchte es Greta auch, wie sie an der Pressekonferenz zum Start des «Smile for Future» betont: «Ich bin keine Anführerin, der man folgen soll, ich bin lediglich eine Teilnehmerin der Bewegung, in der jeder einzelne wichtig ist.»

Von Kanada bis Libanon

Clara und Greta sind nur zwei von über 450 Teilnehmenden am Jugend-Klimagipfel. Die Jugendlichen kommen dabei aus aller Welt zusammen: Kanada, Russland, Griechenland. Auch aus dem Libanon haben sich ein paar wenige Aktivisten und Aktivistinnen eingefunden. Unter ihnen Firaaz, der seit März dieses Jahres bei «Fridays for Future» mitmacht. «Ich bin durch ein Video von Greta auf das Thema Klima aufmerksam geworden und das hat mich dazu angestiftet mitzumachen, denn wenn ich es nicht täte, wäre ich Teil des Problems», erläutert er. In seinem Land sei die Bewegung zwar noch nicht so gross wie sie es beispielsweise in Deutschland ist, doch wollen die Streikenden stetig wachsen, denn «es geht schliesslich um die Zerstörung unserer Umwelt, und das können wir irgendwann nicht mehr rückgängig machen.»

Die Zerstörung der Erde ist auch für den 23-jährigen Livio der ausschlaggebende Grund, um an den Klimastreiks teilzunehmen: «Ich will nicht Teil einer Spezies sein, die ihre Lebensgrundlage kaputt macht.» Um am «Smile for Future» teilzunehmen, hat sich der Berner sogar Ferien genommen, denn eigentlich macht er gerade ein Praktikum. Das bereut er aber auf keinen Fall: «Ich habe so viele Menschen kennengelernt, das ist echt toll. Wir sind alle zusammengekommen, um gemeinsam am selben Ziel zu arbeiten.» Die Antwort auf die Frage, ob er denn wieder an einem solchen Treffen teilnehmen würde, fällt ihm deshalb auch nicht schwer: «Unbedingt.»

Von dem Gemeinschaftsgeist ist überhaupt viel zu spüren am Klimagipfel. Während dem – natürlich veganen – Mittagessen am Donnerstag kommen etwa 100 Jugendliche zusammen, nehmen sich alle bei den Händen, bilden einen grossen Kreis, rennen aufeinander zu und springen sich in die Arme. Danach rufen sie im Chor Klimaparolen: «What do we want? Climate justice! When do we want it? Now!» und «Plus chaud, plus chaud, plus chaud que le climat!». Immer und immer wieder. «Du kannst zu jeder Minute erwarten, dass jemand damit beginnt, etwas zu rufen und du dann von irgendwo dazu gezogen wirst, um auch mitzumachen», kommentiert Allie aus Kanada die Situation lachend.

Die Jugendlichen beim Malen von Klimastreik-Schildern.

Klein aber oho

Doch der Klimagipfel sollte nicht nur ein munteres Zusammentreffen von Jugendlichen aus aller Welt sein, sondern auch zu Ergebnissen führen. Deswegen standen während den fünf Tagen Konferenzen, Workshops und Plenarsitzungen auf dem Programm, an welchen die Teilnehmenden über das Thema Klimawandel diskutierten, von Klimatologen, Wissenschaftlern und Professoren neues darüber erfuhren und schlussendlich die siebenseitige Lausanner Klima-Erklärung erschufen, die am letzten Tag des «Smile for Future» der 11-jährige Finley aus Schottland den Medien präsentiert. Während fünf Minuten erläutert er mit einer Leichtig- und Furchtlosigkeit den Zuhörenden, weshalb sich die Jugendlichen in Lausanne zusammengefunden hatten und beendet seinen Auftritt mit den Worten: «Die Klimakrise kennt keine Grenzen und wir auch nicht». Für so viel Mut applaudieren sogar die anwesenden Journalistinnen und Journalisten.

Dass der Einsatz der Klimajugend tatsächlich keine Grenzen kennt, zeigt sich dann nur wenige Stunden später. Über 2500 Streikende haben sich nach Aufruf der Teilnehmenden des Klimagipfels am Bahnhof von Lausanne zum Klimastreik eingefunden und marschieren gemeinsam hinab zum See. Nicht nur für ihre Zukunft, sondern für die von uns allen.

Der Streik in Lausanne.