Kompostieren mit Würmern und das innerhalb der eigenen vier Wände. Auf diese Idee kam vor drei Jahren das Team von WormUp, einem Zürcher Startup, das mit seinem wohnungstauglichen Wurmkompost mehr Bioabfälle vor dem Müllsack retten will.

 «Im Moment sind ca. 5000 Würmer hier im Raum», sagt Johanna, nachdem sie kurz überlegen musste. Wir befinden uns im Dachstock eines Hauses ganz in der Nähe der Tramstation Kappeli in Zürich. Hier teilt sich das junge Unternehmen WormUp ein Büro mit einem Architekten-Team. Dass neben Johanna Rüegg und Sarah Steiner vom Startup und den paar wenigen Architekten, die an diesem Donnerstag ihrer Arbeit nachgehen, sich ein grosser Haufen Würmer im Büro befinden soll, glaubt man kaum. Denn: Von den Tieren ist weder etwas zu sehen, noch zu hören, und – das ist fast das Allerwichtigste – zu riechen.

Wenn man ans Kompostieren denkt, dann dürfte den meisten Menschen entweder der grosse, stinkende Haufen an Bio-Abfällen im eigenen Garten oder der kleine, grüne und stinkende Behälter auf dem Balkon in den Sinn kommen. Nicht aber dem fünfköpfigen Team von WormUp, denn sie haben den Kompost-Kreislauf im eigenen Zuhause wohlriechend revolutioniert – und das sogar auf ästhetische Art und Weise: Ihr dreistöckiger Wurmkomposter aus schlichtem Ton könnte geradezu einem IKEA-Katalog entsprungen sein. «Die Funktionalität und Nachhaltigkeit haben natürlich Vorrang», betont Mitbegründerin Sarah Steiner, «aber wir wissen, dass wenn etwas schön aussieht, die Menschen mehr Freude daran haben.»

Doch wie funktioniert der Wurmkomposter für die eigenen vier Wände? Um das zu zeigen, lüpft Johanna den Deckel eines Exemplars. «Der Behälter besteht aus drei Etagen, die jeweils durch ein Gitter getrennt sind» erklärt die Wurmforscherin mit Master in Umweltnaturwissenschaften. «Der Komposter wird von unten nach oben gefüllt. Dabei wandern die Würmer stets mit dem frisch dazugegebenen Abfall nach oben, so, wie sie es auch im Wald tun würden, wo sie das frische Laub an der Erdoberfläche erwartet. Das von ihnen abgebaute Material, der nährstoffreiche Humus, bleibt unten zurück, wo man es leicht ernten kann.» Dieser Prozess funktioniere deswegen so gut, weil der Behälter aus Ton und aus diesem Grund sehr atmungsaktiv sei, «so kann das Wasser, welches in den Abfällen ist, raus und Luft herein». Denn nur mit der richtigen Menge an Luft und Wasser läuft die Kompostierung laut Johanna erfolgreich ab.

Bis der Wurmkompost reif ist, dauert es bis zu sechs Monaten. Begonnen wird mit 1000 Würmern – die man übrigens per Post nach Hause geschickt bekommt und nicht selbst im Garten zusammensuchen muss –, je nach Menge des Abfalls kann der Wurmbestand zunehmen. Überquellen kann der Kompost aber nicht, denn: «Die Würmer passen sich der Menge Abfall an», erklärt Johanna. Trotzdem ist es möglich, dass ein oder zwei Würmer mal entwischen können, dies tun sie laut Johanna aber nur dann, wenn es ihnen nicht mehr wohl ist. Damit das nicht passiert, gilt es neben der Menge des Futters auch auf dessen Art zu achten: «Die Würmer fressen gerne Gemüse- und Früchte-Abfälle, Eierschalen, Haare, Kaffeesatz, etc. Wichtig ist aber, die Balance zwischen stickstoff- und kohlenstoffreichen Abfällen zu halten, d. h. ab und zu auch mal Karton, wie Eierschachteln und WC-Papierrollen, unterzumischen.» Dann fühlen sich die Würmer pudelwohl.

Vom Wohnzimmer in die Schule bis zur Landwirtschaft

 Die Vision hinter dem Wurmkompost ist klar: «Unser Anliegen ist es, dass die Menschen mehr kompostieren und so zu den natürlichen Kreisläufen zurückkommen» erklärt WormUp-Mitinhaberin Sarah. «Wir wollen dem Städter die Natur wieder näher bringen.» Aus diesem Grund hat das Startup auch bereits einen Wurmkompost für Liegenschaften und Schulen entwickelt, den WormUp Scale. Damit könne Kindern über Bildung aber auch Spiel und Spass das Kompostieren aufgezeigt werden. Dass dies gut klappt, hat das Unternehmen schon erprobt: «Eine Kindergärtnerin, mit der wir zusammenarbeiten, hat mir erzählt, dass es den Kindern grossen Spass bereitet und sie sogar extra Abfälle von Zuhause mitnehmen, den sie den Würmern füttern wollen», erzählt Sarah lachend.

In den Schulen angekommen, will WormUp mit dem Thema Kompostieren aber nicht aufhören: «Wir möchten auch mit Städten und Gemeinden zusammenarbeiten und die Landwirtschaft erreichen» meint Sarah motiviert. Um neue Produkte und Ideen, gerade auch für die Landwirtschaft, zu entwickeln, gibt es neben der GmbH deswegen den Verein WormUp. Johanna ist da sehr engagiert und arbeitet gerade an einem Projekt, das sich mit dem Thema Pferdemistumwandlung mit Kompostwürmern auseinandersetzt. Zuviel darüber verraten, möchte die Baselbieterin aber noch nicht, ausser: «Die Idee dahinter ist, herauszufinden, wie man grosse Mengen an Abfällen kompostieren und die Wurmkompostierung in diese Richtung noch weiterentwickeln kann.»

Dass sich die Schweizer Landwirtschaft zukünftig ebenfalls mit dem Thema Boden auseinandersetzt, ist Johanna wichtig, denn: «Die Ackerböden der Schweiz enthalten im Oberboden ca. 2,1 % Humus, das ist wenig und hat auch mit der vergangenen Nutzung zu tun.» Dass man das eigentlich einfach ändern könnte, davon ist die 30-Jährige überzeugt: «Ein wichtiger Beitrag hierzu wäre, die vorhandenen Kreisläufe zu schliessen. Z. B. indem man die nährstoffreichen Abfälle aus der Stadt als Kompost wieder aufs Land zurückbringt, anstatt sie in Kehrichtverbrennungsanlagen zu entsorgen. So könnte in der Landwirtschaft Kompost anstatt mineralischer Dünger verwendet werden.»