Eigentlich ist Palmöl ein ideales pflanzliches Fett, leicht zu verarbeiten und vielfach einsetzbar. Doch in Anbauländern wie Indonesien verursachen die riesigen Monokulturen großen Schaden: Menschen werden vertrieben, Wälder zerstört, viele Tiere verlieren ihren Lebensraum, zudem befeuert die Abholzung den Klimawandel. Greenpeace kämpft seit mehr als zehn Jahren gegen die Ausweitung der industriellen Plantagen. 

Ölpalmen so weit das Auge reicht: In den letzten 25 Jahren hat sich die Palmölproduktion in Indonesien fast versechsfacht. Der Boom bedient die weltweit steigende Nachfrage, denn die Pflanze ist ertragreich und das Endprodukt günstig, haltbar und vielseitig einsetzbar. Der ursprünglich als Zierpflanze aus Afrika eingeführte Alleskönner produziert unter den Kronen hängende Fruchtstände von bis zu 50 Kilogramm.

Die schnell verderblichen Samen werden unmittelbar nach der Ernte verarbeitet, aus dem Kern entsteht Palmkernöl, aus dem Fruchtfleisch Palmöl. Konzerne wie Nestlé, Mondelēz und Unilever setzen es in großen Mengen ein. Ein roßer Teil des in die EU eingeführten Palmöls steckt in Schokolade, Margarine, Brotaufstrichen, Tütensuppen, Fertigpizzen, aber auch in Kerzen, Lippenstift, Seife, Zahnpasta und Shampoos – in etwa jedem zweiten Produkt eines Supermarktsortiments. Rund die Hälfte landet bisher vor allem als „Biodiesel“ im Tank. Nach Angaben der Wirtschaftsagentur Bloomberg hat sich der weltweite Konsum seit dem Jahr 2000 auf jährlich 7,7 Kilogramm pro Person verdoppelt.

© Chris de Bode / laif

Doch das ist der indonesischen Regierung noch nicht genug: Trotz aller negativen Folgen der Regenwaldzerstörung für Menschen, Tiere und das Klima will sie die Jahresproduktion des Landes bis 2020 um weitere 3,5 Millionen Tonnen steigern. Alle 25 Sekunden wird dabei in Indonesien ein Regenwaldgebiet in der Größe eines Fußballfeldes zerstört. Zu den Abholzern zählen vor allem die Palmöl- und Papierindustrie.

59 Millionen Tonnen Palmöl stammen aus Indonesien und Malaysia – das sind 85 Prozent der weltweiten Jahresproduktion. Deutschland importiert jährlich rund 1,5 Milionen Tonnen, vorwiegend aus diesen beiden Ländern

Um Palmölplantagen anzulegen, werden Regenwälder oft ohne Lizenz abgeholzt und Torfmoore trockengelegt. Dabei entweichen riesige Mengen an Kohlenstoff, die rund zwölf Prozent der weltweiten Emissionen ausmachen. Zwischen 1990 und 2015 wurden in Indonesien 24 Millionen Hektar Regenwald zerstört, das entspricht annähernd der Größe Großbritanniens. Mit dem Wald verschwindet der Lebensraum für ungezählte Tiere und Pflanzen – in keinem anderen Land sind mehr Arten vom Aussterben bedroht.

Verheerende Folgen

In Indonesien brennen immer wieder Wälder und Moore. Denn Feuer zu legen ist die einfachste Methode, um Platz für Palmölplantagen zu schaffen. Zudem begünstigen trockengelegte Moore Flächenbrände. Immer wieder helfen Greenpeace-Aktivisten den Feuerwehreinsatzkräften vor Ort beim Löschen. Besonders schlimm war es im El-Niño-Jahr 2015: Die Brände beeinträchtigten ganz Südostasien und katapultierten Indonesien zeitweise an die Spitze der Treibhaus­gasemittenten – in wenigen Wochen stieß der Inselstaat mehr Kohlendioxid aus als Deutschland in einem ganzen Jahr. Rund 100’000 Menschen starben deswegen 2015 in Südostasien vorzeitig an Atemwegs­erkrankungen. Denn aufgrund der großflächigen Brände hatten sich lang anhaltende, giftige Rauchschwaden entwickelt.

© Ulet Ifansasti / Greenpeace

Doch nicht nur Menschen gehören zu den Opfern der Brände – auch die Tiere sind stark vom Eingriff in ihren Lebensraum betroffen, vor allem Orang-Utans. Obwohl die Menschenaffen streng geschützt sind, werden ausgewachsene Tiere, die sich in die Palmenplantagen verirren, getötet oder verkauft. Der Bestand der rothaarigen Primaten ist seit 1900 um mehr als 90 Prozent geschrumpft. Mit jedem Hektar, der brandgerodet und trockengelegt wird, schwinden die Lebensräume der Tiere. Die verwaisten Orang-Utan-Babies sammeln Organisationen wie die Borneo Orang-Utan Survival Foundation regelmäßig ein. In Aufzuchtstationen werden sie aufgepäppelt und später wieder ausgewildert. Nahezu ausgestorben ist auch der in Indonesien heimische Sumatra-Tiger. In freier Wildbahn existieren nur noch rund 400 Exemplare.

© Kemal Jufri / laif

Die Gier der Konzerne

Wo Palmöl drin ist, steht zumindest bei Lebensmitteln drauf. Unter welchen Bedingungen das billige Fett hergestellt wird, ist damit aber noch nicht klar. Die bisherigen Zertifikate des Runden Tisches für nachhaltiges Palmöl (RSPO) – ein freiwilliger Zusammenschluss von Produzenten – sind nicht verlässlich und viel zu lasch, beispielsweise schließen sie Waldzerstörung und Torftrockenlegung nicht aus. Strengere Kriterien liegen der sogenannten Palmoil Innovation Group (POIG) zugrunde, allerdings haben sich dieser Initiative bislang nur wenige Herstellerfirmen angeschlossen.

Ein aktueller Greenpeace-Report zeigt, dass sowohl der größte Palmölhändler Wilmar als auch Konsumgüterhersteller wie Nestlé, Unilever oder Mondelēz immer noch Palmöl von Firmen beziehen, die Regenwälder zerstören und lokalen Gemeinden das Land rauben. Greenpeace dokumentiert, dass 25 Palmölfirmen seit 2015 mehr als 130.000 Hektar Wald in Indonesien zerstörten, eine Fläche halb so groß wie das Saarland. Etwa 40 Prozent der Entwaldung geschah im indonesischen Papua, einer Region mit der weltweit höchsten Artenvielfalt, die bis vor kurzem von der Palmöl­industrie verschont blieb.

Greenpeace Indonesien handelt

Ab Anfang 2020 soll für Palmöl kein Regenwald mehr gerodet werden. Die indonesische Greenpeace-Waldkampaignerin Annisa Rahmawati setzt auf die Macht der Verbraucher, um Wälder und Orang-Utans zu retten. Im Kurz-Interview erzählt sie von den Plänen.

© Sarah Laine

Jedes zweite Produkt, das wir im Supermarkt kaufen, enthält Palmöl. Außerdem landet es als Sprit im Tank. Es ist billig, gut zu verarbeiten, aber problematisch. Warum?

Das Problem ist nicht das Palmöl selbst, sondern die Art und Weise, wie es angebaut wird. Gierige Konzerne wollen immer mehr Profite machen und vergrößern ihre Anbauflächen. Den Preis für den Raubbau zahlen wir, die Menschen und die Natur in Indonesien.

Was unternimmt die Regierung denn, um diese katastrophale Entwicklung einzudämmen?

Die Politik tut viel zu wenig. Zum Beispiel hat der Präsident uns versprochen, die Anbaugebiete zu kartografieren, damit wir einen Überblick über bereits zerstörte Regenwaldgebiete haben. Bis heute gibt es eine solche Karte nicht. Um die Entwaldungsrate klein zu halten, wertet die Regierung sogar industrielle Plantagen als Wald. Das ist unglaublich. Denn nichts an diesem Wald ist mehr Wildnis. Außerdem setzt sie immer wieder ganz bewusst falsche Zahlen in die Welt und irritiert die Öffentlichkeit mit unwahren Behauptungen. Da muss man von Betrug sprechen. Beispielsweise machen die Politiker lokale Gemeinden für die Feuer verantwortlich. Das ist völliger Nonsens.

Gibt es denn eine umweltverträg­lichere Alternative?

Jede andere Monokultur würde genau die gleichen Probleme mit sich bringen. Es geht uns deshalb nicht darum, Palmöl zu verbannen, sondern die Erzeugung grundlegend zu verändern. Ziel muss es zum Beispiel sein, lokale Anbauer zu stützen und zu beraten, damit sie auch ohne den Einsatz von Agrargiften ihre Produktivität erhöhen können. In den Industrieländern muss die Lebensmittelverschwendung reduziert werden. Und die Regierung in Jakarta muss die Expansion der Anbaufläche sofort stoppen.

Greenpeace kämpft seit mehr als zehn Jahren gegen die Palmöl-Industrie. Mit Erfolg?

Ja, wir haben bereits wichtige Ergebnisse erzielt. Wir hätten es nicht für möglich gehalten, dass sich große Firmen freiwillig zum Waldschutz verpflichten. Seit dem Versprechen, ab 2020 nicht mehr zu roden, haben wir sie ständig im Visier, kontrollieren, was sie tun, reden mit der Bevölkerung, unternehmen Kontrollflüge. Es ist nur leider so, dass die Konzerne bisher nichts geändert haben – dabei sind es bis zum Stichtag, dem 1. Januar 2020, nur noch rund 420 Tage. Sie haben offensichtlich nicht vor, ihre Zusagen einzuhalten. Deshalb schlagen wir Alarm: Wir müssen den Regenwald retten, jetzt oder nie! 2020 wird das entscheidende Jahr – für das Klima, für die Wälder und den Artenschutz.

Wie will Greenpeace das konkret erreichen?

Von den Firmen fordern wir Transparenz. Unilever, Nestlé, Ferrero oder Mars müssen offenlegen, woher sie ihr Palmöl beziehen, damit Verbraucher entscheiden können, welche Waren sie in ihren Einkaufskorb legen. Wir bauen auf die Macht der Verbraucher, sie sind unsere wichtigsten Unterstützer. Mit ihrer Hilfe können wir den Konzernen beikommen. Jeder Konsument muss sich darüber im Klaren sein, dass viele Produkte, die Palmöl enthalten, das Sterben bedrohter Menschenaffen, die Vertreibung von kleinen Bauern, illegale Regenwaldzerstörung, Waldbrände und immense Klimaschäden bewirken. Schon in den vergangenen Jahren gab es massive Unterstützung aus aller Welt für unsere Aktionen und Kampagnen. Hunderttausende haben Petitionen unterschrieben. Jetzt brauchen wir eine globale Bewegung, um unsere Lebensgrundlagen zu retten. Es liegt an uns allen, noch haben wir es in der Hand.

Wie ist die Lage derzeit?

Inzwischen brennt es jedes Jahr. Besonders betroffen ist West-Kalimantan auf der Insel
Borneo. Immer wieder ist ein Team von uns  vor Ort, um sich ein Bild von der Lage zu machen. Im Jahr 2015 war es mit den Bränden ganz schlimm. Die Menschen konnten kaum mehr atmen. Alles war in Rauchschwaden gehüllt. Die Feuer sind keine Naturkatastrophe, sondern von Menschen gelegt, denn das ist die billigste Art, Land zu gewinnen. Die Dürre und El Niño haben die Brände aber zusätzlich angefacht.

Ist dein Job gefährlich? Werden Aktivisten bedroht?

Wir werden immer mal wieder bedroht, das gehört für uns Kampaigner dazu. Kürzlich fuhr ich mit der Rainbow Warrior nach Papua. Dort kamen auf einmal 60 wütende Leute auf uns zu. Sie warfen uns vor, ihre Entwicklungschancen zunichte zu machen. Bisher hatte ich Glück, aber ja, das kann auch mal ernst werden. Meine Mutter hat immer gesagt, dass man nie die Hoffnung verlieren darf. Das werde ich auch nicht. Alles, was wir tun, wird etwas bewirken, davon bin ich fest überzeugt.

Nicht nur Greenpeace Indonesien setzt sich für das Ende von Palmöl ein. In Rotterdam beispielsweise protestierten Greenpeace-Aktivisten 2016 mit großen Baumstämmen am Zugang zur Raffinerie eines der weltgrößten Palmölhändler. Mit Aktionen wie dieser, aber auch mit investigativen Reports, Petitionen, Umfragen und Onlinekampagnen kämpft Geenpeace seit mehr als zehn Jahren in vielen Ländern gegen die schmutzigen, ausbeuterischen und von internationalen Banken finanzierten Geschäfte der Palmölindustrie.

© Marten van Dijl / Greenpeace

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