Am Wochenende war das Plastikmonster in Basel. Wir haben einen Blick hinter die Kulissen und in das Ungeheuer geworfen.

 «Ich bin seit vier Stunden wach», begrüsst mich Krümel – die gerne so genannt werden möchte – munter und schaut mich dabei lachend an. Wir stehen auf der Kleinbasler Rheinterrasse, ganz vorne auf der Mauer sitzt die Helvetia-Statue und blickt in das noch friedlich schlafende Grossbasel hinüber. Über die Mittlere Brücke fährt gerade ein 8-er Richtung Weil am Rhein, die Geleise quietschen unter dem Gewicht und stören die morgendliche Ruhe. Ein ganz normaler Tagesanbruch in Basel könnte man meinen – wenn da zwischen Krümel, mir und der Helvetia nicht ein überdimensionales Monster aus Plastik stehen würde.

Kurz nach 8 Uhr an diesem ersten Sonntag im April hängen über der Stadt am Rhein schwere Wolken; es verspricht ein grauer und nasser Tag zu werden. Ganz anders als noch gestern. Da tummelten sich die Menschen bei sonnigem Wetter und angenehmen 17 Grad in der Stadt. Einer der Gründe, weshalb es viele Passantinnen und Passanten an den Infostand von Greenpeace Schweiz auf der Rheinterrasse verschlagen hatte. Vielmehr dürften aber die meisten sich dafür interessiert haben, wieso sich ein sieben Meter hohes Monster aus Verpackungsmüll am Rheinufer niedergelassen hat.

Das Plastikmonster auf der Rheinterrasse in Basel. (© Pascal Städeli)

Die Antwort darauf ist eigentlich ganz einfach: Um vom Schweizer Unternehmen Nestlé zu verlangen, dass es konkrete und wirkungsvolle Massnahmen ergreift, um die Produktion von Wegwerfplastik zu stoppen und durch alternative Mehrweg-Liefersysteme (Wiederauffüllung und Wiederverwendung) zu ersetzen. Denn unserer Weltmeere ersticken langsam aber sicher an dem Kunststoff. Aus diesem Grund soll das überwiegend aus Nestlé-Verpackungen zusammengestellte Monster seinem Verursacher zurückgebracht werden – unter anderem mit der Hilfe von zahlreichen Greenpeace-Aktivistinnen und Aktivisten. Dazu gehört auch Krümel.

Die 36-Jährige ist seit 4 Uhr morgens auf den Beinen und bewacht gemeinsam mit einem weiteren Aktivisten das Plastikmonster – denn auch wenn es sich bei der Installation um ein angsteinflössendes Ungeheuer handelt, dürfte es bei nächtlichen Kleptomanikern vor allem auf ungeheuerliches Interesse stossen. Dies war in der Nacht von Samstag auf Sonntag jedoch nicht der Fall. «Es war sehr ruhig», erzählt Krümel von ihrer Schicht, «es kamen nur drei Personen zu uns und die wollten lediglich gerne einen Flyer haben.» In der vorherigen Schicht – von ca. Mitternacht bis 4 Uhr notabene – sah das ganz anders aus: «Da kamen wirklich noch sehr viele Leute, die sich für die Thematik interessierten und mehr wissen wollten.»

Dieses Interesse und die Reaktionen der Menschen auf die Aktionen ist es, was für Krümel ihr Engagement ausmacht. «Es ist immer unglaublich spannend zu sehen, wie die Menschen auf uns reagieren – sei das Sicherheitspersonal oder Passantinnen und Passanten. Ein Ereignis aus ihrem knapp einjährigen Einsatz als Freiwillige ist ihr dabei noch besonders in Erinnerung: «Als wir die 400 000 Unterschriften vor dem Credit Suisse-Hauptsitz in Zürich aufgeschrieben haben, kamen Menschen, die spontan ihren Namen noch hinzugefügt haben, das war ein tolles Gefühl.»

Über 25 Aktivistinnen und Aktivisten werden zum Monster

Mittlerweile ist es kurz vor 12 Uhr und obwohl sich weder die Sonne gezeigt noch der eisige Wind verzogen hat, haben sich nun rund 30 Personen vor der Rheinterrasse eingefunden. Erwartungsvoll schauen sie das Plastikmonster durch die gezückten Smartphones an. Sie alle wollen auf keine Fall den Moment verpassen, an dem sich das Plastikmonster zu seiner Tour durch die ganze Stadt Basel aufmacht.

Um die Monstertour zu bewältigen, haben sich im Vorfeld etwa 25 Aktivistinnen und Aktivisten aus der ganzen Schweiz versammelt. Gemeinsam wollen sie dem Monster jetzt Leben einhauchen. Während eine Aktivistin mit einem Megafon Befehle gibt, werden die hinteren Teile des Ungeheuers mithilfe von Bambusrohren langsam hochgehalten. Im Inneren des Monstern haben sich zwei Leute mit einer Kletterausrüstung reingehängt, damit sie dessen Kopf heben können. Und auch die Krallen vorne links und rechts erwachen mithilfe von je zwei Personen zum Leben.

Da hat es Pascal Tribolet schon etwas leichter, denn er wird mit einem Banner neben einer Schildkröte im Sarg mitlaufen, die symbolisch für all ihre an Plastik verendeten Artgenossen vor dem Monster vorangetragen wird. «Ich kann deswegen noch etwas chillen» meint der 30-Jährige lachend, während die anderen Freiwilligen im und um das Monster herumwirbeln. Bereits seit vier Jahren engagiert sich Pascal bei der Greenpeace-Regionalgruppe Basel und möchte es auch noch länger tun, denn: «Es darf nicht sein, dass die Umwelt weiter zerstört wird, nur damit Konzerne wie Nestlé möglichst günstig Produkte verkaufen können.»

Ähnlich geht es Claudio Kohler, der zwar erst seit rund einem halben Jahr als Aktivist bei der Regionalgruppe Basel mitmacht, aber nun Feuer gefangen hat. «Ich werde mein Engagement auch noch ausüben, wenn ich alt bin», sagt der 26-Jährige überzeugt. Dass das durchaus möglich ist, zeigt Daniela Schmidt. Die 61-Jährige spendet seit über 30 Jahren für Greenpeace und setzt sich noch nicht ganz so lange als Aktivistin bei der Regionalgruppe in Zürich ein. Heute hilft sie beim Monsterumzug mit, macht im Anschluss Bootsführungen auf der Beluga und ist am Ende noch beim Aufräumen dabei. Und wenn gerade nicht für Greenpeace, setzt sie sich privat für die Umwelt ein: «Ich lebe wenn irgendwie möglich ohne Plastik, kaufe nur auf dem Markt ein und dann stets mit Recycling-Säcken – bin also durch und durch grün.» Und durch und durch eine Bereicherung für Greenpeace Schweiz.

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