Zwischen Selbstverwirklichung, Sinnessuche und sozialen Medien. Irgendwo unter all den Smartphones, Smart-TVs und Smartwatches begraben. Genau da setzt sich Greenpeace-Praktikantin Danielle mit den Hoffnungen, Herausforderungen und Problemen ihrer Generation Y auseinander – und fragt sich in ihren kommenden Kolumnen: Wie zum Teufel soll das grün gehen?

In meiner Kolumne vor zwei Wochen habe ich mich mit meiner Generation auseinandergesetzt und geschrieben, dass wir nicht wirklich wissen, wer wir eigentlich sind oder sein wollen. Daran möchte ich gerne anknüpfen, kommt nämlich dieses für uns typische Nicht-Entscheiden-Können oder meinetwegen auch -Wollen nicht von ungefähr. Sind wir doch eine Generation, die irgendwie zwischen den Stühlen steht.

Für uns war es ganz logisch, dass wir Mädchen im Alter von sieben Jahren mit Barbies spielten, die gleichaltrigen Jungs hingegen mit Lego. Für uns war es eine Freude, wenn wir den 10. Geburtstag gemeinsam mit dem rothaarigen Ronald bei Mc Donald’s feiern durften. Für uns war es cool, dass wir im Alter von 15 Jahren mit der Klasse einfach mit dem Easyjet-Flieger von Zürich nach Amsterdam jetten konnten – und vier Tage später wieder zurück. Und für uns war es auch selbstverständlich, dass das erste, was wir mit 18 Jahren machten, der Führerschein war. Schliesslich hat es uns die vorherige Generation so auch vorgelebt.

Nach uns aber wächst nun eine Generation heran, die so ganz anders ist, als wir und all das, was wir als cool und selbstverständlich ansahen. Typisch Mädchen, typisch Jungs ist plötzlich nicht mehr so logisch. Die Herstellung der Burger bei Mc Donald’s macht keine Freude mehr. Städteflüge und deren Auswirkungen auf das Klima sind so gar nicht cool. Und auch das Auto sollte man wohl besser gegen ein Fahrrad oder den Zug eintauschen. Zusammengefasst ist man heute alles, was wir damals gelernt haben zu sein, besser nicht mehr. Das hat vor allem eines zur Folge: Meine Generation befindet sich in einer Midlife-Crisis – obwohl wir die Mitte unseres Lebens noch nicht mal erreicht haben.

Schritt für Schritt müssen wir ansehen, wie es all den uns vertrauten Bestandteilen des Alltags an den Kragen geht. Sei dies der Plastikzahnbürste, dem Klopapier, der Zigarette oder dem Fleisch – sie alle müssen der neuen Generation und deren Sinn für das Umweltbewusstsein weichen. Was natürlich höchst lobenswert und unbedingt zu unterstützen ist. Trotzdem versetzt es einem aber einen kleinen Stich ins Herz. Und nun ist auch die Zeit der Luftballone gekommen.

Der Luftballon gehörte zu meiner Kindheit wie die Barbie-Puppe. Immer, wenn in Basel Herbstmesse war, durften meine Geschwister und ich einen Ballon aussuchen, wobei meiner stets die Form eines Hundes oder einer Prinzessin hatte – was auch sonst. Und an jedem Geburtstagsfest liessen die bunten, aufgeblasenen Wunderkugeln meine Augen und die meiner Gspänli leuchten. Die Faszination für Luftballone nehmen viele von uns bis ins Erwachsenenalter mit, weswegen sie auch bis heute an den verschiedensten Stationen im Leben Verwendung finden – beispielsweise an der Eröffnung eines eigenen Geschäfts oder der Hochzeit. Und genau da fängt das Problem an.

Das Symbol von aufsteigenden Luftballonen hat sich in unserer Gesellschaft als etwas unglaublich Positives verankert – nicht umsonst war Nenas «99 Luftballons» ein Riesenhit. Der Ballon gilt als Aufbruch in einen neuen Lebensabschnitt. An Hochzeiten lässt man Herzluftballonen mit angeknüpften Botschaften fliegen, um symbolisch neu geschlossenen Ehen Aufschwung zu geben. An Beerdigungen steigen schwarze Ballone in die Luft, um den Verstorbenen eine letzte, an einer Schnur befestigte Nachricht zu schicken. Vergessen wird dabei, dass die Ballone irgendwann auch wieder herunterkommen – und Müll hinterlassen. Mann, wer hätte das gedacht?

Laut der Initiative BalloonsBlow hat sich der Anteil von an Stränden gefundenen Ballonüberresten in den letzten zehn Jahren verdreifacht. Egal wo sie herunterkommen, sind sie eine Gefahr für die Tiere und Umwelt. Laut einem Stern-Artikel ist einerseits die an die Ballone gebundene Schnur ein Todesurteil für Meerestiere und Seevögel, die sich darin verheddern und so einen langsamen Tod sterben. Andererseits sind es die Überreste des Ballons selbst, die von Tieren fälschlicherweise als Nahrung angesehen werden, sich dann im Verdauungstrakt festsetzen können, wobei sie ein Sättigungsgefühl auslösen, welches die Tiere verhungern lässt. Laut dem Spiegel gehört der Luftballon sogar zu der für Seevögel tödlichsten Plastikvariante, da er zur weichsten Form des Kunststoffes zählt, der ein höheres Sterberisiko für die Vögel darstellt als harter Plastik. Dass es einmal soweit kommt, wegen ein paar Luftballons.

Wer jetzt denkt, dass es ja auch biologisch abbaubare Ballone gibt und das Thema gar nicht so schlimm ist, irrt sich. Denn auch die Öko-Variante des Luftballons braucht bis zu sechs Monate, um sich zu zersetzen. Immer noch genügend Zeit für einen Vogel also, sich darin zu verfangen oder die Plastiküberreste zu verschlucken. Auch von der immer mehr zum Trend werdenden Alternative für Luftballone, den Himmelslaternen, ist abzuraten. Einerseits aufgrund der Brandgefahr, andererseits weil auch deren Überreste wie bspw. Draht von Nutztieren gefressen werden und sie somit verletzen können. Nicht verwunderlich also, dass es vermehrt zu Verboten von Himmelslaternen und Luftballonen kommt – und dass sowas von sowas kommt.

In vieler Hinsicht könnte man sagen, der Luftballon ist nicht nur ein Teil meiner Generation, sondern schon fast ein Sinnbild dafür. Wir wollen immer höher, immer weiter, ohne aber zu wissen, wo genau wir landen werden. Und sind wir einmal angekommen, merken wir, dass das Abheben vielleicht gar keine so gute Idee war. Gerade deswegen ist es für uns an der Zeit, auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben – und für den Luftballon sowieso. Sorry Nena.

Danielle Müller studierte Journalismus und Unternehmenskommunikation in Berlin und schnuppert nun bei Greenpeace rein. Die 27-Jährige Baslerin ist stets im Sattel ihres Rennvelos anzutreffen und sagt nie Nein zu einer guten Umwelt-Doku auf Netflix.