Dieses Bild geht mir nicht mehr aus dem Kopf: Asif steht begeistert vor dem Solarkocher; in der einen Hand hält er frisches Popcorn, mit der andern fuchtelt er wild. Er hat sich die Finger verbrannt und freut sich trotzdem wie ein Kind.

Dabei warne ich ihn zehn Minuten vorher beim Aufstellen des Parabolkochers: «Pass auf, der ist kraftvoll wie eine Herdplatte. Steht er gut ausgerichtet in der Sonne, ist das Popcorn in Minutenschnelle fertig». Asif lernte am Vormittag die Theorie des solaren Kochens und begreift sie als Physiklehrer problemlos. Er glaubt der Praxis aber nicht, hebt den Deckel der Bratpfanne und prüft mit der anderen Hand die Platte, auf die das Sonnenlicht gebündelt wird und verbrennt sich die Finger. Asif kann es kaum fassen: Das, also dieser Kocher ist die für sein Land, für sein Dorf und auch für seine Schule. Für seine Heimat, am Fuss des Himalayas in Pakistan heisst dies: Weniger holzen für den Holzherd und weniger Rauch in den Küchen.

Asif Mahmood (siehe Foto 6 und 8 in der Galerie) ist einer der zwölf Scout Leaders aus zehn Ländern, die im Sommer 2015 im Kandersteg International Scout Centre KISC die Sonnenenergie nutzen lernen. Am Vormittag gibt es Theorie zum Bau von Solargeräten; am Mittag wird solares Kochen praktiziert. Am Nachmittag geht es spielerischer weiter, indem sie die erlernte Praxis den Pfadikindern vermitteln, die in Kandersteg in den Sommerferien sind.

Mit einem grossen Rollkoffer, umgebaut zu einem mobilen Solargenerator, und mit weiterem Solarmaterial kehren sie nach zehn Tagen zurück in ihre Länder. Monica nach Brasilien, Rufat nach Asarbeidschan, Marie an die Elfenbeinküste, Abelardo nach Mexico, Rosa Maria nach Peru.

Nach dem Sommer war Rosa Maria bereits im Dezember 2015 wieder in Europa. Sie vertrat als begeisterte Solarbotschafterin die Pfadfinderbewegung am Pariser UNO Klimagipfel.

Und Asif? Zurück in Pakistan – das er nun «Pakisun» nennt – hat ihn das Solarvirus nicht mehr losgelassen. 4’000 Pfadikinder sind seit seiner Ausbildung vor drei Jahren in der Schweiz bei ihm im Solarworkshop gewesen. Er hat zudem mehr als 100 Scout Leaders zu Solar Ambassadors ausgebildet, darunter letztes Jahr drei aus Afghanistan.

Auf der Scouts-go-Solar Facebook-Seite treffen sie sich wieder. Die zwölf von 2015, die elf von 2016, die zehn vom letzten Jahr und die neun vom diesjährigen Kurs in Kandersteg, der Ende Juli bei viel Sonnenschein stattgefunden hat. Und wer sich sonst als Pfadileiter/in dafür interessiert: Täglich wächst die Scout-Solar-Ambassadors FB-Gemeinde. Aktuell sind schon über 2200 Menschen aktiv, darunter auch Tamir Hamkam, einer der Afghanen, der Bilder von seiner Solar-Roadshow zeigt. Oder Bernardo, der philippinische Lehrling von Asif, berichtet von einem Solartraining mit Greenpeace Philippinen. Marie demonstriert am panafrikanischen Scout-Treffen die Kraft der Sonne. Rufat schreibt, er habe das Solar-Handbuch auf Russisch übersetzt. Das kann nicht schaden.

Weiter unten auf der FB-Seite sehe ich ein Foto mit der Rainbow Warrior III. Vor ihr auf dem Quai stehen viele Leute, die das Greenpeace-Schiff von innen sehen wollen. Abelardo und seine Scouts-Helfer/innen demonstrieren ihren Parabolkocher und bieten den in der Warteschlange stehenden Leuten sonngebrauten Kaffee an.

Vor fünf Wochen, an einer unserer regelmässigen Skype-Konferenz, frage ich Asif, wie es ihm gehe. «Gut, sehr gut», sagt er. Allerdings habe er heute nur wenig Zeit für unsere Sitzung, denn in einer Stunde kämen 50 Jugendliche ins Pfadizentrum in Islamabad. Der fünfte Workshop in diesem Jahr. Zum ersten Mal mit Pfadileiterinnen. Was ihn aber noch mehr freue, schiebt er nach, dass ihn die Boy Scouts of Afghanistan eingeladen hätten, an ihrem «Camporee» einen Solarworkshop durchzuführen.

Was er dann auch tat. Friedliche Energie für ein kriegsgebeuteltes Land, dank Scouts-go-solar.

Fotogalerie: Afghanistan, Peru oder Kandersteg – bei den PfadfinderInnen ist der Solarvirus ausgebrochen (©FB)