Seit heute protestiert Greenpeace auf einem Gleisanschluss bei Würzburg gegen neue Atommülllieferungen von Deutschland nach Frankreich. Rund 11 Umweltschützer haben sich mit Stahlrohren an den speziellen Eisenbahnwaggon gekettet, der in Grafenrheinfeld mit dem für die französische Wiederaufarbeitung bestimmten Atombehälter beladen werden soll. Weitere Aktivisten halten deutsche und französische Transparente mit der Aufschrift: «Kein deutscher Atommüll nach Frankreich». Der normale Fahrbetrieb der Bahn wird nicht gestört. Greenpeace fordert, die geplanten Atomtransporte zu stoppen.

Würzburg. Der Atomtransport aus dem Kraftwerk Grafenrheinfeld darf auch aus rechtlichen Gründen nicht durchgeführt werden. Ein von Greenpeace eingelegter Widerspruch beim Bundesamt für Strahlenschutz (BFS) ist noch nicht beschieden und hat deswegen aufschiebende Wirkung. Ein für den Transport notwendiger Sofortvollzug wurde gegenüber Greenpeace nicht angeordnet. Insgesamt sollen allein nach La Hague noch rund 1250 Tonnen deutscher Atommüll geliefert werden. Das entspricht rund 280 Transporten. «Die Bevölkerung muss sich doch verschaukelt fühlen, wenn die Bundesregierung den Gorleben-Transport vor zwei Wochen damit rechtfertigt, Deutschland dürfe seinen Atommüll Frankreich nicht einfach vor die Haustür werfen,» sagt Veit Bürger, Energieexperte von Greenpeace. «Genau das passiert nämlich jetzt. Bei der Wiederaufarbeitung gelangt unwiederbringlich soviel radioaktiver Müll in die Umwelt, dass von nationaler Verantwortung für Atommüll keine Rede sein kann.» Die Wiederaufarbeitungsanlage in La Hague ist europaweit eine der größten Quellen radioaktiver Emissionen in die Umwelt. Bereits im Normalbetrieb pumpt die Betreiberfirma Cogema jeden Tag rund 1,4 Millionen Liter radioaktive Abwässer über eine Pipeline direkt in den Ärmelkanal. Greenpeace hat in den letzten Jahren wiederholt nachgewiesen, dass die Atomfabrik La Hague selbst gegen französische Umweltauflagen verstößt, die im Vergleich zu Deutschland viel laxer sind. Bürger: «Mit jedem Gramm Atommüll, das Deutschland in Richtung La Hague verlässt, wird die Umwelt ein Stück stärker radioaktiv verseucht.» Atomtransporte nach La Hague verstoßen eindeutig gegen geltendes Recht. Das deutsche Atomgesetz schreibt die schadlose Verwertung von Atommüll vor. SPD und Grüne selbst hatten bereits 1991 in mehreren Gutachten bewiesen, dass die Wiederaufarbeitung keine schadlose Verwertung ist. In einer damaligen Presseerklärung bestätigten die Umweltminister aus Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hessen sogar, dass eine Anlage wie in La Hague aufgrund der Menge der radioaktiven Ableitungen in Deutschland nie genehmigt würde. Die deutschen Stromkonzerne sind die größten ausländischen Kunden in La Hague. Seit Anfang der 70er Jahre lieferten die Stromfirmen mit rund 4.500 Tonnen, 60% des deutschen Atommülls, nach Frankreich.