Zürich, 25. April 2011. Am 25. Jahrestag des Super-Gaus in Tschernobyl blickt die Welt zurück auf drei Atom-Unfälle von katastrophalem Ausmass: Majak, Tschernobyl, Fukushima. Sie ereigneten sich alle innerhalb nur eines halben Jahrhunderts und hinterliessen verstrahltes Land und Leid für hunderttausende von Menschen. Greenpeace Schweiz fordert den Rückzug aus der für den Menschen unbeherrscharen Atomtechnologie und eine konsequente Förderung von Strom aus erneuerbaren Energien und Stromeffizienz.

Am frühen Morgen des 26. April 1986 explodierte Reaktor Nr. 4 des Atomkraftwerks von Tschernobyl. Es gelangte einige hundert Mal so viel Radioaktivität in die Atmosphäre wie durch die Atombomben von Nagasaki und Hiroshima. Bis zu 150’000 Quadratkilometer Land in Weissrussland, Russland und der Ukraine wurden so stark verstrahlt, dass weite Teile der Bevölkerung evakuiert werden mussten.

Der Ausgang der am 11. März dieses Jahres durch ein Erdbeben ausgelösten Havarie im japanischen AKW Fukushima/Daichi ist noch immer ungewiss. Sicher ist, dass durch den Unfall bereits so viel Radioaktivität freigesetzt wurde, dass er wie Tschernobyl auf Stufe 7 der internationalen Bewertungsskala für nukIeare Ereignisse (INES) gesetzt wurde. Die aus der 20-Kilometer Sperrzone rund um das AKW evakuierten 80’000 Menschen werden nicht in ihre Heimat zurückkehren können, die Auswirkungen auf die Nahrungsmittel und das Ökosystem sind noch nicht absehbar.

Die älteste, drittschwerste Atom-Katastrophe ereignete sich am 29. September 1957, als in der Wiederaufbereitungsanlage in Majak ein Tank mit 80 Tonnen Atommüll in die Luft flog. 23’000 Quadratkilometer Land und damit ein Gebiet, in dem zu jenem Zeitpunkt 272’000 Menschen lebten, wurden kontaminiert. Die betroffene Region gilt bis heute als eines der verstrahltesten Gebiete der Welt, es sind dort höhere Werte nachweisbar als später in der Tschernobyl-Kernzone.

«Die erschütternde Gemeinsamkeit dieser drei Katastrophen ist, dass sie für die betroffenen Menschen nie wirklich vorbei sind», sagt Stefan Füglister, Atomexperte für Greenpeace. «Wie die Geschichte der Atomkatastrophen zeigt, müssen die ansässigen Menschen mit Spätfolgen leben.» Die Lebensbedingungen im vom Super-Gau von Tschernobyl direkt betroffenen Gebiet, wo über fünf Millionen Menschen leben, sind auch heute noch schlecht. Eine aktuelle Untersuchung von Greenpeace zeigt, dass in gewissen Gebieten Grundnahrungsmittel der lokalen Bevölkerung weiterhin zum Teil über die Grenzwerte hinaus verstrahlt sind. Nach wie vor steigt die Zahl der Schilddrüsenkrebse bei Kindern, von den Liquidatoren gelten 80 Prozent als krank.

Drei Katastrophen innerhalb nur eines halben Jahrhunderts sind Beleg genug, dass die Atomtechnologie zur Stromgewinnung aufgegeben werden muss. Greenpeace fordert jetzt rasches Handeln: Das zu den ältesten Atomkraftwerken der Welt gehörende Atomkraftwerk Mühleberg muss umgehend ausser Betrieb genommen werden. Die Rahmenbewilligungsgesuche für neue AKW sind definitiv zurückzuziehen, in der Sondersession zur Schweizer Energiepolitik muss das Parlament den Weg bereiten für den Rückzug aus der Atomkraft und die Förderung von erneuerbaren Energien und Stromeffizienz.

Kontakt: Stefan Füglister, Atomexperte für Greenpeace Schweiz, 079 773 19 31