Axpo hat heute über angebliche Fortschritte bei den Untersuchungen am Reaktordruckbehälter von Block 1 des Atomkraftwerkes Beznau berichtet. Laut Greenpeace Schweiz bestehen aber weiterhin grosse Fragezeichen und Unsicherheiten zum Zustand des ältesten AKW der Welt, das bereits seit 18 Monaten still steht.

«Es sind nicht nur einzelne Materialeigenschaften massgebend: Mitentscheidend ist, ob die Integrität des Behälters als Ganzes gewährleistet ist», kommentiert Stefan Füglister, Atomexperte für Greenpeace Schweiz. Laut Füglister müsse hinterfragt werden, dass die sogenannte Replika eine repräsentative und solide Grundlage für den Sicherheitsnachweis darstellt: Man könne nur schwerlich simulieren, ob die Versprödung des Materials, die thermische Belastung während 47 Betriebsjahren, sowie die durch Spannungen und Schwingungen erzeugte Schwächung in Kombination mit den gefunden Einschlüssen eine optimistische Beurteilung zulässt. «Beznau und sein geschwächter Druckbehälter stellen ein Unikat dar», betont Füglister. «Das Entscheidende: Es fehlt jeglicher Erfahrungsschatz oder ein Vergleich mit andern Werken, den man hier beiziehen könnte». 

Der Stahl des Reaktordruckgefässes von Beznau 1 wurde schon früh als nicht optimal eingestuft und Ende der 1960er-Jahre durch qualitativ bessere Stahl-Legierungen abgelöst. Bereits für Beznau 2 wurde ein qualitativ besserer Stahl eingesetzt. «Die Sicherheitsmarge ist im Falle von Beznau 1 sehr gering, die Versprödung des Stahls durch Neutronenbestrahlung weit fortgeschritten», so Füglister: «Aus diesem Grund ist das heutige Zwischenergebnis nur ein erster Schritt und sicher kein Fortschritt, denn es bedarf noch weiterer, umfangreicher Abklärungen».

Öffentliches Hearing nötiger denn je

Problematisch dabei, dass die Betreiberin Axpo in der Beurteilung der Sachlage Partei ist. Sie hat ein – für Greenpeace Schweiz zwar nicht nachvollziehbares Interesse – Reaktor 1 trotz schlechtem Marktumfeld weiter zu betreiben, obwohl er bereits seit 18 Monaten keinen Strom mehr produziert. Greenpeace hat die selektive Informationspolitik der Axpo mehrmals kritisiert und insbesondere die Tatsache, dass wichtige Dokumente nicht vollständig überprüft werden können. Die Einbahnkommunikation der Axpo mittels Medienkonferenzen erlaubt keine fundierte Auseinandersetzung auf höherem technischen Niveau.

Deshalb hält Greenpeace Schweiz an einem öffentlichen Hearing mit atomkritischen Experten fest. Denn letztlich kann der Entscheid, ob Beznau den Betrieb wieder aufnimmt, nicht in der Hand einiger weniger Spezialisten sein, sondern bedarf der politischen Klärung. «Es geht um die Risiken, welche die Gesellschaft bereit ist einzugehen: Dazu genügen Verkaufsgespräche nicht», sagt Füglister.

 

Für weitere Informationen:

Stefan Füglister, Atomexperte für Greenpeace Schweiz, 079 773 19 31

Marco Fähndrich, Medienbeauftragter Greenpeace Schweiz, 079 374 59 73