Greenpeace will Atomtransporte aus dem Atomkraftwerk Neckarwestheim zur englischen Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield mit rechtlichen Mitteln verhindern. Gemeinsam mit Anwohnern der möglichen Transportstrecke legte die Umweltorganisation heute beim zuständigen Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) in Salzgitter Widerspruch gegen die bestehende Transportgenehmigung ein. Greenpeace begründet diesen Schritt mit den schweren Umweltbelastungen, die von der Atomanlage an der nordenglischen Küste ausgehen.

Hamburg. Am 22. Januar hatte das BfS drei Transporte abgebrannter Brennelemente aus Neckarwestheim nach Sellafield genehmigt, die möglicherweise schon bald als erste Atomtransporte seit dem Transportstopp von 1998 durch Deutschland rollen werden. Bereits 1998 hatte Greenpeace mit eigenen Messungen belegt, dass die Umgebung um die Atomanlage Sellafield genauso radioaktiv verstrahlt ist wie die Sperrzone um den Katastrophenreaktor von Tschernobyl. Die Umweltverseuchung in Sellafield widerspricht den europäischen Strahlenschutz-Anforderungen (Euratom- Richtlinie) und ist rechtswidrig. «Für die deutschen Stromkonzerne ist Sellafield nichts anderes als eine billige Müllkippe für Strahlenabfälle,» sagt Greenpeace-Energieexperte Veit Bürger. «Es ist eine der schmutzigsten und gefährlichsten Atomanlagen in ganz Europa. Durch die radioaktive Verseuchung der Umgebung kommen nachweislich Menschen zu Schaden. Atomtransporte nach Sellafield sind ein klarer Verstoss gegen europäisches Recht.» Die geplanten Transporte nach Sellafield haben nach dem in der letzten Woche bekanntgewordenen erneuten Störfall in der Atom-Anlage eine besondere Brisanz. In mehreren Behältern mit flüssigen, hoch radioaktiven Abfällen war wegen eines Lüftungsdefekts die Konzentration explosiver Gase angestiegen. Die Arbeiter reagierten erst zwei Stunden nach dem ersten Alarmsignal. Die Wiederaufarbeitungsanlage musste als Folge des Störfalls abgeschaltet werden. «Die Skandalchronik von Sellafield zeigt, dass dort Leute am Werk sind, die leichtfertig die Gesundheit von Menschen aufs Spiel setzen,» erklärt Bürger. «Wer mit dieser Firma weiter Geschäfte macht, wird zum Mittäter.» Erst vor einem Jahr war bekannt geworden, dass BNFL, die englische Betreiberfirma der Atomanlage Sellafield, vorsätzlich die Sicherheitspapiere von Brennelementen für Atomkraftwerke in Japan und Deutschland gefälscht hatte. Bereits im vergangenen Jahr hatte Greenpeace auch gegen Lieferungen von Atommüll in die französische Wiederaufarbeitungsanlage La Hague Widerspruch eingelegt. Eine endgültige Gerichtsentscheidung steht noch aus.