Im Rahmen der Abstimmung zur Initiative «für den geordneten Ausstieg aus der Atomenergie» vom 27. November 2016 werden auch deren Auswirkungen auf die Klimaerwärmung diskutiert. Die Klima-Allianz Schweiz nimmt dazu wie folgt Stellung:

Effektiver Klimaschutz erfordert einen Gesamtumbau des Energiesystems
Die Klima-Allianz setzt sich für eine 100% erneuerbare Energie-Versorgung und einen sparsameren Energieverbrauch ein (Klima-Masterplan 2016). Die nukleare Stromproduktion ist keine Zukunftsoption, sie führt zu ähnlichen Problemen wie die Nutzung fossiler Energien:

  • Mangelnde Berücksichtigung von Risiken und Kosten: nicht versicherbares Katastrophen-Risiko, Endlagerungsproblematik
  • Falsche Hoffnungen: Seit Jahrzehnten werden “Lösungen” versprochen, die weder technisch noch wirtschaftlich bereit sind (safe nuclear, carbon capture and storage).
  • Unterschätzung der Alternativen: Die Möglichkeiten der erneuerbaren Energien, der Energieeffizienz sowie der Speicher werden systematisch unterschätzt. Die Annahme, dass es in Zukunft weiterhin entweder Nuklear- oder Fossil-Kraftwerke braucht, ist durch unzählige Energieszenarien (z.B. ETH, SWISSGRID, VSE, Greenpeace) widerlegt.
  • Grosse Umweltschäden: Atomstrom hat im Vergleich mit fossilen Energien eine bessere CO2-Bilanz, belastet die Umwelt aber stark (Umweltbelastungspunkte).

Schweizer Atomausstieg: für CO₂-Bilanz nicht relevant
Schon heute beträgt die CO₂-Belastung des in der Schweiz verbrauchten Stroms mehrere Millionen Tonnen pro Jahr und hat wenig mit der Schweizer Stromproduktion zu tun. Sie ist durch ausländische Fossil-Kraftwerken geprägt. Der Grund: Die Versorger verkaufen die saubere Schweizer Wasserkraft ins Ausland und beschaffen stattdessen Fossil-Strom auf dem europäischen Markt. Die Klima-Allianz fordert hier Gegensteuer und unterstützt die Einführung einer Dreckstrom-Abgabe auf Strom. Wer nicht auf die Politik warten will, kann unabhängig davon über Herkunftsnachweise sicherstellen, dass Importe durch eine saubere Produktion gedeckt werden. Einige Energieversorger – etwa in Basel, Zürich und Genf – machen das schon und investieren überdies in riesige erneuerbare Kapazitäten im In- und Ausland. Fazit: Wir können die Klimabelastung des importierten Stroms unabhängig vom Atomausstieg reduzieren.  

Unbegrenzte Laufzeiten stehen der Energiewende im Weg
Das vielleicht grösste Manko der bisherigen Energiewende ist die fehlende Abschaltung «konven­tioneller» Kraftwerke trotz des signifikanten Wachstums der erneuerbaren Kapazitäten. Das hat zu einem Überangebot an Strom, zu einer unnötigen CO₂-Belastung und zu einem Zusammenbruch der Strompreise geführt. Tiefe Strompreise wiederum reduzieren die Wirtschaftlichkeit von Effizienz-Massnahmen, sie schaden der einheimischen Wasserkraft und verteuern die Förderung der erneuer­baren Energien. Die geordnete Abschaltung der Schweizer Atomkraftwerke hilft, diesen Trend zu durchbrechen. Durch den unbefristeten Weiterbetrieb der Atomkraftwerke droht hingegen eine weitere Aufschiebung des dringend nötigen Komplett-Umbaus der Energieversorgung.

Sowohl Atom- als auch Kohlekraftwerke vertragen sich nicht mit einem hohen Anteil an neuen erneuerbaren Energien, weil sie deren fluktuierende Produktion nicht rasch genug ausgleichen können. Die Schweiz verfügt hingegen über eine Vielzahl äusserst flexibler Wasserkraftwerke, welche dafür sehr gut geeignet sind. Ihre Rolle würde bei einem geordneten Atomausstieg gestärkt.

Das Tempo der Stilllegung von fossilen Kraftwerken wird vor allem aufgrund des fehlenden politischen Willens und der fehlenden Kostenwahrheit für CO₂-Emissionen verlangsamt und nicht aus Gründen der Versorgungssicherheit. Mit der Umsetzung des Pariser Klimaschutz-Abkommens werden unsere Nachbarländer aus der Nutzung der fossilen Kraftwerke aussteigen müssen.   


Kontakt:

Georg Klingler, 079 785 07 38, Koordinator Klima-Allianz und Leiter Klima bei Greenpeace (Deutsch)

Christian Lüthi, 076 580 44 99, Geschäftsleiter Klima-Allianz (Deutsch und Französisch)


Die Klima-Allianz Schweiz umfasst 67 Organisationen aus den Bereichen Umwelt-, Entwicklungs- und Sozialpolitik sowie aus Politik und Kirchen. Zusammen setzen sie sich ein für eine gerechte, zukunftsfähige Klimapolitik der Schweiz.