Aus Protest gegen die Weigerung der internationalen Patent-Konferenz in München, über die Patentierung von Lebewesen zu beraten, hat Greenpeace heute morgen die Konferenz unterbrochen. 35 Aktivisten aus Deutschland, Österreich, Schweiz, Frankreich, Luxemburg, Italien und Schweden haben vor Konferenzbeginn die Eingänge des Europäischen Patentamtes (EPA) besetzt. Die Unterbrechung soll den Regierungen der beteiligten Länder Gelegenheit geben, sich aktiv in die Konferenz einzuschalten, um die Frage der Patentierung von Lebewesen und Genen zu klären.

Hamburg/München. «Die Beamten und Technokraten
versuchen, die Proteste auszusitzen», sagt Christoph Then,
Patent-Experte bei Greenpeace. «Das brennendste Thema wird beiseite
geschoben. Die Industrie kann ungestört mit den Delegierten
kungeln, während die Interessen der Öffentlichkeit ignoriert
werden.» Wie gross derzeit die Ablehnung von Patenten auf Leben
ist, zeigt eine aktuelle Umfrage, die Emnid im Auftrag von
Greenpeace in Deutschland durchgeführt hat. 84 Prozent der
Befragten halten es für falsch, dass Unternehmen und Institute
Patente auf Gene, Pflanzen, Tiere und Teile des menschlichen
Körpers erhalten. Die Befragten befürchten negative Auswirkungen
für Verbraucher und Landwirte (69 Prozent) sowie für Medizin und
Forschung (66 Prozent), wenn derartige Patente erteilt werden. 61
Prozent haben sich dafür ausgesprochen, dass die Politik solche
Patente verbieten soll. 20 Prozent erwarten von der Industrie, dass
sie freiwillig auf Patente auf Lebewesen und Gene verzichtet. Das
Ergebnis dieser Umfrage entspricht Erklärungen des Europarates, der
Kirchen, der Ärztekammern, Bauernverbände und verschiedener
europäischer Ethik-Kommissionen. Auch aus der Industrie und von
Wissenschaftlern kommen zunehmend besorgte Einschätzungen über
Blockaden ihrer Arbeit durch Patente auf Gene. Die Regierungen von
Italien, Belgien, Frankreich, Norwegen, Deutschland und den
Niederlanden haben sich gegen eine Ausweitung der Patentierung von
Lebewesen ausgesprochen. Überraschenderweise haben diese
Regierungen bisher nichts unternommen, um diese Positionen auf
Münchener Konferenz durchzusetzen. Greenpeace kritisiert
insbesondere die Haltung der deutschen Justizministerin
Däubler-Gmelin. Zwar zeigt das Justizministerium öffentlich
Verständnis für die Sorgen um Patente auf Leben und erklärt, sich
gegen Fehlentwicklungen einzusetzen. Aus einem Brief der Ministerin
an Greenpeace geht allerdings hervor, dass sie die Ausweitung der
Patentierung von Leben befürwortet. «Die Haltung der
Justizministerin ist irreführend. Sie gaukelt der Öffentlichkeit
vor, sich für eine Lösung der Probleme einzusetzen. Tatsächlich
unternimmt sie aber nichts, um die Auswüchse der Patentierung zu
verhindern.»