Das Europäische Patentamt in München (EPA) hat heute den bereits 1993 erhobenen Einspruch mehrerer Umweltverbände gegen ein Patent der Firma Aventis zurückgewiesen, das gentechnisch veränderte Pflanzensorten mit einer Resistenz gegen Unkrautvernichtungsmittel umfasst. Aventis beansprucht mit dem Patent EP 275957 «Pflanzen, deren Teile und Samen», also sowohl das Saatgut als auch die Verwertung der Ernte.

München. Das Patentamt begeht schamlosen Rechtsbruch, sagt Christoph Then, Greenpeace-Gentechnikexperte. Die Ablehnung der Einwendung erfolgte, obwohl das Europäische Patentübereinkommen (EPUe) Patente auf Pflanzensorten ausdrücklich verbietet. Ein rechtlicher Trick ermoeglicht dennoch die Patenterteilung auf Pflanzensorten, wenn sie mehr als eine spezielle Sorte umfassen. Der Verwaltungsrat des EPA hatte 1999 die für das Amt nicht verbindliche EU-Biopatentrichtlinie zu seiner neuen Rechtsgrundlage erklärt. «Durch die Ablehnung des Einspruchs sichern die Patenthüter dem Chemie-Giganten Aventis das Geschäft mit Saatgut und Herbizid im Doppelpack: Aventis verkauft Saatgut für Pflanzen, die nur bei Anwendung der eigenen Chemikalien gute Erträge bringen», so Then. Am Rande der Verhandlung warnte Prof. Johnson Ekpere aus Lagos/Nigeria eindringlich vor den Folgen der Patentierung von Pflanzen für die Entwicklungsländer. Ekpere, der die Organisation der Afrikanischen Einheit (OAU) in Patentrechtsfragen beraten hat, sagte: «Den Afrikanern droht der Ausverkauf ihrer biologischen Ressourcen durch die Industriestaaten. Das nenne ich Biopiraterie.» Weltweit gehoeren 97 Prozent aller Patente den Industrieländern. «Das Aventis-Patent ist ein Präzedenzfall. Wenn diese Praxis des Patentamtes nicht gestoppt wird, werden wir bald überall amerikanische Verhältnisse haben: Da müssen die Landwirte vor der Aussaat erst einen Lizenzvertrag mit dem Patentinhaber unterschreiben. Die mittelständischen Pflanzenzüchter wurden komplett verdrängt», sagt Then. «Europa hat eine Schlüsselrolle bei der Patentierung von Lebewesen. Wenn hier die Grenzen der Patentierung fallen, zieht das einen weltweiten Dammbruch nach sich.» Da auch die Interessen von Europas Landwirten und Verbraucher auf dem Spiel stehen, fordert Greenpeace, dass die EU-Patentrichtlinie vor ihrer Umsetzung in nationales Recht so überarbeitet wird, dass sie die Patentierung von Pflanzen und Tieren ausschliesst. Schon am Donnerstag gehen die Anhoerungen über Patente auf Pflanzen weiter: Das EPA verhandelt oeffentlich ueber Einwendungen gegen das 1995 erteilte Patent auf die bekannte Anti-Matsch-Tomate «Flavr Savr» der inzwischen vom US-Agrarkonzern Monsanto aufgekauften Firma Calgene. Das Patent EP 240208 umfasst nicht nur Tomaten, sondern zahlreiche andere Pflanzen wie Weizen, Orangen, Möhren, Kartoffeln, Tabak und Waldbäume.