Was kostet uns der Einsatz von Pestiziden? Dieser Frage gingen Greenpeace, Pro Natura, SVS/BirdLife Schweiz und der WWF nach und liessen die finanziellen Nebenwirkungen des Schweizer Pestizideinsatzes berechnen. Das Ergebnis: Der Gifteinsatz kostet die Schweizerinnen und Schweizer jährlich 50 bis 100 Millionen Franken. Mit einer Pestizidabgabe sollen die Verursacher der Umweltschäden deshalb künftig zur Kasse gebeten werden. Ausserdem fordern die Umweltverbände einen Plan zur Reduktion des Pestizideinsatzes in der Schweiz.

Das Forschungs- und Beratungsinstitut Infras hat im Auftrag der Umweltorganisationen Greenpeace, Pro Natura, SVS/BirdLife Schweiz und WWF die externen Kosten des Schweizer Pestizideinsatzes in einer Pilotstudie errechnet. Dabei wurden Kosten von Gesundheits- und Umweltschäden sowie des Regulierungsaufwands bewertet. Das Resultat: In drei verschiedenen Berechnungsansätzen ergaben sich jährliche Kosten für die Allgemeinheit zwischen 50 und 100 Millionen Franken.

Da sich Faktoren wie der Verlust der Artenvielfalt im Kulturland aufgrund der mangelhaften Datenlage vorerst nicht beziffern liessen, handelt es sich bei der Studie um eine sehr vorsichtige Verortung der Kosten. Der Pestizideinsatz kommt der Schweiz in Realität also noch viel teurer zu stehen. Bei Gesamtaufwendungen der Landwirtschaft von 124 Mio. Fr. pro Jahr für Pestizide bedeutet das: Für jeden Franken, der für Pestizide ausgegeben wird, legt die Schweizer Bevölkerung 80 Rappen dazu.

Unerwünschte Nebenwirkungen

In den letzten fünf Jahren wurden in der Schweiz durchschnittlich 2‘180 Tonnen Pestizide pro Jahr verkauft. Einmal auf dem Feld finden die giftigen Chemikalien über die Lebensmittel auf unsere Teller und verschmutzen die Umwelt. Das belegt auch die kürzlich publizierte Studie der eidgenössischen Anstalt für Wasserversorgung, Abwasserreinigung und Gewässerschutz (EAWAG), die Giftcocktails aus bis zu 40 verschiedenen Pestiziden in den Bächen und Flüssen des Mittellands nachgewiesen hat. Die Infras-Studie zeigt, dass Pestizidnebenwirkungen nicht nur die Landwirtschaft selbst betreffen, sondern die gesamte Schweizer Bevölkerung – und zwar auch finanziell.

Klassisches Marktversagen, Pestizidabgabe gefordert

Beim Einsatz von Pestiziden in der Schweiz werden die Umwelt- und Gesundheitskosten von der Allgemeinheit getragen. «Aus ökonomischer Sicht handelt es sich dabei um ein klassisches Marktversagen», sagt WWF-Expertin Daniela Hoffmann. «Während die Verursachenden die Umweltressourcen kostenlos nutzen und schädigen, fallen die langfristigen Kosten bei der Schweizer Bevölkerung an.»

Um dieses Marktversagen zu beheben, muss der Bund für Kostenwahrheit und Pestizidreduktion sorgen. Die Umweltverbände fordern deswegen eine Abgabe auf Pestizide in der Schweiz. «In Dänemark und Norwegen werden bereits seit Jahren erfolgreich Lenkungsabgaben auf Pestizide erhoben. Die höheren Preise reduzieren den Einsatz», sagt Daniela Hoffmann.

Weniger Pestizide in der Schweiz: Der Plan der Umweltverbände

Bereits im November 2013 legten Greenpeace, Pro Natura, SVS/BirdLife Schweiz und der WWF dem Bundesrat eine Anleitung zur Pestizidreduktion vor:

  • Nationaler Pestizidreduktionsplan mit ambitionierten und messbaren Reduktionszielen
  • Verbot besonders umwelt- und gesundheitsgefährdender Pestizide
  • Offenlegung der Beurteilung von Pestiziden, aufgrund derer der Bund eine Pestizidzulassung erteilt
  • Offenlegung der Pestizidbelastung der Bevölkerung und der Umwelt
  • Erforschen und Vorantreiben alternativer Pflanzenschutzmethoden
  • Umfassende und unabhängige Pflanzenschutzinformation und -beratung für Landwirtinnen und Landwirte
  • Schaffung von Anreizen für Systeme und Techniken zur Pestizidreduktion
  • Verbot konventioneller Pestizide für den Privatgebrauch
  • Beteiligung am Pestizidreduktionsplan verschiedenster Verwaltungseinheiten und zivilgesellschaftlicher Organe. 

Weitere Informationen:

Die Studie der INFRAS und die Zusammenfassung der Studie.

Den detaillierten Forderungskatalog «Anleitung zur Pestizidreduktion», den die Umweltorganisationen dem Bundesrat Ende 2013 vorlegten, finden Sie hier

 

Kontakt:

Marianne Künzle, Landwirtschafts-Kampagne, Greenpeace, 079 410 76 48,

Marcel Liner, Projektleiter Landwirtschaftspolitik, Pro Natura, 061 317 92 40,

Pascal König, Projektleiter Landwirtschaft, SVS/BirdLife Schweiz, 044 457 70 26,

Dr. Daniela Hoffmann, Projektleiterin Landwirtschaft und Biodiversität, WWF Schweiz, 076 552 18 01,