Die beiden wohl prominentesten russischen UmweltschützerInnen Nathalie Mironova und Aleksandr Nikitin richteten heute morgen an einer Pressekonferenz in Bern einen flammenden Appell an die Schweiz. Sie fordern den Bundesrat auf, klar Stellung zu nehmen gegen den Export von Schweizer Atommüll nach Russland. Nikitin: «Russland hat genug eigene ökologische Probleme – die Schweiz muss uns nicht noch jene aufbürden, die sie selbst nicht lösen kann.»

Bern. Die renommierte Nuklear-Expertin Nathalie Mironova sagte heute morgen an der von Greenpeace organisierten Pressekonferenz: «Wenn ein Staat technologische Errungenschaften benutzt, muss er auch die Verantwortung für die Nachteile übernehmen.» Worum geht es? Vor beinahe zwei Jahren machte Greenpeace eine geheime Absichtserklärung zwischen dem russischen Atomenergieministerium (Minatom) und den Schweizer AKW-Betreibern publik. Beide Seiten hatten vereinbart, abgebrannte Brennelemente aus der Schweiz zur Wiederaufarbeitung, Zwischen- und Endlagerung nach Russland zu verfrachten. Damals hatten die AKW-Betreiber beteuert, es sei alles völlig unverbindlich und die Politik meinte schlicht: «kein Handlungsbedarf». Hinter den Kulissen jedoch werden die Atompläne vorangetrieben: In Russland forciert Minatom die Aufhebung des Importverbots für ausländischen Atommüll, in der Schweiz lobbyiert die Atomindustrie für uneingeschränkte Exportmöglichkeiten der Abfälle. Und: Die Schweizer interessieren sich offen für Leasing russischer Brennelemente (inkl. anschliessende Lagerung der hochaktiven Abfälle in Russland). Doch jetzt ist Sand ins Getriebe der schweizerisch-russischen Pläne gekommen. 2,5 Millionen RussInnen unterzeichneten diesen Herbst ein Referendum – sie protestieren dagegen, dass das Verbot von Atommüllimporten nach Russland aufgehoben werden soll. Mironova arbeitet in der Nähe des grössten Atomkomplexes der Welt. Sie erzählt: «Die Leute dort kennen die Gefahren, sie kennen das Leid und die Verzweiflung, welche die radioaktive Verseuchung verursacht. Deshalb haben sie das Referendum unterschrieben.» Und Alexander Nikitin, der die katastrophale Umweltverseuchung durch Atom-U-Boote aufgedeckt hatte: «Die Sicherheit ist bei einem solchen Projekt nicht gewährleistet. Zudem sind die Verantwortlichen bei Behörden und Industrie nicht reif, ein solches Projekt politisch und technisch sauber abzuwickeln.»Die russischen UmweltschützerInnen wenden sich an die Schweiz, weil die Schweizer AKW-Industrie als Abnehmerin russischer Atom-Dienstleistungen stets an vorderster Stelle genannt wird und als erstes und bislang einziges westliches Land Interesse am russischen Leasing-Vorschlag bekundet. Sie fordern die Schweiz auf, die Verantwortung für den schweizerischen Atommüll selbst zu übernehmen und nicht nach Russland abzuschieben. Die Schweizer «Politik» hat das Heft aus der Hand gegeben und sich ins Abseits gestellt. Die verantwortlichen Behörden und der Bundesrat setzen sich mit ihrer passiven Haltung dem Vorwurf aus, die russischen Atom(-ausbau-)pläne ideell zu unterstützen.

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