Die Umweltorganisation Greenpeace und die entwicklungspolitische Arbeitsgemeinschaft der Hilfswerke haben gemeinsam den Bundesrat aufgefordert, sich am Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg für klare und verbindliche Beschlüsse einzusetzen. Es müsse alles daran gesetzt werden, dass «Johannesburg» nicht hinter «Rio» zurückfalle. Nötig sei ein griffiger Aktionsplan mit klaren und verbindlichen Zielen, Aufträgen und Terminen.

Der Plan müsse insbesondere ein globales
Förderprogramm für erneuerbare Energien und ein internationales
Umwelthaftungsrecht enthalten. Die Liberalisierungen im Welthandel
seien heute ein Haupthindernis für einen Kurswechsel; die
Handelsregeln müssten deshalb den Sozial- und Umweltabkommen
untergeordnet werden.

Dem Bundesrat warfen die beiden Organisationen
vor, er habe seine Hausaufgaben von Rio nicht gelöst. Die
innenpolitische Passivität stehe in eklatantem Widerspruch zum
durchaus fortschrittlichen Auftritt der Schweiz auf der
internationalen Bühne.

Der Erdgipfel von Rio habe gute Grundlagen
geschaffen, um einen Kurswechsel in Richtung nachhaltige
Entwicklung einzuleiten, erklärte Madeleine Bolliger von der
Arbeitsgemeinschaft Swissaid/Fastenopfer/Brot für
alle/Helvetas/Caritas vor den Medien. Doch seien diese Beschlüsse
kaum umgesetzt worden. Im Jahrzehnt seit Rio sei vielmehr eine
Politik der permanenten Liberalisierung und wirtschaftlichen
Globalisierung voran getrieben worden. Diese habe die Armut und die
Ausbeutung der natürlichen Ressourcen verschärft und der ganzen
Welt ein Entwicklungsmuster aufgezwungen, das «Rio» als «nicht
nachhaltig» bezeichnet hatte. Im Hinblick auf Johannesburg
kritisierte Bolliger die Absicht vieler Staaten, statt auf
verbindliche Aufträge an die Regierungen auf freiwillige
Partnerschaftsinitiativen zu setzen.

Heini Glauser, Stiftungsratspräsident von
Greenpeace Schweiz, verwies auf das Problem Energie als
Schlüsselelement einer nachhaltigen Entwicklung. Im krassen
Gegensatz zu den hehren Zielen sei die Zeit seit Rio von einem noch
nie da gewesenen Ressourcen-verbrauch gekennzeichnet. In den zehn
Jahren 1992-2001 sei ein Viertel des gesamten CO2 emittiert worden,
das durch Energienutzung in den letzten 200 Jahren erzeugt wurde.
In Johannesburg seien nicht weitere schöne Worte gefragt, sondern
konkrete Vereinbarungen: zur Umsetzung des Kyoto-Protokolls und für
ein Aktionsprogramm «Erneuerbare Energien». Die 2 Milliarden
Menschen, die heute keinen Zugang zu Elektrizität haben, sollen
damit ihre Energie-Grundbedürfnisse, wie z.B. Licht und
Wasserpumpen, decken können. Greenpeace-Vertreterin Alexandra
Capeder rief die Schweizer Delegation auf, sich in Johannesburg
hartnäckig für ein globales Haftungsrecht bei Umweltschäden
einzusetzen. In Rio hätte sich die Staatschefs für das konsequente
Verursacherprinzip ausgesprochen; passiert sei wenig. Capeder
verwies auf eine Greenpeace-Studie, die belegt, dass Konzerne
selbst bei schwersten Umweltverbrechen zu oft straffrei davon
kommen. Als Beispiel nannte sie die Bhopal-Katastrophe: Die
verantwortliche Dow Chemical weigert sich bis heute, auf die Klagen
der Opfer einzugehen.

Kritik am Bundesrat

Nicht nur im Ausland, auch in der Schweiz sei die Umsetzung der
Rio-Beschlüsse ungenügend, kritisierte Rosmarie Bär von der
Arbeitsgemeinschaft der Hilfswerke. Sie warf dem Bundesrat vor, er
habe die in Rio gefassten Hausaufgaben nicht erfüllt: «Die Schweiz
ist weit von einer nachhaltigen Entwicklung entfernt.» Zwischen dem
fortschrittlichen Auftreten der Schweiz auf dem internationalen
Parkett und ihren innenpolitischen Taten klaffe ein grosser
Widerspruch. So nehme sie etwa beim Uno-Jahr der Berge
international eine Führungsrolle ein, habe es aber bisher versäumt,
die Protokolle der Alpenkonvention zu ratifizieren. Bär forderte
den Bundesrat auf, das Dossier «nachhaltige Entwicklung» endlich
zur Chefsache zu erklären und eine dafür verantwortliche
verwaltungsunabhängige Delegierte bzw. einen Delegierten zu
ernennen. Rosmarie Bär ist als Hilfswerksvertreterin Mitglied der
offiziellen Schweizer Delegation in Johannesburg.

Kontakt:

Arbeitsgemeinschaft Swissaid/Fastenopfer/Brot für
alle/Helvetas/Caritas:

Rosmarie Bär Tel. 031/390 93 32 oder 079 203 50 62

Greenpeace Schweiz:

Wangpo Tethong, Tel. 01/447 41 54 oder 078 744 30 10