Die Umgebung der britischen Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield ist ähnlich stark radioaktiv verseucht wie die Umgebung des ukrainischen Unglücksreaktors Tschernobyl. Das ergaben Greenpeace-Analysen von Bodenproben aus beiden Regionen.

Bonn. Greenpeace hatte in den zurückliegenden Wochen die derzeitigen radioaktiven Belastungen in der Region um den Atomreaktor Tschernobyl untersucht. Ein Vergleich mit Belastungen in der Umgebung der britischen Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield ergab ein erschreckendes Ergebnis: Zum Teil sind die Strahlenwerte in Sellafield noch höher als um Tschernobyl. Beträgt beispielsweise die Belastung einer Bodenprobe mit dem radioaktiven Isotop Americium-241 achthundert Meter vom Unglücksreaktor Tschernobyl entfernt heute noch immer rund 1300 Becquerel pro Kilogramm, liegt sie in Bodenproben elf Kilometer von der Atomanlage Sellafield sogar bei bis zu 30000 Becquerel. Die Analysen der Universität Bremen im Auftrag von Greenpeace ergaben in elf Kilometer Entfernung von der britischen Wiederaufarbeitungsanlage ausserdem Cobalt-60-Werte von bis zu 40 Becquerel pro Kilogramm sowie Caesium-137-Belastungen bis zu 9400 Becquerel pro Kilogramm. Elf Kilometer vom Tschernobyl-Reaktor entfernt wurden hingegen weniger als 10 Becquerel Cobalt-60 sowie rund 7400 Becquerel Caesium-137 pro Kilogramm gemessen. Greenpeace-Sprecher Dr. Christian Bussau: «Sellafield ist ein schleichendes Tschernobyl. Meer, Strand, Ackerboden, Tiere und Lebensmittel sind stark radioaktiv belastet, Leukämien bei Kindern und Jugendlichen in der Umgebung sind die Folge. Was die Atomindustrie im Falle Sellafield als angeblich schadlose Verwertung verharmlost, führte im Umkreis von Tschernobyl zur Evakuierung zigtausender Menschen. Die Wiederaufarbeitung verstösst eindeutig gegen das deutsche Atomgesetz und muss deshalb verboten werden.» Bereits 1997 hatte Greenpeace eine umfangreiche Dokumentation der radioaktiven Verseuchungen um die Wiederaufarbeitungsanlage La Hague durchgeführt. Rund 60 Prozent der abgebrannten Brennelemente aus Deutschland gingen nach La Hague, 10 Prozent nach Sellafield. Der Rest befindet sich in den Abklingbecken der deutschen Atomkraftwerke und in den Zwischenlagern Gorleben und Ahaus. Greenpeace-Atomexperte Heinz Laing: «Auch durch deutschen Atommüll wurde die Region um die Plutoniumfabrik Sellafield ähnlich stark radioaktiv verstrahlt wie es heute um den Katastrophenraktor von Tschernobyl aussieht. Damit muss jetzt Schluss sein. Die Atomindustrie und die deutsche Regierung sind mitschuldig an dieser schleichenden Katastrophe. Aus deutschen Atomkraftwerken darf kein Gramm Atommüll mehr nach Sellafield oder nach La Hague geliefert werden. Das ist das Mindeste, was eine rot-grüne Koalition sofort beschliessen muss.» Anwohner der Wiederaufarbeitungsanlage Sellafield reichen heute Klage gegen das Bundesausfuhramt in Eschborn ein, das im Namen der Bundesregierung die Atommüll-Exporte ins Ausland genehmigt. Der Vorwurf der Kläger lautet, dass die Wiederaufarbeitung des deutschen Atommülls in Sellafield ihr Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit beeinträchtigt.

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