Das Ökosystem Meer droht zu kippen. Wenn die Menschen nicht aufhören, den faszinierenden Lebensraum mit ihren Abfällen zu verschmutzen, wird daraus bald eine trübe Kloake.


24. Juni, USA. Ölteppich in der Nähe der explodierten «Deepwater Horiozon» Ölplattform.

© Greenpeace / Daniel Beltra

Warum werden Wale oder Robben zu Sondermüll? Warum haben Inuitfrauen in der Arktis Rekordwerte an Dauergiften in der Muttermilch? Viele Alltagsprodukte wie Computer oder Autos enthalten Dauergifte, die ausgasen und schliesslich über dem Meer abregnen. Die langlebigen Dauergifte reichern sich über die Nahrungskette zuerst im Plankton an und kommen dann über den Fisch auf unserem Teller zu uns zurück. Besonders betroffen sind Wale, Eisbären und Robben.

Nicht nur an den Dauergifte zeigt sich, dass die Verschmutzung unserer Meere vor allem auch deshalb ein grosses Problem ist, weil sie nie lokal begrenzt bleibt: Alle Meere sind weltweit miteinander verbunden. Als 1992 ein schwerer Sturm vor Hongkong 29.000 Badetiere (Gummienten) von Bord eines Containerschiffes spülte, konnten Meeresforscher die «freundlichen Schwimmtiere» nach wenigen Monaten in Australien, Alaska, Chile und 2 Jahre später im Packeis des Nordpolarmeeres aufsammeln.

Leider schwimmt das meiste Plastik in unserem Meeren nicht in Form von relativ harmlosen gelben Quietsche-Enten umher. Jedes Jahr verenden allein über eine Million Seevögel und 100.000 Meeressäuger qualvoll durch den Plastikmüll, der in unseren Meeren treibt: Die Tiere ersticken in Sechserpackringen, strangulieren sich mit treibenden Netzresten oder verhungern, weil ihre Mägen mit Plastik gefüllt sind. Etwa 10.000 Millionen Tonnen langlebiges Plastik gelangen jährlich in die Meere. Laut einer Studie der Vereinten Nationen treiben bis zu 18.000 Plastikteile in jedem Quadratkilometer Weltozean. Jede PET-Flasche und jede Einwegwindel braucht 450 Jahre, bevor sie im Meer «verschwunden» ist. Im Nordostpazifik kreist ein Müllteppich von der Grösse Mitteleuropas aus drei Millionen Tonnen «Wegwerf-Kultur».


Müllstrudel

© Greenpeace / Ales Hofford

 

Die Flüsse tragen neben unserem Müll auch Düngemittel aus der Landwirtschaft und ungeklärte Abwässer in die Ozeane. Vielerorts kommt es durch diese «Überdüngung» der Meere vor allem im Sommer zur Massenvermehrung von Algen. Manche dieser Algenblüten rufen Hautreizungen und Vergiftungen hervor und vermiesen nicht nur am Mittelmeer etlichen Menschen ihren Urlaub.

Jahrzehntelang wurden die Ozeane sogar gezielt als Müllkippe missbraucht. Gegen die Versenkung von radioaktivem Müll oder die Verklappung von giftigem Klärschlamm in der Nordsee musste Greenpeace jahrelang ankämpfen – mit Erfolg. Aber noch immer wird die Verseuchung der Meere mit Schadstoffen leichtfertig in Kauf genommen. Am Beispiel der «Deepwater Horizon» wurde der ganzen Welt klar, das Ölbohrungen in der Tiefsee eine unkontrollierbare Risikotechnologie darstellen – mit gravierenden Folgen für Mensch und Natur. Dennoch wird weltweit weiter in der Tiefsee nach Öl gebohrt. Auch das strahlende Kühlwasser aus Fukushima wird sich – genau wie die Abwässer der Wiederaufarbeitungsanlagen im britischen Sellafield und im französischen La Hague – in den Meereslebewesen wiederfinden.