Atomkraftwerke werden von der Nuklearindustrie als wirtschaftlich angepriesen: Sie sollen günstigen Strom garantieren und Arbeitsplätze sichern. Doch das Gegenteil ist der Fall: Neue AKW schaden der Schweizer Wirtschaft – und sie verhindern erneuerbare Energien.

Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte zeigen: Atomkraft wird immer teurer, ganz im Gegensatz zu den erneuerbaren Energien.

Die Erklärung dafür ist einfach: Es fehlt schlicht an Erfahrung im Neubau von AKW und an den nötigen Ressourcen (Knowhow, Fachkräfte, Lieferanten usw.). Seit der Katastrophe in Tschernobyl befindet sich die Nuklearindustrie auf dem Abstieg, der Anteil Atomstrom an der globalen Stromproduktion wird immer kleiner. Die einzigen Länder, die heute in der Lage sind, neue AKW zu bauen, verfügen über keine freie Marktwirtschaft (China, Indien, Russland). Eine Reihe von unabhängigen Studien und Analysen bestätigen: Ohne staatliche Unterstützung kann kein Land Atomkraftwerke bauen.


Eine ewige Baustelle und ein finanzielles Debakel: Der Bau des Europäischen Druckwasserreaktors EPR in Olkiluoto, Finnland.

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29. März 2010: Greenpeace Aktivisten protestieren vor der AKW-Baustelle in Olkiluoto.

© Patrik Rastenberger / Greenpeace

Ruinöse AKW-Projekte in Frankreich und Finnland

Die weltweit einzigen AKW-Projekte in westlich orientierten Märkten – Flamanville in Frankreich und in Finnland – kämpfen mit explodierenden Kosten. In Finnland betragen die Kostenüberschreitungen 77 Prozent Sollte das neue AKW in Olkiluoto ursprünglich unter 5 Milliarden Schweizer Franken kosten, so beläuft sich der Aufwand heute auf mindestens 8 Milliarden. Aktuelle Offerten des französischen Anbieters AREVA für den Europäischen Druckwasserreaktor EPR – Topfavorit auch für neue Schweizer AKW – belaufen sich bereits auf über 10 Milliarden Schweizer Franken.

 

Mit Atomkraft wird der Strom knapp

Ein neues AKW wird in der Schweiz nicht vor 2030 den ersten Strom liefern. Gemäss den Stromversorgungsunternehmen gibt es in der Schweiz aber bereits 10 Jahre früher, nämlich etwa ab 2020 einen Stromengpass. Wie dieser 10 Jahre lang überbrückt werden soll ist offen, im schlimmsten Fall mit Gaskraftwerken, was den CO2-Ausstoss der Schweiz in die Höhe treiben und die Klimaschutz-Verpflichtungen unterlaufen würde.

Erneuerbare Energien hingegen haben massiv kürzere Planungs- und Bauzeiten als AKW. Nur sie können Mühleberg, Beznau 1 und 2 rechtzeitig ersetzen.

Es gibt kaum ein AKW, das rechtzeitig fertig gebaut wurde. Das gilt auch für die Anlage im finnischen Olkiluoto: Statt 2009 wird der Reaktor frühestens 2013, vermutlich aber noch viel später den ersten Strom liefern. Jetzt kämpft Finnland mit Stromknappheit, denn nach dem Entscheid, neue AKW zu bauen, sind die Investitionen in erneuerbare Energien völlig eingebrochen.

Milliardeninvestitionen fliessen ins Ausland

Kein Schweizer Unternehmen liefert Atomkraftwerke. Die entsprechenden Aufträge gingen an ausländische Grosskonzerne wie zum Beispiel AREVA (Frankreich). Von den rund 10 Milliarden Schweizer Franken je neues AKW würde deshalb ein Grossteil ins Ausland abfliessen.

Atomkraft bringt kaum neue Arbeitsplätze

Ein AKW beschäftigt wenige hundert Mitarbeiter. Der gesamte Beschäftigungseffekt für ein neues Mega-AKW wird von Wirtschaftsverbänden auf rund 1‘300 Personen geschätzt. Zwei neue AKW würden also 2‘600 Arbeitsplätze bringen. Indem mit dem Wegfall der alten Reaktoren auch Arbeitsplätze verloren gehen, sieht die Bilanz noch schlechter aus.

Atomkraft verhindert den Ausbau der erneuerbaren Energien

Bei Kosten von rund 20 Milliarden Schweizer Franken für zwei neue AKW bleibt schlicht nicht genügend Kapital übrig, um ernsthaft in erneuerbare Energien und Energieeffizienz investieren zu können. Diese würden in der Schweiz auf Jahrzehnte hinaus weiterhin ein Schattendasein führen. Durch die gewaltigen Mengen an neu produziertem Atomstrom würden auch sämtliche Anreize entfallen, mit Strom endlich clever und effizient umzugehen.