Das Camp

Freitag Nacht bin ich, ein indischer Campaigner sowie die indonesischen Kollegen endlich im inzwischen berüchtigten Camp in Riau angekommen. Seit letztem Montag waren wegen den repressiven Massnahmen der Polizei keine Ausländer mehr im Camp. Um nicht frühzeitig abgefangen zu werden, haben wir die letzten 2 Stunden Anfahrt im Dunkeln geplant. Rund 60 Leute – indonesische Greenpeace-Aktivisten und Einheimischen bereiteten uns einen herzlichen Empfang. Der heutige Tag war voll von Arbeit und Erlebnissen: Die Arbeit im Camp beginnt jeweils um 6 Uhr – dann geht’s los mit dem Bau des Damms in der Nähe des Camps. Ziel des Dammbaus ist es, den Grundwasserspiegel trotz des Entwässerungskanals wieder soweit zu heben, dass das abgeholzte Torfland dahinter wenigstens nicht austrocknet. So gelangt weniger von dem sehr säurehaltigen Torfwasser in die Gewässer. Als Folge des aus dem Gleichgewicht gebrachten Säure-Base-Gehalts des Wassers haben sich die lokalen Fischbestände an gewissen Orten bis zu 70 % vermindert, wie mir heute eine indonesischer Kollege mitteilte.

im Gespräch mit einer Familie aus Telu Meranti
im Gespräch mit einer Familie aus Telu Meranti

Bei der Umwandlung von Torf- und Regenwälder in Plantagenland für Palmöl- und Papierproduktion entstehen ungeheuren Mengen an CO2-Emissionen.  Ganz zu schweigen vom Biodiversitäts-Verlust! Ein ganz zentraler Aspekt sind die Rechte und Zukunft der lokalen Bevölkerung. Ich hatte die Gelegenheit, eine Familie in ihrer Zweithütte mitten im Sumpfwald zu besuchen. Diese Familie lebt von Landwirtschaft, Fischerei und allerlei «Produkten» aus den Wäldern. Ein sehr interessantes Beispiel ist z.B. der Unterhalt eines Vogelturms, in dem bestimmte Vogelarten für die Brutzeit angelockt werden. Sobald die Jungen ausgeflogen sind, werden die Nester heruntergeholt und Herstellern von traditioneller chinesischen Medizin verkauft. Diese Familie kann aus ihren Erträgen rund um die Wälder leben und möchte um keinen Preis, dass diese für die Plantagenproduktion und kurzfristige Profite zerstört werden. Ihnen sind die Auswirkungen auf den lokalen Wasserhaushalt, aufs Klima und die Zukunft ihrer Kinder voll bewusst. Und dass die Abtretung ihres Landes an die Firmen nur einen kurzfristigen Ertrag generiert – und der kleine Lohn für Plantagenarbeit nichts aufzuwiegen vermag. Solche Gespräche geben einen echten Motivations-Schub: zu sehen für wen wir uns einsetzen –  nach dem Lesen von x Berichten. Ich werde an diese Familie denken, wenn ich wieder am Bürotisch sitze.

Eine indonesisch-englisch Stunde mit Teluk Meranti Kindern
Eine indonesisch-englisch Stunde mit Teluk Meranti Kindern

Der Rückhalt aus der Bevölkerung für das Camp hat sich auch eindrücklich an der Anzahl Besucher dieses Wochenende gezeigt. Am Samstagnachmittag kamen über 400 – darunter viele Kinder und Jugendliche. Sie veranstalteten zusammen mit dem «Public Outreach Campaigner» einen Pantun-Wettbewerb zu Thema Wald. Pantun ist eine wunderschöne lokale Tradition, Alltagsgegebenheiten in Gedichte umzuwandeln und sich gegenseitig vorzutragen. Ein Jammer, dass sich meine Indonesischkenntnisse bis jetzt auf «hoi-tschüss-wie-geht’s» etc. beschränken.

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