Jedes Jahr bedrohen landwirtschaftliche Brandrodungen Leib und Leben von Millionen und führen zu erheblichen Umweltschäden. Russlands Regierung setzt dem kaum etwas entgegen.

Alles um ihn herum ist schwarz und grau: Verkohlte Bäume, soweit das Auge reicht und Aschepartikel, die das Atmen trotz Schutzmaske erschweren. Stefan steht vor seinem ersten Grossbrand. Mit einer Gruppe Aktivisten von Greenpeace Russland ist er aufgebrochen, die verheerenden Waldbrände im Land zu bekämpfen. Mit 20-Liter Wasser-Säcken auf ihren Rücken kämpfen sie gegen die Flammen an. Sind sie geleert, heisst es rennen, auffüllen, und zurück zum Brandherd. «Es kommt mir vor, wie ein Armee-Training», meint der Umweltaktivist. Die Feuerwehr haben sie längst gerufen doch niemand kommt. Schliesslich schaffen es die Aktivisten nach stundenlangem Einsatz, den Brand alleine unter Kontrolle zu bringen.

Bewusst gelegte Feuer

Was Stefan hier erlebt, geschieht in Russland jedes Jahr: Grossflächige Brände zerstören die Natur und werden nicht selten zur Gefahr für Siedlungen und Anwohner. Dabei sind dies keine Zufallsbrände: Einerseits hat die starke Rodung der Wälder dazu geführt, dass auf riesigen Flächen nur noch leicht entzündbare Buschlandschaften existieren. Ein Funke kann genügen und die Buschfeuer breiten sich unkontrollierbar schnell aus.

Andererseits greifen Bauern in Russland im Frühling nach wie vor zu einer altbewährten Strategie, um die Reste ihrer Felder für die Saat oder für das Vieh bereit zu machen: Sie brennen die Grasreste nieder. 

Erhebliche Schäden

Diese Methode gilt nach wie vor als harmlos und nützlich, obwohl sie für einen Grossteil der Wald- und Torfbrände verantwortlich ist. Letztere sind besonders gefährlich, da sie neben Kohlendioxid auch hohe Mengen Kohlenmonoxid und Russpartikel freisetzen. Die Folge: Es kommt lokal zu bedenklich starkem Smog und damit zu Gesundheitsproblemen für Mensch und Tier (siehe Kasten 1). Zudem wird die Artenvielfalt in den Wäldern reduziert und die Böden sind weniger fruchtbar. Nicht zuletzt gehen Untersuchungen davon aus, dass die Brände erheblich zur globalen Erwärmung beitragen.

Russische Regierung schreitet nicht ein

Trotz der Schäden gibt es in Russland keine Regulierung der landwirtschaftlichen Grasbrände. Zwar sind sie in einzelnen Gebieten verboten, eine Kontrollbehörde wurde bisher aber nicht eingerichtet. Die Russische Regierung überlässt die Verantwortung den Pächtern und Förstern. Auch ein wirksames Konzept zur Brandeindämmung fehlt. 103.000 Siedlungen mit etwa 27 Millionen Einwohnern sind ausserhalb der Reichweite von Feuerwehren. So wundert es wenig, dass jedes Jahr einzelne Höfe oder gar ganze Dörfer den Flammen zum Opfer fallen.

Was Greenpeace leistet

Greenpeace Russland versucht nicht nur mit politischen Forderungen (siehe Kasten 2) etwas an dieser Situation zu ändern: Einerseits bekämpft die Organisation aktiv die Flammen, indem sie Löschtrupps in die betroffenen Gebiete schickt, die Bewohner in Brandbekämpfung schult und versucht die Bauern dazu zu bringen, auf Rodung durch Feuer zu verzichten. Andererseits unterstützt sie mit Projekten wie «Kids for Forests» die Wiederaufforstung einzelner Gebiete, die u.a. unter Mithilfe von lokal ansässigen Kindern, die neu gepflanzten Bäume auch schützen sollen.

Aber der Weg dahin ist noch lang: Stefan muss mit eigenen Augen mitansehen, wie für einen der aufgeforsteten Wälder jede Hilfe zu spät kommt. «Es hat die Atmosphäre eines Friedhofs. Hunderte von Bäumen haben sich in Rauch aufgelöst.» Zwar wird nur eine Woche später alles wieder neu bepflanzt, und manche Bäume haben gar überlebt. Aber Stefan ist sich bewusst: «Wir können nur hoffen, dass sie im nächsten Jahr nicht wieder brennen.»

Autor: Jvo Cukas

Was der Spiegel schreibt

Bei den Wald- und Torfbränden in Russland verbrennt organisches Material. Dabei werdenKohlendioxid (CO2) und das weitaus giftigere Kohlenmonoxid (CO) freigesetzt. Besonders gefährlich ist Kohlenmonoxid und kann im Extremfall zum Erstickungstod führen. Das Gas bindet sich dabei an die roten Blutkörperchen, welche eigentlich für den Transport von Sauerstoff zuständig sind. Bei der Vergiftung wird also CO statt Sauerstoff in die Organe transportiert und die Zellen ersticken. «Es ist, als wenn man sich bei laufendem Motor in einer geschlossenen Garage ins Auto setzt», sagt der deutsche Bundesfeuerwehrarzt Hans-Richard Paschen. Vergiftungen durch Rauchgas sind immer Mischvergiftungen, nahezu alle Todesfälle werden aber durch CO verursacht. In Russland kommen noch die starke Hitze und Rußpartikel hinzu. In der Lunge führen Rußpartikel zu einer chemischen Schädigung der Schleimhaut. Diese kann zwar wieder ausheilen, bei intensiverer Belastung aber auch das Lungengewebe verändern und verhärten. (Quelle: spiegel.de: http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,711289,00.html)


Was Greenpeace Russland verlangt:

Greenpeace Russland fordert auf politischer Ebene folgende Punkte umzusetzen, um die verheerenden Brände einzudämmen:

  1. Ein staatliches System und Organ einzurichten, welches die Brandrodungen in unbewaldeten Gebieten bekämpft und sich für die Umsetzung gesetzlicher Vorgaben verantwortlich zeichnet.

  2. Die staatlichen und regionalen Gesetzgebungen dahingehend zu ändern, dass die selbstgelegten Brände verboten werden und jeder Verantwortliche dafür haftbar gemacht wird, wenn er Brände legt oder sie nicht bekämpft.

  3. Alternativen zu den Brandrodungen durch andere landwirtschaftliche Technologien zu unterstützen und vorzugeben.

  4. Mit einer nationalen Aufklärungs-Kampagne die öffentliche Meinung zu ändern und aufzuzeigen, dass die Brandrodungen eine nutzlose, illegale und gefährliche Sache sind.