21 Greenpeace Aktivisten besetzten am 27. November in einer Kohlegrube bei Horní Jiřetín in Tschechien einen riesigen Kohlebagger. Die Bilder von der Aktion wirken gespenstisch. Neben dem riesigen Bagger scheinen unsere tschechischen Kollegen wie geschrumpft. Eine Aktivistin berichtet.

Von Lucie Jakešová, aufgezeichnet von Inga Laas.

«In meiner Heimat Tschechien wird fast die Hälfte des Energiebedarfs aus Kohle gedeckt. Anfang des Jahres hat Energieminister Kocourek angedroht, die 1991 festgesetzte Limite zur Kohleförderung aufzuheben, um noch mehr Kohle abbauen zu können. Dadurch sind nicht nur ganze Landschaften bedroht, sondern auch die Heimatorte vieler Menschen. So auch in Nordböhmen. Hier würden durch eine Erweiterung der Braunkohletagebauten die Orte Horní Jiřetín und Černice dem Erdboden gleich gemacht werden. Mehr als 2000 Menschen müssten ihre Heimat verlassen. Das Verbrennen dieser Kohle würde 1,3 Milliarden Tonnen CO2 mehr in der Atmosphäre bedeuten. Dagegen wollten wir ein Zeichen setzen.

Eisenmonster

Am Morgen des 27. November hatten wir Glück mit dem Wetter. Die Nacht war kalt und nass gewesen, aber es hatte nicht gefroren. Wir haben schon sehr früh am Morgen mit der Aktion begonnen. Noch vor dem ersten Tageslicht waren wir dort. Als es dämmerte, waren sechs unserer Aktivisten bereits auf den Bagger geklettert. Das Banner zu entrollen, war aber gar nicht so einfach: Die Motorschmiere der Maschine war rutschig und überall.

Wir wussten natürlich nicht, wie die Arbeiter an der Maschine reagieren würden. Wir hatten erwartet, dass sie eher sauer oder aggressiv werden. Aber es kam ganz anders! Wir sind in das Eisenmonster reingegangen und immer, wenn wir Arbeiter getroffen haben, haben wir ihnen hausgemachten Gugelhupf angeboten. Es klingt wirklich komisch, aber sie haben gelacht, den Kuchen angenommen und beobachtet, was wir machen. Die Kletterer konnten ohne Probleme bis zum Gipfel der Maschine hochsteigen. Das hatten wir überhaupt nicht erwartet und waren überrascht! Kletteraktion und Besetzung liefen also total friedlich.

Hat sich gelohnt!

Als die Polizei kam, wurden alle Aktivisten, Journalisten und Fotografen weggeschickt. Unser Campaigner hat dann einen anderen Ort gefunden, von wo aus man die Kletteraktion gut beobachten konnte. An der neuen Stelle haben wir keine Vorschriften missachtet, denn wir waren ja schon gar nicht mehr auf dem Gelände. Aber die Polizei war kompromisslos und hat uns alle unter Androhung einer Festnahme weggeschickt. Symbolisch hat unsere Aktion um 5 vor 12 geendet: Um unserem Regierungschef Nečas zu zeigen, dass es höchste Zeit ist, die Versprechungen zu halten und den Tagabbau von Braunkohle nicht zu erweitern.

Wir sechs Kletterer wurden festgenommen, und es erwartet uns eine Strafe.

Aber es ist nicht die erste, und gelohnt hat es sich allemal!»


Hintergrund: Falsche Energiewende

1991 führte Tschechien ein Limite für die Förderung von  Braunkohle in Nordböhmen ein. Zum Schutz und Erhalt der lokalen Landschaft. Es wurden Kohlelagerungsstätten ausgesucht, in welchen gefördert werden durfte und solche Gebiete bestimmt, die von den Kohleunternehmen nicht angetastet werden sollten. Eine erfreuliche Entwicklung im Sinne der Energiewende.

Nun aber hat Energieminister Kocourek anfang dieses Jahres angedroht, ebendiese alte Limite anzuheben, um mehr Kohle zu fördern. Sollte die Regierung Nečas die Förderungslimite zukünftig ignorieren, könnte der Ausbau der Kohlegruben Gemeinden wie Horní Jiřetín (Obergeorgenthal) vollständig vernichten. Bleibt zu hoffen, dass David den Kampf gegen Goliath gewinnt und Tschechiens Premier Neča sich gegen die Kohle und für eine neue Energiepolitik entscheidet.