Dienstag, 22. Januar 2013

Werbeparodie zum Gewinner des Public Eye Jury-Awards, die US-Bank Goldman Sachs. 24/01/13, ©The Public Eye Awards

Die Würfel sind gefallen: Die Schmähpreise der Public Eye Awards gehen dieses Jahr an die US-Bank Goldman Sachs und den niederländisch-britischen Ölkonzern Shell. In Sichtweite des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos haben Greenpeace Schweiz und die Erklärung von Bern (EvB) heute deren Profitgier und Umweltsünden gebrandmarkt. 

Goldman Sachs erhält den Jury-Award. Der US-Bankkonzern ist ein zentraler Akteur in der finanzgetriebenen Globalisierung, die die Profite von wenigen mit explodierender Ungleichheit und der Verarmung breiter Schichten bezahlt. Andreas Missbach, Finanzexperte der Erklärung von Bern sagt dazu: «Die Derivate-Deals von Goldman, die Griechenland in die Eurozone schummelten, verpfändeten die Zukunft der Griechinnen und Griechen. Zudem sind die Manager von Goldman Sachs Meister der Drehtür – durch den Wechsel in politische und öffentliche Ämter sichern sie der Bank die Geschäfte von morgen.» Michael Baumgartner, Jury-Vorsitzender der Public Eye Awards ergänzt: «Goldman Sachs ist nicht nur einer der Hauptgewinner der Finanzkrise. Die Bank ist darüber hinaus ein wichtiger Player im Rohstoff-Casino: Sie hat diese Märkte als neue Geldquelle erschlossen und destabilisiert die Rohstoffpreise. Wenn die Preise für Nahrungsmittel wie 2008 alle Rekorde brechen, werden Millionen Menschen in Hunger und Elend gestürzt.»

Der heutige Stargast der Preisverleihung, der renommierte Autor, Ökonom und Ex-Bankenregulator Professor William K. Black, sprach in Davos über die kriminelle Energie der Konzerne, die Oligarchie der Finanzindustrie und den Zustand der Demokratie. Zu Goldman Sachs sagt er: «Mir ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass Goldman Sachs nicht ein einzelner fauler Apfel an einem gesunden Baum ist, sondern exemplarisch für die Systemically Dangerous Institutions (SDIs) steht, also den Banken, die „too big to fail“ sind.»

Shell ist bei besonders kontroversen, risikoreichen und schmutzigen Ölförderprojekten immer mit dabei. So geht der von den Online-Usern mit dem Publikums-Schmähpreis bedachte vom Schweizer Peter Voser angeführte niederländisch-britische Konzern auch besonders aggressiv vor auf der hochriskanten Suche nach fossilen Brennstoffen in der sensiblen Arktis. Möglich wurde diese durch den von Shell mitverursachten Klimawandel bzw. das Schwinden der arktischen Eisdecke. Jedes arktische Offshore-Ölprojekt bedeutet neue CO2-Emissionen. Die Ölreserven der Arktis reichen für bloss drei Jahre. Dafür setzt Shell eines der letzten Naturparadiese der Erde aufs Spiel und gefährdet den Lebensraum von vier Millionen Menschen und einer einzigartigen Tierwelt. Der Konzern legte vor Ort in den letzten Monaten eine bedenkliche Pannenserie hin, dabei hat er noch nicht einmal mit den Ölbohrungen angefangen. Shells Sicherheitsvorkehrungen spotten jeder Beschreibung. Experten sind sich sicher: Eine Ölkatastrophe ist jederzeit möglich und kann unter den in der Arktis herrschenden Bedingungen kaum eingedämmt werden. Kumi Naidoo, Direktor von Greenpeace International, sagt: «Shell hat 4,5 Milliarden Dollar in ein unsinniges, hochriskantes Projekt investiert und damit nur Probleme geschaffen. Die Publikumswahl zeigt, dass die Öffentlichkeit ein wachsames Auge auf Shell hat und dessen ruchloses Vorgehen auch in Zukunft sanktionieren wird.»

Dr. Ulrich Thielemann, Direktor der Denkfabrik für Wirtschaftsethik Berlin und von 2001 bis 2010 Vizedirektor des Instituts für Wirtschaftsethik der Universität St. Gallen, führte die Rolle der Wissenschaft in Initiativen wie dem Public Eye aus: «Dem rücksichtslosen Wettbewerb auf Kosten der Menschenrechte und der Umwelt durch Deregulierung und einen gnadenlosen Race to the Bottom muss ein Ende gesetzt werden. Wirklich verantwortungsbewusste Unternehmen müssten diesen Schritt (Regulierung) begrüssen, denn er würde sie vom schmutzigen Konkurrenzkampf der Corporate Wrongdoers, also den fehlbaren Unternehmen, befreien.»

Für die beiden Schmähpreise nominiert waren neben Goldman Sachs und Shell die fünf Firmen Alstom (FR), Coal India (IN), G4S (UK), Lonmin (ZA) und Repower (CH).

Man muss sich fragen, warum das WEF Firmen, die die Umwelt zerstören und Staaten ruinieren, nicht ausschliesst. Aber leider passt die Haltung zu diesem elitären Stelldichein. In Davos herrscht derzeit eine Stimmung des Grundverdachts. Soldaten und Polizei schirmen den Ort ab, der voll ist von fetten Karossen, Menschen mit Bodyguards und Frauen in Pelzmänteln. Es wird schnell klar: Hier geht es nicht um das Wohl der Welt, sondern um das Wohl einer gierigen, unersättlichen Minderheit.

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