Bei Landwirtschaft denken wir intuitiv an Natur. An grüne Wiesen, bunte Äcker, urchige Bauernhöfe und glückliche Tiere. Schliesslich wurden uns diese Bilder bereits in den Büchern unserer Kindheit vermittelt und die Werbung tut alles, um die Heile-Welt-Bilder in unseren Köpfen am Leben zu erhalten.

In Realität hat sich die Landwirtschaft in den letzten gut 50 Jahren so stark gewandelt wie nie zuvor. Natürlich gibt es die Betriebe, die mit grosser Sorgfalt naturnah produzieren. Doch die grosse Masse der Nahrungsmittel werden in hoch-intensiven Agrarsystemen produziert. Diese Systeme haben die Grenzen der natürlichen Kreisläufe längst hinter sich gelassen und funktionieren nur mit einer konstanten Zufuhr von Kunstdünger, Pestiziden und fossiler Fremdenergie. Die negativen Auswirkungen dieser industriellen Landwirtschaft sind mannigfaltig, es seien hier nur die wichtigsten sechs genannt:

  1. Die Landwirtschaft verursacht in der Schweiz gut 13 % der Treibhausgase. Um das 1.5°-Ziel des Pariser Abkommens zu erreichen, muss der Ausstoss der Landwirtschaft gesenkt und unsere Ernährung umgestellt werden.
  2. Der zu intensive Anbau, der Pestizideinsatz und die ausgeräumte Landschaft sind die Haupttreiber des Biodiversitätsverlustes. Viele Insekten, Amphibien und Vögel sind in der Schweiz gefährdet.
  3. Rückstände von Agrarchemikalien verschmutzen Bäche und Flüsse und gefährden das Trinkwasser.
  4. Die Fruchtbarkeit der Böden nimmt ab. Grund dafür sind Erosion, Verdichtung sowie der Einsatz von Kunstdünger und Pestiziden.
  5. Die Landwirtschaft hat tagtäglich tausendfaches Tierleid zur Folge: Die meisten Nutztiere fristen auch in der Schweiz ein kümmerliches Dasein.
  6. Der zu hohe Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung führt zu Resistenzen und gefährdet unmittelbar die menschliche Gesundheit, weil Antibiotika nicht mehr wirken.

Es geht auch anders, und zwar mit «TOP»

Doch es muss nicht so sein, eine andere Landwirtschaft ist möglich. Greenpeace hat mit Agrarexpertinnen und -experten der ZHAW und dem FiBL eine Vision für die Schweiz entwickelt und mit einem Modell durchgerechnet. Die Vision «TOP – Tierfreundliches und ökologisches Produktionssystem» verbindet ein maximales Tierwohl mit dem Schutz der Umwelt und einer vielfältigen Produktion. Die fünf zentralen Forderungen von TOP sind:

Unsere Vision: Bunter, vielfältiger, natürlicher

Es blüht wieder. Maximale Produktion ist nicht das oberste Ziel.

Die Umstellung auf TOP würde die Schweizer Landwirtschaft umpflügen. Monokulturen wie Futtermais oder Zuckerrüben würden verschwinden, um Platz für den Anbau von Getreide, Hülsenfrüchten, Gemüse und neuen Kulturen wie Süsskartoffeln oder Quinoa zu machen. Eine Fläche, die doppelt so gross ist wie der Kanton Sankt-Gallen, bewirtschaften wir nicht mehr und geben diese der Natur zurück. Die Kulturlandschaft wird dadurch abwechslungsreicher, vielfältiger und bunter. Die Anzahl in der Schweiz gehaltenen Tiere würde deutlich abnehmen – vor allem Hühner und Schweine gäbe es viel weniger, und mit ihnen würde auch die Massentierhaltung in der Schweiz verschwinden. Die verbleibenden Tiere – vor allem Kühe – leben artgerecht auf Weiden und wandeln das für den Menschen nicht direkt nutzbare Gras in Milch um. Dank dem Verzicht auf chemisch-synthetische Pestizide sowie auf Kunstdünger ist die Produktion auf der gesamten Fläche weniger intensiv. Dadurch werden Böden und Gewässer entlastet, und gefährdete Arten können sich erholen. Schliesslich profitiert auch das Klima, weil die Treibhausgasemissionen der Landwirtschaft stark abnehmen.

Echte Versorgungssicherheit

Eine TOP-Landwirtschaft produziert noch immer eine relevante Menge an Lebensmitteln zur Versorgung der Schweizer Bevölkerung. Es sind weniger Kalorien pro Kopf als heute – vor allem deutlich weniger Fleisch –, dafür sind es unbelastete Lebensmittel. Und die Produktion trägt echt zur Versorgungssicherheit bei, weil sie viel weniger stark als heute von Inputs aus dem Ausland – sprich Dünger, Pestiziden oder Diesel – abgängig ist. Auch für die Bäuerinnen und Bauern dürfte sich TOP lohnen, denn die Schweizer Landwirtschaft hätte damit eine echte Differenzierung gegenüber dem Ausland und kann entsprechend einen Mehrwert am Markt erzielen.

Die TOP-Konsumentinnen und -Konsumenten

TOP bedeutet aber nicht nur einen Wandel für die Bäuerinnen und Bauern, sondern ebenso für die verarbeitenden Betriebe, den Handel und nicht zuletzt für die Konsumentinnen und Konsumenten. Denn wenn diese nicht mitziehen würden, würde einfach mehr Fleisch aus dem Ausland importiert. Das würde die Probleme nicht lösen, sondern nur verschieben. TOP wird also erst dann richtig top, wenn die Konsumentinnen und Konsumenten mitziehen und weniger Fleisch und sonstige tierische Produkte einkaufen. Damit tun sie nicht nur der Umwelt Gutes, sondern nicht zuletzt ihrer Gesundheit. Denn längst ist bewiesen, dass eine Ernährung, bei welcher die Pflanzen die Hauptrolle spielen, deutlich gesünder ist als eine fleischbetonte Diät.

Das Ziel vor Auge haben

Es ist sonnenklar, dass eine solch grundlegende Änderung Zeit benötigt und nicht von heute auf morgen umsetzbar ist. Was es braucht ist ein klares Ziel und konstante Schritte in die richtige Richtung. Mit der Vision «TOP» haben wir ein Ziel vor Auge und mit der jetzt anlaufenden Revision der Agrarpolitik die Gelegenheit, die ersten Schritte des Weges zu gehen. Dafür braucht es jetzt aber mutige Weichenstellungen: Massnahmen, die den Pestizideinsatz einschränken, die Massentierhaltung zurückbinden und die Vielfalt der Lebensräume fördern. So machen wir uns auf den Weg in eine Landwirtschaft mit Zukunft.

Lade die Broschüre zu unserer Vision herunter und erfahre mehr zu TOP!