Jetzt ist es amtlich: Das Unkrautvernichtungsmittel Roundup des US-Agrochemiemultis Monsanto ist laut Weltgesundheitsbehörde (WHO) «wahrscheinlich» krebserregend.

Jetzt ist es amtlich: Das Unkrautvernichtungsmittel Roundup des US-Agrochemiemultis Monsanto ist laut Weltgesundheitsbehörde (WHO) «wahrscheinlich» krebserregend.


Glyphosat ist in der Schweiz das am häufigsten eingesetzte Herbizid. 2013 wurden bei uns 300 Tonnen verkauft.

 

Die WHO-Agentur International Agency for Research on Cancer (IARC) hat kürzlich in der medizinischen Fachzeitschrift  «The Lancet» eine Beurteilung der Kanzerogenität von fünf Organophosphat-Pestiziden veröffentlicht. Resultat: Das Total-Herbizid Glyphosat ist «wahrscheinlich» krebserregend.

Glyphosat ist in der Schweiz das am häufigsten eingesetzte Herbizid. 2013 wurden bei uns 300 Tonnen verkauft. Es ist in über 100 Produkten mit wohlklingenden Namen wie Roundup, Taifun, Well Kill, Touchdown, Glyphos oder Capito für den landwirtschaftlichen aber auch privaten Gebrauch enthalten. Es wird eingesetzt auf Äckern, in Nachbars Garten oder an Wegrändern in der Wohngemeinde. Weil es radikal alles wegputzt.

Eine wiederholte Anwendung von Glyphosat kann zu einer Reduktion der Pflanzen- und im Endeffekt der Tiervielfalt führen. Schädliche Einflüsse auf Wasserlebewesen und Beeinträchtigungen der Mikroorganismen im Boden sind bestätigt. Das kann wiederum zu vermehrter Krankheitsanfälligkeit bei Kulturpflanzen führen und zu weniger nährstoffreichen Böden. Eine Antwort darauf: mehr Kunstdünger. Gentech-Soja, -Mais- oder -Baumwolle, die gegen Glyphosat resistent sind, überleben die Giftdusche mit Roundup. In Gentech-Anbaugebieten, etwa in Nordamerika, ist der Glyphosat-Einsatz deshalb besonders hoch.

Glyphosat-Duschen in der Schweiz
Im Schweizer Mittelland wachsen zwar keine Gentech-Pflanzen. Und doch leuchten jetzt wie jeden Frühling die ersten Äcker unappetitlich giftgelb. Greenpeace-Landwirtschaftsexpertin Marianne Künzle sagt dazu: «Wenn es grünt und spriesst, fängt der ‹Toxic Spring› an: Auffällig viele Äcker werden vor der Aussaat mit Glyphosat abgespritzt, bald auch grüne Wiesen oder Brachen, die in Ackerland umgewandelt werden. Innert Tagen verwandeln sie sich in gelb-orange Wüsten. Der Glyphosat-Wahnsinn auf dem Acker und im Garten muss gestoppt werden!»

 

Glyphosat wurde bereits 1975 zugelassen. Trotzdem gibt es nur wenige Studien zu möglichen gesundheitlichen Auswirkungen auf AnwenderInnen und KonsumentInnen. Systematische Kontrollen in Lebensmitteln wie etwa Gemüse oder Obst fehlen gänzlich. Schon früher hatten Wissenschaftler vermutet, dass der Wirkstoff krank machen könne: Störungen des Hormonsystems, Krebs oder neurodegenerative Krankheiten wurden damit in Verbindung gebracht – was von der IARC nun zumindest teilweise gestützt wird. Bei Urintests in über 18 Ländern wurden 2013 bei 40 Prozent aller untersuchten Stichproben signifikante Spuren des Pestizids festgestellt. 

Agrochemiebranche stellt sich quer
Für den US-Konzern Monsanto ist diese neueste IARC-Bewertung höchst unerfreulich. Vertreter der Firma verlangten öffentlich, dass der Bericht zurückgezogen wird. Das erstaunt nicht wirklich, schliesslich macht sie mit Glyphosat viel Umsatz. Patrick Moore, ein Lobbyist für die Agrochemiebranche, betont zynischerweise die Ungefährlichkeit von Glyphosat und dass man es trinken könne. Schauen Sie, was er einem Journalisten antwortet, der ihn fragt, ob er einen Schluck davon nehmen möchte:

  

Wie unzimperlich die Agrochemiefirmen mit Kritik umgehen, zeigt ein anderes Beispiel: Weil die EU und die Schweiz einzelne Bienenkiller-Pestizide für einige Anwendungen sistiert hatten, übt der Basler Konzern Syngenta massiven Druck auf Wissenschaft und Politik aus. Zudem stellt er unabhängige wissenschaftliche Studien, die auf die Gefährlichkeit dieser Produkte hinweisen, als unwissenschaftlich dar.

Paradigmenwechsel zum Schutz der Natur nötig

In einer neuen Studie machen EU-Wissenschaftler den Einsatz von Neonicotinoid-Pestiziden für das Bienensterben und einen Biodiversitätsverlust verantwortlich. In der Schweiz sind verschiedene Arten von Pestiziden überall nachweisbar. Zum Beispiel ist die Belastung von Fliessgewässern enorm. Unser Land schneidet punkto Pestizid-Belastung im Vergleich zu anderen Ländern Europas schlecht ab.

Wir brauchen eine Landwirtschaft, die den Boden nährt und die Biodiversität schützt. Eine Landwirtschaft, die Lebensmittelproduktion nicht der geldgierigen Agrochemie überlässt und stattdessen auf die KonsumentInnen hört. Wir müssen in eine chemiefreie, gentechfreie und ökologische Landwirtschaft investieren, nicht in eine, die Tiere und Menschen krank machen kann. Wir müssen die Kontrolle über unsere Ernährungssicherheit und Ernährungsgesundheit wieder zurückgewinnen. Das ist der erste Schritt, um als gesunde Menschen auf einem gesunden Planeten leben zu können. 

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