Dem Mittelmeer-Thunfisch droht 2012 das kommerzielle Aussterben.
Die Thunfisch-Fischerei ist einer der bedeutendsten Industriezweige im Mittelmeer. Fast alle aus dem Mittelmeer gefischten Blauflossenthunfische (Thunnus thynnus) – auch als Roter Thun bekannt – werden nach Japan exportiert. Die Fischbestände selbst sind seit Jahren massiv rückläufig. Die Bedrohungen für den Roten Thun sind Überfischung, Thunfischzucht und die hohe Nachfrage nach diesem Fisch, der weltweit zu den begehrtesten Fischarten zählt. Greenpeace-Nachforschungen belegen, dass vor allem die boomende Thunfisch-Zucht den illegalen Fang von Thunfisch ankurbelt. Um alle Zuchtkäfige des Mittelmeeres mit jungen Thunfischen zu versorgen, wird die legale Fangquote um 60 Prozent überschritten.
Thunfischkommission und EU versagen
Zuständig für den Mittelmeer-Thunfisch ist die Internationale Kommission für die Erhaltung der Thunfischbestände im Atlantik (ICCAT). Für Greenpeace hat die ICCAT als internationales Gremium, das für das Fischerei-Management aber auch den Schutz dieser Fischart zuständig ist, klar versagt. Denn sie hat wiederholt die Chance verpasst, den Thunfisch im Mittelmeer durch ein Fangverbot vor dem kommerziellen Aussterben zu retten.
Für kaum eine Fischerei ist die dramatische Lage wissenschaftlich derart exakt belegt wie für den Roten Thun im Ostatlantik und im Mittelmeer. Im Jahr 2007 lag die offizielle Fangquote bei 28’500 Tonnen, doch die Menge der illegalen Fänge wurden von den Experten der ICCAT auf 61’000 Tonnen geschätzt. Verantwortlich dafür waren vor allem Fangflotten aus Frankreich, Italien und Spanien.
Obwohl das Wissenschafts-Gremium der ICCAT seit Jahren massive Fang-Einschränkungen empfiehlt, folgen die in der ICCAT versammelten Mitgliedsländer den Empfehlungen ihrer eigenen Experten nicht. Für 2010 wurde zwar aufgrund massiven öffentlichen Drucks die Fangquote auf 13’500 Tonnen verringert. Der Haken dabei: Die Fischereibiologen hatten inzwischen errechnet, dass bei einer Fanggquote von 8000 Tonnen pro Jahr nur eine 50%ige Chance auf Erholung besteht.
Striktere Massnahmen – wie etwa das von Greenpeace geforderte sofortige Fischereiverbot und die Einrichtung von Schutzgebieten in den Laichgründen – wurden wiederholt abgelehnt. Vor allem die EU weigert sich bis heute, schärfere Schutzmassnahmen zuzulassen. An den Profitinteressen der EU-Länder Spanien, Frankreich, Italien und Malta scheiterte im März 2010 auch ein Antrag beim Washingtoner Artenschutzabkommen, den internationalen Handel mit Blauflossenthunfisch auszusetzen.
Es ist zu befürchten, dass der Rote Thun zu einer aussterbenden Art wird, weil die zuständigen Fischereiminister und Regierungen ihre Verantwortung für den Schutz der Meere nicht wahrnehmen. Am Beispiel des Blauflossenthuns im Mittelmeer zeigt sich deutlich, dass die Europäische Union nicht in der Lage ist, seine Fischbestände nachhaltig zu befischen. Ändert sich nichts daran, ist eine der beeindruckendsten Fischarten des Mittelmeeres innerhalb der nächsten Monate zum kommerziellen Aussterben verdammt.