Delémont/Bonfol/Basel, 9. Juni 2011. Das Collectif Bonfol (CB) veröffentlicht heute 17 Videos aus den Überwachungskameras in Bonfol. Sie dokumentieren die Explosion vom 7. Juli 2010. Diese Videos haben Novartis, Roche & Co. der Öffentlichkeit mit einer Ausnahme vorenthalten. Aus Sicht der Chemiekonzerne mit gutem Grund: Die vorenthaltenen Videos dokumentieren u.a. eine durch die Explosion im Chemiemüll aufgewirbelte Staubwolke, die aus der Halle quillt und Richtung Dorf Bonfol zieht. Auch ein knappes Jahr nach der Explosion ist völlig unklar, mit welchen Chemikalien ein Arbeiter, das Spitalpersonal von Porrentruy und die Umgebung möglicherweise erheblich kontaminiert worden sind. Denn: Die Analysen wurden zu spät durchgeführt und erst noch falsch angesetzt.

Obwohl die Basler Chemische Industrie (BCI) wissen muss, dass ihre Angaben nicht stimmen, schreibt Direktor Michael Fischer auch noch im Frühling 2011 im BCI Newsletter Nr. 5/2011: „Kurz“ nach der Explosion vom 7. Juli 2010 in der Chemiemülldeponie Bonfol „sind die Rettungskräfte (…) in Begleitung von Luft-Analyse-Experten vor Ort eingetroffen. Die durchgeführten Analysen haben ihnen schnell erlaubt festzustellen, dass es keine Gefahr für Mensch, Tier und Umwelt gab.“ Novartis, Roche & Co. müssten aber wissen, dass diese Aussage falsch ist. Dies zeigen die Videos ihrer eigenen Überwachungskameras in und um die Hallen auf der Chemiemülldeponie Bonfol.

Das vorenthaltene Video über die ausgetretene Staubwolke

Das CB veröffentlicht diese Videos, weil die BCI sie bisher der Öffentlichkeit vorenthalten hat. Aus Sicht der BCI mit gutem Grund: So zeigt z.B. Video 0017, wie kurz nach der Explosion eine Chemiemüll-Staubwolke aus der Halle in Bonfol quillt. Die Bilder dokumentieren, wie diese Chemiemüll-Staubwolke Richtung benachbartem Bauernhof und dem Dorf Bonfol zieht. Welche Schadstoffe aus der Chemiemülldeponie via Staubwolke einen Arbeiter, das den Arbeiter behandelnde medizinische Personal in der Notfallstation des Spitals Porrentruy und die Umgebung kontaminierten, ist bis heute völlig unbekannt. Denn: Auch noch im Frühjahr 2011 lässt BCI-Direktor Michael Fischer unerwähnt, dass die Feuerwehr erst eine Stunde nach der Explosion überhaupt alarmiert wurde. Als sie dann endlich auf der Chemiemülldeponie eintraf, war die Staubwolke schon längstens weg und rieselte auf den benachbarten Bauernhof und die Gemeinde Bonfol nieder. Zudem: Die Feuerwehr nahm Gas- anstatt Staubproben. Damit aber lässt sich nicht herausfinden, mit welchen Giften der Staub belastet war. Bis heute analysierte die BCI – soweit bekannt – keine Staubproben, obwohl der Wissenschaftliche Dienst der Stadtpolizei Zürich reichlich Probematerial gesichert hatte, die entsprechende Analysen erlauben würden. So ist auch ein knappes Jahr nach der Explosion nicht bekannt, mit welchen Giftstoffen ein Arbeiter, das medizinische Personal im Spital Porrentruy und die Umgebung möglicherweise kontaminiert worden sind. Trotzdem und ohne über die entsprechenden wissenschaftlichen Grundlagen zu verfügen, lässt die BCI noch heute verlauten: „Keine Gefahr für Mensch und Umwelt“.

Auch andere Videos dokumentieren Fehlverhalten und/oder Missinformation der BCI

Doch damit nicht genug: Die vorenthaltenen Videos belegen nicht nur die Kontamination der Umgebung:

• Das bisher vorenthaltene Video Nr. 0016 führt vor Augen, dass die BCI völlig falsch auf die Explosion reagiert: Anstatt sich bei der Porte zu besammeln, wie es die Notfallpäne vorschreiben, rennen die BCI-Mitarbeiter allesamt Richtung Explosionsort. Sie reagieren also völlig falsch. Dies bestätigt ebenso ein Schreiben des damals zuständigen jurassischen Ministers Laurent Schaffter, das das CB heute ebenso veröffentlicht (siehe Dokument 100716 Nicht veröffentlichtes Schreiben des Kantons JU an die BCI betreffend ihrer Reaktion auf die Explosion.pdf).

• Dass der Bagger vor der Explosion nicht nur am Abkratzen der Tone an der Grubensohle ist, wie von Novartis, Roche & Co. behauptet, zeigt das einzige, von der BCI in Ausschnitten veröffentlichte Video Nr. 0005: Der Bagger steht auf dem Chemieabfall, wo er nicht stehen dürfte und gräbt am Chemiemüll, auf dem er steht.

Das stossende Verhalten der BCI

Der Umgang der BCI mit den Folgen der Explosion ist vor allem auch deshalb stossend, weil die betroffenen Menschen noch immer nicht wissen, womit sie in Kontakt gekommen sind und für die Umwelt wichtige Informationen sowie wertvolle Zeit verloren gehen.

Das CB protestiert gegen die beschönigenden und zum Teil tatsachenwidrigen Darstellungen der BCI. Es fordert:

• Aufklärung über die Giftstoffe, die den Arbeiter, das medizinische Personal und die Umwelt kontaminiert haben. Dies muss Mittels aufwändigen und breiten Analysen z.B. des Chemie-Materials geklärt werden, die vom Wissenschaftlichen Dienst der Stadtpolizei Zürich beschlagnahmt wurden.

• Die Verantwortlichen der BCI müssen zur Rechenschaft gezogen werden.

• Die BCI muss weitere Explosionen mittels entsprechender technischer Massnahmen verhindern und die Chemiemülldeponie Bonfol einmalig, sicher und definitiv zu Ende sanieren.

• Die BCI muss Massnahmen treffen, die sicher stellen, dass bei zukünftigen Staubemissionen glaubwürdige Aussagen über deren Ausbreitung, Zusammensetzung und Menge möglich sind.

• Gemäss den Äusserungen an der letzten Sitzung der Commission d’Information et de Suivi durch die BCI wird mit der neuen Arbeitsweise weiterhin eine Person in einer Maschine einem reduzierten Explosionsrisiko ausgesetzt. Die BCI meinte, falls es Probleme geben würde, werde sie auch diese Maschine fernbedienen. Das lehnt das CB ab. Der Mensch sollte nicht als Versuchskaninchen herhalten müssen, ob eine Automatisierung notwendig ist oder nicht. Die BCI scheint aus der ersten Exposion wenig gelernt zu haben.

Die vorenthaltenen Videos der BCI, ein Kurzbeschrieb der einzelnen Bilder sowie das unveröffentlichte Schreiben des Kantons Jura an die BCI finden Sie unter:

Deutsch:
www.martinforter.ch

Französisch:
www.wwf-ju.ch
www.transjurane.unia.ch
www.pronatura.ch/ju

Kontakt :
Philippe Riat, WWF Jura: 032 955 14 80
Pierluigi Fedele, Unia: 079 384 00 24
Jean-Claude Meuley, Europe Ecologie les Verts : 0033 622495350
Martin Forter, Experte des Collectif Bonfol: 061 691 55 83
Jean-Louis Walther, Experte des Collectif Bonfol: 079 240 42 60