Der Spätsommer hat begonnen, nehmen wir uns Zeit für ein kleines Resümee: Wie viele Strohhalme haben Sie diesen Sommer verbraucht?

In der Lieblingsbar, beim Quartierfest, in der Badi und am Urlaubsstrand? Die bunten Röhrchen begegnen einem wirklich überall. Klar, wir leben im Zeitalter des Plastik. Faustkeile aus der Steinzeit oder Keramikscherben aus der Bronzezeit werden nicht zu unseren Hinterlassenschaften zählen. Wir verewigen uns mit Nuggis, PET-Flaschen und eben Strohhalmen. Der jährliche Plastikverbrauch in Westeuropa beträgt pro Kopf das Dreifache des weltweiten Durchschnitts: 136 Kilogramm! Das sogenannte Mikroplastik ist in diesem Zug unsichtbar, aber massiv in unsere Gewässer vorgedrungen.

Dieses Jahr hat Greenpeace von April bis Juni mit der Beluga II verschiedene Flüsse in Deutschland besucht und bei Untersuchungen eine erschreckend hohe Dichte von winzigen Plastikteilchen festgestellt. Mikroplastik nennt man Kunststoffpartikel, die für das blosse Auge meist unsichtbar und nur mit speziellen Verfahren nachzuweisen sind. Ihre Winzigkeit macht sie zu einem der grössten Verschmutzungsprobleme für die Gewässer. Die Partikel binden nicht nur giftige Stoffe wie Pestizide, sie verletzen und verstopfen auch den Verdauungstrakt von Meeresorganismen und reichern sich in ihrer Nahrungskette an.

Von Bord der Beluga II aus, hat ein Greenpeace Team diesen Sommer von April bis Juni verschiedene Flüsse Deutschlands auf Mikroplastik beprobt – das Ergebnis ist erschreckend. © Fred Dott

Vor allem aber: Sie verrotten praktisch nicht. Eine Plastikflasche braucht 450 Jahre, um sich vollständig zu zersetzen. Ein Stoff, der so langlebig ist, geht logischerweise auf eine weite Reise. Nicht nur in den Flüssen und Meeren findet sich Mikroplastik. Auch in Mineralwasser, Bier, Honig und besonders in Kosmetika sind die winzigen Teilchen enthalten. Im Duschgel zum Beispiel. Sebastian Pörschke vom Fraunhofer-Institut hat es selbst getestet und Duschgel mit Wasser verdünnt in ein Sieb gegeben, dessen Poren halb so dünn sind wie ein Haar. Nach einer Stunde blieb ein weisses Pulver zurück, das ähnlich wie Salz oder Zucker aussieht: Polyethylen – das Plastik, aus dem Müllsäcke und Verpackungen hergestellt werden.

Was aber nun als Mikroplastik gilt, definieren die grossen Kosmetikhersteller aktuell selbst. Ein angekündigter freiwilliger Verzicht auf den Gebrauch von so genannten Microbeads (Mikroplastik) verdient seinen Namen nicht. Weltweit machen Greenpeace-Aktivisten auf das grosse Problem der winzig kleinen Teilchen aufmerksam.

Süd-Korea, Seoul, 9. August 2016: Gesichtspeeling, Zahnpasta, Duschgel, Shampoo…fast kein Kosmetikartikel, welcher nicht mit Polyethylen hergestellt ist. Polyethylen ist der Stoff aus dem Plastiktüten bestehen und verschmutzt unsere Flüsse und Meere unsichtbar aber in unheimlich massiven Ausmassen. Bisher gibt es für Kosmetikhersteller keine verbindliche Verpflichtung Mikroplastiken aus ihrer Herstellung zu verbannen. Eine Greenpeace-Befragung hat gezeigt, dass eine angekündigte Selbstverpflichtung zum Verzicht auf Mikroplastik der grossen Konzerne schlicht nicht funktioniert. © Jungyeob Ji

Übrigens gibt es Strohhalme auch … richtig … aus Stroh! Wer im Herbst in die Wärme flieht, sollte sich für einen plastikfreien Urlaub am Meer starkmachen.

Welche Konsequenzen unsere «Sucht nach Plastik» hat, zeigt der Film «A Plastic Ocean». Das Team hat zu seiner Realisierung 20 Unterwasserspots in vier Jahren besucht. Noch mehr Filme gibt es beim diesjährigen «Filme für die Erde»-Festival und wir freuen uns, Ihnen für den Monat September gleich drei Premieren in 17 Städten schweizweit empfehlen zu dürfen! Start: Freitag, 23.9.2016 – unbedingt vormerken!