Zwischen Selbstverwirklichung, Sinnessuche und Sozialen Medien. Irgendwo unter all den Smartphones, Smart-TVs und Smartwatches begraben. Genau da setzt sich Greenpeace-Praktikantin Danielle mit den Hoffnungen, Herausforderungen und Problemen ihrer Generation Y auseinander – und fragt sich in ihren kommenden Kolumnen: Wie zum Teufel soll das grün gehen? 

«I’m dreaming of a White Christmas», singt mir Bing Crosby mit warmer, ruhiger Stimme aus meinem Laptop entgegen. Der Song läuft in meiner Christmas-Playlist auf Spotify – zum etwa zwanzigsten Mal seit dem 1. Dezember. Jeder, der mich kennt, weiss: Ich liebe Weihnachten. Die Musik, die Lichter, die Stimmung. Jedes Jahr freue ich mich wie ein kleines Kind auf den – meiner Meinung nach – schönsten Monat des Jahres. Und wie jedes Jahr hoffe ich auch in diesem Jahr auf eines: Weisse Weihnachten. Doch eventuell ist es Ende 2018 an der Zeit, der Realität ins Auge zu blicken?

«Just like the ones I used to know», singt Crosby weiter. Der Satz stimmt mich nachdenklich. Wie viele weisse Weihnachten habe ich bisher überhaupt erlebt? Google hilft mir bei der Antwort auf die Sprünge. Laut Statistik gab es seit meiner Geburt 1991 genau zwei Jahre, in welchen es in der Schweiz an allen drei Festtagen komplett weiss war. Zuletzt war das 2003 – vor 15 Jahren. Vor 1991 war unser Land immerhin durchschnittlich all vier Jahre an Weihnachten weiss geschmückt. Auch wenn eine Weisse Weihnacht laut Statistik in der Schweiz nicht die Norm ist, wirft ein Blick auf meine Wetter-App trotzdem eine Frage auf: Ist es auch normal, dass es am 22. Dezember 11 Grad warm sein soll?

«Where the treetops glisten», führt Crosby im Lied seinen Traum von Weissen Weihnachten aus. Unweigerlich schaue ich aus dem Fenster. Das Einzige, was auf den Bäumen glitzert, ist der Regen. Es sieht allgemein ziemlich herbstlich aus: Die Kinder im Park gegenüber tragen nicht einmal Handschuhe oder Mützen beim Spielen im Laub – welches notabene schon teilweise im Sommer aufgrund der Hitze zu Boden fiel. Das Kalenderjahr 2018 soll laut MeteoGroup Schweiz das wärmste seit Messbeginn werden. Mit freundlichen Grüssen vom Klimawandel.

«And children listen to hear sleigh bells in the snow», beendet Crosby die erste Strophe. Die Ideologie vom unbeschwerten Kind-Sein mag auf meine Generation noch zugetroffen haben. Wir konnten im Schnee spielen und uns sorgenlos auf Weihnachten freuen – ohne einen Gedanken an Klimawandel zu verschwenden, geschweige denn, jemals davon gehört zu haben. Heute sieht das anders aus. Die nachfolgende Generation muss sich mit einer Welt auseinandersetzen, die wir am Zerstören sind. Und dies schon in jungen Jahren. Ansonsten haben sie es in absehbarer Zukunft vielleicht mit einem Planeten zu tun, der so ganz anders ist, als wir ihn bisher kennen?

«I’m dreaming of a White Christmas, with every Christmas card I write», beginnt Crosby nochmals von vorne. Um den Traum einer Weissen Weihnacht überhaupt jemals wieder zu ermöglichen, müssen auch wir nochmals von vorne anfangen. Unser Leben und unser Handeln überdenken. Denn nur, weil etwas Gewohnheit ist, heisst das nicht, dass es gut ist. Wenn der Nationalrat an einem vernünftigen CO2-Gesetz scheitert, muss das Volk etwas unternehmen – jeder Einzelne von uns. Zum Beispiel mit einer Gletscherinitiative. Oder einer Klimaklage. Oder einem Weckruf. Oder einfach nur einem Statement auf Facebook. Hauptsache, du verleihst deiner Stimme Gehör. Und vielleicht werden es andere dir gleich tun.

«May your days be merry and bright and may all your Christmases be white», verstummt Bing Crosby sanft. Und mit diesen Worten schliess auch ich meinen Laptop und möchte mich aus dem 2018 verabschieden. Auf dass wir alle eine besinnliche Weihnachtszeit haben, gemeinsam mit Familie und Freunden feiern – und den Klimawandel im 2019 mit neuer Energie anpacken. Damit im neuen Jahr eine bessere Welt für die Kinder unserer Kinder geschaffen wird. Damit wir auch in Zukunft noch von Weissen Weihnachten träumen können. Und sie vielleicht sogar wieder einmal erleben dürfen.

Danielle Müller studierte Journalismus und Unternehmenskommunikation in Berlin und schnuppert nun bei Greenpeace rein. Die 27-Jährige Baslerin ist stets im Sattel ihres Rennvelos anzutreffen und sagt nie Nein zu einer guten Umwelt-Doku auf Netflix.