Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte erkennt keine unmittelbare und besondere Gefährdung für neun AnwohnerInnen des AKW Beznau. Er sprach ihnen das Recht ab, die vom Bundesrat erteilte Betriebsbewilligung des AKW Beznau vor einem schweizerischen Gericht anzufechten. Damit hat der Europäische Gerichtshof zum zweiten Mal nach 1997 in einem Präzedenzfall gegen die Anwendung der Europäischen Menschenrechts-Konvention (EMRK) auf die Atomkraft entschieden.

Zürich. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat heute bekanntgegeben, dass er eine Beschwerde von 9 AnwohnerInnen des AKW Beznau gegen die Betriebsbewilligung für dieses AKW abgelehnt hat. Laut diesem letztinstanzlichen Urteil, welches das Gericht mit 12 gegen 5 Stimmen verabschiedete, stellt der Betrieb des AKW Beznau keine unmittelbare und besondere Gefährdung von AnwohnerInnen in seiner unmittelbaren Umgebung dar. Der Gerichtshof verwehrte damit den AnwohnerInnen das Recht, die Betriebsbewilligung des AKW Beznau vor einem unabhängigen schweizerischen Gericht anzufechten.Der Entscheid ist eine Enttäuschung, weil der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte das Recht der Atomkraftwerke auf die Erzeugung von Strom über das Recht der AnwohnerInnen auf Schutz vor den Risiken der Atomenergie stellt. Offensichtlich haben beim Entscheid des Menschenrechtsgerichtshofes politische Überlegungen eine grosse Rolle gespielt. Trotz dieser Niederlage werden die Anti-AKW-GegnerInnen die Atomenergie weiterhin auch auf juristischer Ebene bekämpfen. So wird Greenpeace weiterhin darauf drängen, dass die AKW-Betreiber und Behörden wegen dem Export abgebrannter Brennelemente in die Wiederaufarbeitung strafrechtlich verfolgt werden. Das Schwergewicht der Auseinandersetzung wird jedoch zukünftig auf der politischen Ebene liegen, insbesondere bei der Abstimmung über die Initiativen Strom ohne Atom und MoratoriumPlus. Trotz dem Strassburger Entscheid hält der Vertreter der Beznau-KlägerInnen, Rechtsanwalt Rainer Weibel die schweizerische Situation im Atomrecht für unhaltbar. Die Schweiz verweigere nämlich grenznahen ausländischen AnwohnerInnen schweizerischer AKW Rechte, welche sie selbst, etwa bei der Klage gegen die Betriebsbewilligung für den Schnellen Brüter Super Phénix beansprucht hat. Der Bundesrat habe das auch selbst erkannt und im Entwurf zum neuen Kernenergie-Gesetz die Appellationsmöglichkeit für atomrechtliche Bewilligungen vorgesehen. «Dieses Recht ist nun zügig einzuführen», forderte Weibel.Materiell kritisieren die Beznau-GegnerInnen weiterhin die Konstruktionsmängel des AKW und die zusätzlichen Gefahren, welche sich aus der Alterung der Anlage ergeben. So entsprechen verschiedene Merkmale der Anlage nicht dem Stand von Neuanlagen , wie etwa fehlende Mehrfachführung und mangelnder Brandschutz bei zentralen Sicherheits- und Notsystemen.

Kontakt:
Ueli Müller, Greenpeace Atomkampagne, 079 407 30 30
Rainer Weibel, Anwalt, 078 627 51 11