Die Nordostschweizerischen Kraftwerke AG wollen von Greenpeace 250’000 Franken. Dies als «Schadenersatz» für die Behinderung eines Atomtransportes beim AKW Beznau im März letzten Jahres. Nach Einschüchterungsversuchen im Dezember – bei der Zahlung einer Viertelmillion wollten die Atomstromer auf eine Anzeige verzichten – sollte heute die Sühneverhandlung vor dem Friedensrichteramt der Stadt Zürich (Kreise 7 und 8) stattfinden. Denn Greenpeace lässt sich von solchen Forderungen nicht bluffen. Allerdings erachteten die AKW-Betreiber eine persönliche Teilnahme für nicht nötig. Ebenso vermochten sie keinen einzigen Beleg für ihre Forderung vorzulegen. Die Verhandlungen sind gescheitert.

Zürich. Die Schweizer AKW-Betreiber haben eine eigenartige Rechtsauffassung: Im März hielt Greenpeace sie während mehr als zehn Tagen von einem Delikt ab, für das die Umweltorganisation nun zur Kasse gebeten werden soll. Eine Viertelmillion Franken wollen die Nordostschweizerischen Kraftwerke dafür, dass sie einen Atomtransport nicht in die französische Wiederaufarbeitungsanlage in La Hague schicken konnten. Ein Trupp von 120 Einsatzkräften – Werkschutz und Polizei – räumte in einer Nacht- und Nebelaktion am 21. März 1997 die acht AktivistInnen von den Werksgeleisen, und der Atomzug verliess die Schweiz nach La Hague. Genau deshalb ermittelt nun die Bundesanwaltschaft gegen die Schweizer AKW-Betreiber, auch gegen diejenigen von Beznau. Sie stehen in Verdacht, das Schweizer Strahlenschutzgesetz zu verletzen, das den Export von Atommüll untersagt. Denn: Das Abwasser, das in Frankreich – auch aus der Schweizer Wiederaufarbeitung – ungehindert ins offene Meer fliesst, schadet Mensch und Umwelt und gilt in der Schweiz aufgrund der Strahlungswerte als Atommüll. Und den aus der Schweiz zu exportieren verbietet die Schweizer Gesetzgebung. Dies scheint die AKW-Betreiber nicht zu kümmern: Stur halten sie an der Wiederaufarbeitung fest und bauen diese «Option» sogar noch aus. Der wahre Grund: Da in der Schweiz keine Lagerkapazitäten für Atommüll vorhanden sind, benutzen die AKW-Betreiber die Wiederaufarbeitungsanlagen im Ausland als extraterritoriale Zwischenlager für Atommüll, fernab von der Schweiz und ihren Gesetzen. Im gleichen Atemzug versucht die AKW-Lobby hierzulande nun aber in die Offensive zu gehen und Greenpeace mundtot zu machen. Denn die Zeit drängt – das Kühlwasser steht den Atompromotoren bis zum Hals. Zusätzlich, da unlängst bekannt wurde, dass es sich bei den Schweizer AKW um Investitionsruinen handelt, für deren Milliardendefizite die öffentliche Hand aufkommen soll. Nun ist die AKW-Lobby auf der Suche nach neuen Einnahmequellen, beispielsweise mit Schadenersatzforderungen. Aber auch die Tugend des Sparens haben sie entdeckt. Der Verzicht auf die Teilnahme an der heutigen Gerichtsverhandlung kann nur so interpretiert werden, dass sich die NOK-Verantwortlichen die Kosten für das Zugbillet vom NOK-Sitz in Baden nach Zürich (der Preis mit Halbtax für eine Fahrt 2. Klasse retour: 8.40 Franken) sparen wollten.

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Wendel Hilti, Atomkampagne Greenpeace01 / 447 41 41