Die UNO-Mitgliedsstaaten treffen sich in Kingston, Jamaika, zur 29. Sitzung der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA). Inmitten des wachsenden öffentlichen Widerstands diskutieren sie über den Tiefseebergbau. Die Tiefseebergbauunternehmen drängen die Regierungen, sich auf einen Kodex zu einigen, der diese zerstörerische Praxis legitimieren würde. Gleichzeitig könnte Greenpeace wegen einer Protestaktion der Beobachterstatus an der ISA entzogen werden.

Greenpeace-Protest sorgt für Aufruhr

Auf der vorläufigen Tagesordnung für Freitag steht der 200-stündige friedliche Protest von Greenpeace International gegen den Branchenprimus The Metals Company im November 2023. Der Generalsekretär der ISA, Michael Lodge, hatte argumentiert, dass die Kajaks von Greenpeace International, die um das Schiff des Unternehmens herum paddelten, eine «Gefahr für die Meeresumwelt» darstellten. Lodge wurde in der Vergangenheit von Regierungen dafür kritisiert, dass er versucht hat, den Beginn des Tiefseebergbaus zu beschleunigen und Medien aus den Kammern zu verbannen. 

Lodges Argumentation ist haarsträubend. Wie können Greenpeace-Aktivist:innen, die in Kajaks paddeln, eine Bedrohung für die Umwelt sein, aber die Plünderung der Ozeane eine Lösung für die Klimakatastrophe? Ein niederländisches Gericht lehnte so auch den Antrag von The Metals Company auf eine einstweilige Verfügung gegen die Demonstrant:innen ab und befand, es sei «verständlich», dass Greenpeace angesichts der «möglicherweise sehr schwerwiegenden Folgen» der Bergbaupläne des Unternehmens direkte Massnahmen ergriff.

Industrie drängt weiter auf Kodex

Die Tiefseebergbauindustrie und eine Handvoll Regierungen wollen schnellstmöglich einen Kodex mit Vorschriften in den Händen halten, der es ihnen ermöglicht, mit dem Abbau zu beginnen. Um diesen Prozess zu beschleunigen, hat die ISA einen 225-seitigen «konsolidierten Text» des Entwurfs der Bergbauvorschriften als Grundlage für die Verhandlungen in dieser Sitzung veröffentlicht. Allerdings wurden mehrere Vorschläge der Industrie in den Text aufgenommen, ohne dass die Regierungen zugestimmt haben. Am ersten Verhandlungstag erntete dieser konsolidierte Text denn auch herbe Kritik seitens der Regierungen.

Der Widerstand gegen Tiefseebergbau erstarkt

Vor einem Jahr forderten nur eine Handvoll Regierungen ein Moratorium. Die Tiefseebergbauindustrie war sich sicher, dass sie grünes Licht für den Abbau im Jahr 2024 erhalten würde. Doch sie hat sich getäuscht, denn die Forderung nach einem Moratorium wird unter den Regierungen lauter. Zum Auftakt der laufenden Verhandlungen ergriff auch Dänemark eine Pro-Moratorium-Position. Somit argumentieren nun 25 Nationen, dass wir auf die Wissenschaft hören und unsere Ozeane schützen müssen.

Zudem fordern weltweit über 2 Millionen Menschen die Regierungen auf, Geschichte zu schreiben, indem sie für ein Moratorium für den Tiefseebergbau stimmen. Über dieses Anliegen wird die ISA-Versammlung, die sich aus 167 Staaten und der Europäischen Union zusammensetzt, im Juli 2024 beraten.