Die Syngenta Agro AG wollte den Einsatz eines Pestizid mit dem Wirkstoff Tefluthrin auf neue Pflanzen ausdehnen. Damit wäre der Einsatz auf mehr Flächen möglich geworden – mit entsprechend grösseren Gefahren für die Umwelt. Die Zulassungsbehörden stimmten der Erweiterung zu. Wir wehrten uns dagegen bis vor Bundesgericht – mit Erfolg.

Syngenta wollte den Einsatz des giftigen Wirkstoffs Tefluthrin ausweiten

Die Syngenta Agro AG* mit Sitz im aargauischen Stein verfügt seit 2012 über die Bewilligung, ein Pestizid mit dem Wirkstoff Tefluthrin zu verkaufen, beschränkt auf Futter- und Zuckerrüben. Tefluthrin ist ein Insektizid, das für Nützlinge wie Bienen und Regenwürmer giftig ist.

2020 bewilligten die Behörden die «Erweiterung des Einsatzbereichs». Zuständig für die Zulassung von Pestiziden ist seit 1. Januar 2022 das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV). Zuvor oblag diese Aufgabe dem Bundesamt für Landwirtschaft.

Syngenta wollte das Pestizid neu auch als Beizmittel für Getreide, Mais und Chicorée verkaufen. Das entspricht einer massiven Ausweitung auf mehr Ackerflächen und ist mit grösseren Gefahren für die Umwelt und Artenvielfalt verbunden. 

Basel, 17. April 2013: Greenpeace-Aktivist:innen erklettern den Hauptsitz des Basler Agrochemie-Konzerns Syngenta. Dieser leugnet systematisch, dass seine Pestizide Bienen töten. Mit einem riesigen Banner fordert Greenpeace ein umfassendes Verbot bienenschädlicher Pestizide, um das Bienensterben zu stoppen.
© Greenpeace / Ex-Press / Michael Würtenberg

Gefahren nicht ausreichend geprüft

Wir erhoben gegen diesen Entscheid erfolglos Beschwerde beim Bundesverwaltungsgericht. Darauf gelangten wir ans Bundesgericht. Das höchste Schweizer Gericht hat diese Beschwerde nun gutgeheissen. Die Behörden hätten die Risiken ungenügend abgeklärt. Sie hätten unter anderem die möglichen Gefahren durch Tefluthrin auf Gewässer und Insekten nicht ausreichend geprüft.

Mit diesem Entscheid verpasst das Bundesgericht der Zulassungsbehörde und Syngenta eine happige Rüge. Die drei Richterinnen und zwei Richter fordern das BLV auf, den Wirkstoff einer detaillierten Risikoprüfung zu unterziehen, insbesondere was dessen Auswirkungen auf Gewässer angeht. 

Behörden sind keine Handlanger der Agrochemie

Iris Menn, Greenpeace-Geschäftsleiterin, sagt: «Das Bundesgericht hat sich für die Artenvielfalt entschieden. Die Zulassungsbehörden dürfen nicht Handlager der Agrochemie spielen.»

Der höchstrichterliche Entscheid zeigt zudem, wie wichtig die Verbandsbeschwerde für die Umwelt ist. Das Verbandsbeschwerderecht erlaubt es – wie im vorliegenden Fall –, dass Umweltorganisationen gerichtlich überprüfen lassen können, ob Zulassungsbehörden geltendes Recht anwenden oder nicht. 

*Die Syngenta Agro AG mit Sitz in Stein (AG) ist gemäss eigenen Angaben zuständig für das Schweizer Geschäft mit Pestiziden und Saatgut. Sie gehört zum chinesischen Staatskonzern Sinochem.

Verbandsbeschwerderecht

Mit dem Verbandsbeschwerderecht kann einzig erreicht werden, dass die geltenden Gesetze eingehalten werden. Eine Beschwerde bewirkt, dass ein Gericht besonders heikle Projekte mit Eingriffen in die Natur auf ihre Rechtmässigkeit prüfen kann. Den Entscheid fällt immer das Gericht. Weist es eine Beschwerde ab, müssen die Verbände für die Verfahrenskosten aufkommen. Die vom Bundesrat bestimmten Organisationen müssen über den sorgfältigen Gebrauch des Beschwerderechts jährlich Rechenschaft ablegen. Das Verbandsbeschwerderecht besteht seit 1967 und wurde 2007 umfassend revidiert. 2008 hat es das Schweizer Volk mit 66 Prozent der Stimmen in allen Kantonen bestätigt. Dank dem Beschwerderecht gerettet wurden zum Beispiel: Aletschgebiet, Bolle di Magadino, Rebberge im Lavaux. Mehr zum Verbandsbeschwerderecht: stimmedernatur.ch