Die vorliegende Seite fasst die wichtigsten Punkte des Greenpeace-Dokumentes «FSC at Risk» (engl.) sowie des dazugehörigen «Appendix» zusammen, welcher unsere konkreten Vorschläge und Forderungen sowie die dazugehörigen FSC-Kontaktpersonen in Tabellenform auflistet. Dies, sowie vierteljährliche Updates, sogenannte «FSC Progress Reports» (engl.), sind hier einsehbar.
Greenpeace unterstützt den FSC weiterhin, beobachtet jedoch die rapide schwindende Integrität und Glaubwürdigkeit des FSC-Systems aufgrund einer schnell wachsenden Anzahl von umstrittenen Zertifizierungen in diversen Regionen mit großer Sorge. Es sind die Grundsätze des FSC und seine darauf aufbauende Glaubwürdigkeit, die den guten Ruf und eine hohe Marktakzeptanz ausmachen. Gewisse Forstunternehmen und Abnehmer von Holzerzeugnissen haben seit nunmehr fast zwanzig Jahren ihr Vertrauen und Geld in FSC investiert, welches ihnen Sicherheit bot. Der jetzige Expansionstrend des FSC in Hochrisikoregionen sowie die sich häufenden Fälle, dass der FSC seinen eigenen Standards nicht mehr gerecht wird, können dazu führen, das alle FSC-Zertifikate am Markt mit diesen schlechten Beispielen gleichgesetzt werden. Die von uns und weiteren Akteuren beobachtete inkonsequente Anwendung der FSC-Grundsätze birgt erhebliche Risiken für Organisationen, die den FSC unterstützen.
Trotzdem sind wir überzeugt, dass der FSC derzeit noch immer das einzige weltweit operierende System ist, dem es gelingen kann, die Bedingungen vor Ort in den Wäldern tatsächlich zu verbessern. Wir sind nicht der Auffassung, dass andere Systeme zur Zertifizierung von Forstwirtschaft wie etwa PEFC, SFI oder CSA in der Lage sind, eine verantwortungsvolle Waldbewirtschaftung sicherzustellen. Den anderen Systemen fehlen schon die Grundvoraussetzungen für den Schutz sozialer und ökologischer Werte.
Auch glauben wir, dass der FSC trotz der von uns benannten Probleme über eine geeignete Rahmenstruktur verfügt sowie über Grundsätze und Richtlinien, die, wenn sie konsequent angewandt werden, sozial und ökologisch wünschenswerte Bedingungen und Abläufe garantieren können. Wir sind auch überzeugt dass die derzeitigen Probleme nur durch Kooperation aller FSC-Unterstützer überwunden werden können.
Nachstehend haben wir die unserer Meinung nach wesentlichsten Probleme zusammengefasst, deren Lösung für den FSC und seine Mitglieder höchste Priorität haben müsste:
Mangelnder Schutz
Mangelnder Schutz besonders erhaltenswerter Bestände – sogenannte «HCV (High Conservation Values) Forests» – in zertifizierten Wäldern
Weltweit werden FSC-Zertifikate an Unternehmen vergeben, deren Holzeinschlagsaktivitäten besonders schützenswerte High-Conservation-Value-Wälder zerstören. Darunter fallen Urwälder, die den Lebensraum vieler bedrohter Tier- und Pflanzenarten bilden sowie Waldgebiete, die der indigenen sowie lokalen Waldbevölkerung als Lebensgrundlage dienen.
FSC vergibt systematisch Zertifikate, die HCV-Wälder in Kanada, Russland, Schweden, Spanien, Indonesien und dem Kongobecken gefährden.
Abholzung
Abholzung in intakten Urwaldgebieten: IFL (Intact Forest Landscape)
IFL sind ausgedehnte, mehr oder weniger intakte Urwaldgebiete, welche äusserst wichtig sind für die Eindämmung des Klimawandels, zur Erhaltung der Artenvielfalt sowie für weitere Funktionen eines Ökosystems, auf das viele Millionen Menschen direkt angewiesen sind.
IFL schrumpfen weltweit rapide. Obwohl das FSC-System IFL als HCV-Gebiete einstuft, werden regelmässig Zertifikate vergeben, welche die Degradierung oder Zerstörung solcher Wälder gestatten. FSC schützt nicht einmal die erhaltenswertesten Wälder der Erde vor nicht nachhaltigem Holzeinschlag – das muss sich ändern.
Greenpeace hat Beweise dafür gesammelt dass FSC-zertifizierte Unternehmungen der Degradierung und Zerstörung von IFL in Kanada, Russland und dem Kongobecken Vorschub leisten.
Lösungsansätze
Intakte und grosse zusammenhängende Urwälder (IFLs) sowie andere HCV-Gebiete müssen mit Hilfe des FSC-Systems bewahrt und geschützt werden.
Es müssen Indikatoren zum Schutz von IFL und Lebensräumen gefährdeter Arten geschaffen werden; diese müssen in den «International Generic Indicators» (IGI)-Prozess und in die HCV-Richtlinien eingebunden werden (Richtlinien zur HCV-Identifizierung waren Anfang 2013 fällig, solche zum HCV-Management müssten in Bearbeitung sein).
Bemerkung zu den HCV-Richtlinien: FSC verspricht seit vielen Jahren, HCV-Richtlinien zu veröffentlichen und somit ein korrektes, breit abgestütztes Verständnis zu HCV-Gebieten zu ermöglichen sowie ihre Identifizierung zu erleichtern und einen besseren Schutz dieser Gebiete zu erreichen. FSC hat dazu eine HCV-Expertengruppe ins Leben gerufen, welche ihren Sachverstand in die HCV-Richtlinien einfließen lässt. Diese werden aus zwei Teilen bestehen: Identifizierung von HCV-Gebieten sowie Richtlinien für deren Bewirtschaftung.
Menschenrechtsverletzungen
Hochrisikogebiete – Soziale Konflikte
Es gibt FSC-zertifizierte Unternehmen, die wegen Land- und Nutzungsrechten im Konflikt mit ortsansässigen Gemeinden oder Indigenen stehen. Greenpeace hat solche Konflikte in Indonesien, dem Kongobecken und Brasilien dokumentiert. Auch in Regionen in Kanada herrschen anhaltende Konflikte zwischen indigener Bevölkerung und zertifizierten Firmen.
Hochrisikogebiete – Menschenrechtsverletzungen
Der FSC hat seine Tätigkeiten in einige der heikelsten Waldregionen, wie etwa das Kongobecken, ausgedehnt. Solche Gebiete zeichnen sich aus durch hohe Korruption, schlechte Regierungsführung, mangelnde Kontrolle und Rechtsdurchsetzung sowie fehlende Landnutzungsplanung und undurchschaubare Strukturen. Greenpeace hat in zwei Fällen aufgrund schwerer Menschenrechtsverletzungen in der Demokratischen Republik Kongo Beschwerde wegen Verletzung der sogenannten «FSC Policy for Association» eingereicht.
Lösungsansätze
Die Zertifikatsvergabe in «Hochrisikogebiete» muss ausgesetzt werden, bis ausreichende Sicherheitsmassnahmen, so genannte «Safeguards» in Kraft sind.
Ausserdem fordern wir die Suspendierung von FSC-Zertifikaten in allen Fällen, in denen kein Einvernehmen mit der lokalen Bevölkerung besteht.
Auch die FSC-Sorgfaltspflicht-Bestimmungen und die Kontrolle der Umsetzung der «Policy for Association»-Richtlinien müssen gestärkt werden.
Bemerkung: Soziale Konflikte, juristische und menschenrechtliche Probleme müssen umgehend angegangen werden; dazu sind Sicherheitsmaßnahmen für die Zertifizierung in «Hochrisikogebieten» zu entwickeln. Dies soll bei Problemfeldern wie fehlender Rechtssicherheit und -durchsetzung, Kontrolle, Einbindung der Zivilgesellschaft sowie Transparenz greifen und muss sich auch in den Bestimmungen des FSC zur Sorgfaltspflicht (Due Diligence Requirements) und der Übereinstimmung mit den «Policy for Association»-Richtlinien niederschlagen.
Controlled Wood
Controlled Wood (CW): «Kontrolliertes Holz» bleibt unkontrolliert
Der FSC billigt die Auszeichnung von Hölzern als «kontrolliert» trotz mangelhafter Kontrolle und ohne ausreichende Beweise für deren Unbedenklichkeit.
Bei dem CW-Zertifikat der Firma Sodefor in der Demokratischen Republik Kongo wurde sogar die Illegalität des «kontrollierten Holzes» von unabhängigen Beobachtern der Organisation «Resource Extraction Monitoring» aufgezeigt. Ausserdem scheinen einige Unternehmen die CW-Regelung als Dauerlösung zu sehen und nicht, wie ursprünglich geplant, als Übergangslösung.
Lösungsansätze
Das «Controlled Wood»-System muss dringend verbessert werden, um zu gewährleisten, dass keine bedenklichen Hölzer mehr in das FSC-System gelangen.
Auch muss erreicht werden, dass die Übergangslösung «kontrolliertes Holz» ausläuft und Unternehmen zur voll zertifizierten Forstwirtschaft übergehen. Damit Unternehmen dazu übergehen, volle FSC-zertifizierte Wirtschaft zu betreiben, muss das FSC seine Angebotssparte «aus gemischten Hölzern» («FSC Mix»-Label) auslaufen lassen.
Des Weiteren ist es dringend notwendig dass das FSC so bald wie möglich das «Modular Approach Programme» (MAP)-System einführt und mit besonderer Priorität Gemeinden und Kleinbetriebe dabei unterstützt, volle FSC-Zertifizierung zu erhalten.
Nicht zuletzt muss FSC sein globales CW-Risiko-Register auf den neuesten Stand bringen und die nationalen Risikoeinschätzungen (National Risk Assessments) den neuen Erfordernissen anpassen. Wo keine nationalen Risikoeinschätzungen vorliegen, müssen eigene Risikoeinschätzungen im Feld gemacht werden.
Umsetzung des FSC-Standards
Schwache Umsetzung des FSC-Standards sowie mangelhafte Performance der Zertifizierungsfirmen
Dies hat in mehreren Regionen dazu geführt dass unter anderem die Einbeziehung der Stakeholder ungenügend ist, dass nicht immer die aktuellsten wissenschaftlichen Erkenntnisse genutzt werden und dass dem Vorsorgeprinzip keine Beachtung geschenkt wird. Auch die Auslegung der FSC-Prinzipien und -Kriterien ist in vielen Fällen mangelhaft. Da die Zertifizierungsstellen von den zu zertifizierenden Unternehmen bezahlt werden, besteht ein grundlegender Interessenkonflikt bei der Zertifikatsvergabe.
Lösungsansätze
Über die International Generic Indicators (IGI), die zurzeit entwickelt werden, kann die Auslegung der Prinzipien und Kriterien gestärkt werden. Die IGI müssen sich insbesondere mit Punkten auseinandersetzen die der Klärung bedürfen. Dazu gehören Kriterien wie:
- nachhaltige Erträge (Kriterium 5.2),
- Instandhaltung und Wiederherstellung natürlicher Wälder (Kriterium 6.6),
- die Forderung nach einem Minimum von 10 Prozent an Waldschutzgebieten (Kriterium 6.5),
- und die oben genannten, die HCV-Gebiete betreffenden Aspekte
Des Weiteren muss ASI (Accreditation Services International) für eine bessere Zertifizierungs-Performance sorgen. ASI muss einen Aktionsplan entwickeln, welcher eine bessere Performance und bessere Kontrollmechanismen garantiert, damit FSC-Standards vor Ort besser umgesetzt werden.
Bemerkung: FSC hat sich von ASI getrennt (im Sinne dass es offiziell nicht mehr als Eigentümer von ASI ausgewiesen wird) und ist gerade dabei, eine Qualitätssicherungsabteilung (Quality Assurance Unit) zu schaffen, um Zertifizierungen mit hohen Standards besser zu unterstützen und fordern zu können.
Report: «FSC at Risk»
Hier den ganzen Bericht «FSC at Risk» (engl.) lesen
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