Ginge es nach dem Willen der Gentechnik-Industrie, wären Gentech-Pflanzen auf dem Acker und im Essen längst die Regel. Dabei häufen sich Beispiele dafür, dass diese Risikotechnologie Gefahren für unsere Gesundheit und Umwelt mit sich bringt: Fremde Gene in Lebensmitteln können neue Giftstoffe und Allergien verursachen. Der Anbau von Gentech-Pflanzen gefährdet die biologische Vielfalt und führt zu einem vermehrten Pestizideinsatz.

Zahlen und Fakten

Jedes Jahr veröffentlicht die von der Gentechnik-Industrie finanzierte, amerikanische Organisation Service for Acquisition of Agri-Biotech Applications (ISAAA) neue Zahlen über die weltweite Zunahme der Anbaufläche gentechnisch veränderter Pflanzen.
Aus Mangel an alternativen Datenquellen übernehmen die Medien diese Zahlen seit Jahren ungeprüft. Dieser Text bezieht sich auf Zahlen aus dem 2008.


Kornkreises in einem Maisfeld, auf dem versuchsweise gentechnisch veränderter Mais angebaut wird.

© Greenpeace/Pedro Armestre

Folgende Fakten stehen nicht im ISAAA-Report:

  • 92% der landwirtschaftlich genutzten Fläche weltweit ist gentechnikfrei.
  • 90% des Anbaus findet in nur vier Staaten statt, nämlich USA (53%), Argentinien (18%), Brasilien (11.5%) und Kanada (6.1%).
  • Selbst nach über 10 Jahren sind Soja, Mais, Raps und Baumwolle die einzigen gentechnisch veränderten Pflanzen, die in nennenswertem Umfang angebaut werden.
  • Die auf dem Markt derzeit verfügbaren Gentech-Pflanzen besitzen lediglich eine oder zwei Eigenschaften: Pestizidsresistenz und/oder Insektenresistenz.
  • Bisher gehören alle kommerziell genutzten gentechnisch veränderten Pflanzen vier Firmen: Monsanto, Dupont, Syngenta und Bayer. Monsanto verkauft mehr als 90% aller weltweit angebauten Gentech-Saaten.
  • Ein Jahrzehnt nachdem Gentech-Mais auf den Markt gebracht wurde, sind sechs der zehn grössten Maisanbauländer 100% gentechfrei.
  • 2007 gab ISAAA ein Wachstum von 77% beim Anbau von Gentech-Pflanzen in Europa an. Tatsächlich wurden auf nur 0.119% der landwirtschaftlichen Fläche in Europa Gentech-Pflanzen angebaut. Im Vergleich dazu wurden 2006 4% der EU-Landwirtschaftsfläche ökologisch bewirtschaftet.

Soziale und wirtschaftliche Auswirkungen

Die Industrie propagiert viele Wunder rund um gentechnisch veränderte Organismen (GVO) und kreiert Erwartungen, die bisher nicht wirklich erfüllt werden konnten. Schlimmer noch, GVO bergen Risiken, welche die Industrie nicht in den Griff bekommt:

  • Seitdem Gentech-Pflanzen auf dem Markt sind, werden konventionelle und ökologische Kulturen immer wieder durch GVO verunreinigt – und die Bauern zahlen dafür ihren Preis.
    Kontaminierte Ernteprodukte lassen sich schlechter verkaufen als konventionelle oder ökologische. Kompensationen für die geschädigten Bauern gibt es eigentlich keine. In praktisch keinem Land auf der Welt können die Gentech-Hersteller oder -Anbauer in Kontaminationsfällen haftbar gemacht werden.
  • Gentech-Pflanzen minimieren den Einsatz von Spritzmitteln nicht.
    Ökosysteme können nicht einfach überlistet werden: Wird ein Schädling oder ein Unkraut aus dem Nahrungskreislauf entfernt, taucht ein anderer auf. In Indien wurde die Baumwollernte 2007 durch einen «zweiten» Schädling zerstört, auf den das Bt-Gift der Gentech-Pflanze nicht gewirkt hatte. Die betroffenen Bauern bezahlten die doppelte Zeche: zuerst das teurere «Premium»-Gentech-Saatgut und dann Pestizide, um den neuen Schädlingen Herr zu werden. In den ersten neun Monaten jenes Jahres begingen 800 indische Baumwollbauern Selbstmord, weil sie nicht mehr wussten, wie sie ihre Familien ernähren sollen.
  • Keine bisher kommerziell angebaute Gentech-Pflanze hat den Ernteertrag erhöht, besitzt einen höheren Nährwert oder ist dürre- oder salzresistent.
    In Argentinien waren die durchschnittlichen Ernteerträge mit konventioneller Baumwolle in den Jahren 1987–96, also bevor Gentech-Baumwolle eingeführt wurde, höher als jemals danach.
    Studien zu Roundup Ready Soja, der am meisten verbreiteten Gentech-Pflanze, zeigen einen 5–10% geringeren Ernteertrag verglichen mit konventioneller Soja.
    Dagegen können im Bereich der Züchtung bereits diverse Erfolge aufgewiesen werden, um zukünftigen Herausforderungen wie Dürrekatastrophen oder zunehmend versalzenen Böden mit entsprechenden Sorten begegnen zu können. So haben philippinische Wissenschaftler einen konventionellen Reis entwickelt, der mehrere Tage komplett unter Wasser überleben kann, z.B. während einer Überschwemmung.
  • Landwirte werden vor Gericht gezogen, wenn sie Samen von Gentech-Pflanzen für die Wiederaussaat aufbewahren.
    Monsanto verklagt jedes Jahr mehrere hundert US-Bauern. In Gerichtsurteilen wurden Landwirte zu Zahlungen von über 21$ Millionen verurteilt. Schätzungsweise wird eine viel grössere Menge – bis zu 160$ Millionen – in aussergerichtlichen Verhandlungen bezahlt.
  • Gentech-Pflanzen lösen das weltweite Hunger- und Armutsproblem nicht.
    Das kann mit Hilfe der ISAAA-Statistik selbst belegt werden: In allen vier von ISAAA genannten «Entwicklungsländern» werden Gentech-Pflanzen nämlich keineswegs für die Ernährung der Bevölkerung angebaut. In Argentinien und Brasilien wächst fast ausschließlich Gentech-Soja, in Indien und China nur genmanipulierte Bt-Baumwolle: Beide Pflanzenarten werden fast ausschliesslich als Tierfutter in die Industriestaaten exportiert oder zu Textilien verarbeitet.
  • Vielmehr zerstört die von Monokulturen geprägte industrielle Gentech-Landwirtschaft die Produktion von Nahrungspflanzen und die Lebensgrundlage der lokalen Bevölkerung.
    Der Prozentsatz der in Armut lebenden Bevölkerung in Paraguay ist seit dem Gentech-Sojaboom zwischen 2000 und 2005 von 33.9% auf 39.2% gestiegen. Sojapflanzen bedecken heute die Hälfte der landwirtschaftlichen Fläche, 90% davon sind gentechnisch verändert. Bis zu 100’000 Bauern wurden seither von ihrem Land vertrieben.
  • Länder, welche keine Gentech-Pflanzen anbauen wollen, werden unter Druck gesetzt.
    Nachdem Sambia 2002 genmanipulierten Mais als Nahrungsmittelhilfe aus den USA ablehnte, nannte ein US-Botschafter dies «das schlimmste Verbrechen gegen die Menschlichkeit» . Drei Jahre später verkündete das von Dürrekatastrophen gebeutelte Land eine Rekord Maisernte – ganz ohne GVO.
  • Die Abhängigkeit der Bauern von einigen wenigen Agrokonzernen steigt, sowohl was die Angebotsvielfalt als auch die Preise betrifft.
    2006 beherrschten die 10 grössten Saatgutfirmen 57% des internationalen Saatgutmarktes. Dies sind 20% mehr als 10 Jahre zuvor.
  • Der Anbau oder Import von Gentech-Pflanzen führt nicht zu sinkenden Lebensmittel- oder Futtermittelpreisen.
    Selbst in den USA, dem «Eldorado» der Agro-Gentechnik, sind Preissteigerungen zu verzeichnen.

Auswirkungen auf Umwelt und Gesundheit

Auswirkungen auf die biologische Vielfalt

Schädlingsresistente Pflanzen töten spezifische Schädlinge, welche die Pflanze üblicherweise angreifen. Nebst ihrer beabsichtigten tödlichen Wirkung sind diese Pflanzen ebenfalls:

  • giftig für Nicht-Zielorganismen wie Schmetterlinge.
    In den USA wurde von Forschern in einer Langzeitstudie festgestellt, dass es nachteilige Folgen für das Verhalten  und Überleben des Monarchfalters hat, wenn er über längere Zeit den Pollen von Gentech-Mais, der das Bacillus thuringiensis (Bt) Toxin enthält, ausgesetzt ist.
  • giftig für andere nützliche Insekten.
    Gentechnisch veränderte Bt-Pflanzen schädigen Insekten wie die Florfliege (Chrysoperla rufilabris), welche für die biologische Schädlingsbekämpfung in Maiskulturen wichtig ist.
    Trotz dieser Erkenntnisse wird beim Bewilligungsverfahren für Gentech-Pflanzen in der EU oder der Schweiz nur die unmittelbar bestehende, akute Giftigkeit berücksichtigt. Mögliche negative Auswirkungen auf Organismen, die weiter oben in der Nahrungskette stehen, werden kaum untersucht. Solche Auswirkungen können aber wichtig sein. Beispiel Florfliege: diese nimmt das Gift durch die Beute auf.
    Der «einstufige» Ansatz der Risikobewertung wird in wissenschaftlichen Kreisen kritisiert. Es wird gefordert, Auswirkungen von Bt-Pflanzen auf verschiedenen Ebenen der Nahrungskette zu untersuchen.
  • eine Bedrohung für Boden-Ökosysteme.
    Viele Bt-Pflanzen scheiden das Gift durch ihre Wurzeln in den Boden aus. Auch die Ernterückstände auf dem Feld enthalten das Bt-Toxin.
    Es besteht der Verdacht, dass im Boden eine ganze Reihe von Nicht-Ziel-Organismen wie der Regenwurm betroffen sein können. Tests sind bisher nur an sehr wenigen Spezies und sehr wenigen Bodenarten und Ökosystemen durchgeführt worden. Langzeitstudien wären unbedingt notwendig, um die Risiken besser abschätzen zu können.

Zusätzlich zu den oben aufgeführten Punkten haben Risikobewertungen bisher verfehlt, mindestens zwei weitere Auswirkungen von Bt-Mais auf andere Lebewesen zu berücksichtigen:

  • Wenn Bt-Pflanzenrückstände in Gewässer gelangen, könnten sie auf Wasserlebewesen giftig wirken. Dies unterstreicht die Komplexität der Wechselwirkungen in einem natürlichen Umfeld.
  • Bt-Mais wird häufiger von Läusen befallen als konventioneller Mais, was auf eine veränderte chemische Zusammensetzung des Pflanzensafts zurückzuführen ist. In keinem einzigen Anbau-Gesuch von Bt-Mais wurde diese Erkenntnis weder erwähnt noch berücksichtigt.

Herbizidtolerante (HT) Pflanzen stehen in Zusammenhang mit:

  • toxischen Auswirkungen von Herbiziden auf Ökosysteme.
    Roundup, das von Monsanto zusammen mit den Roundup Ready Gentech-Pflanzen verkaufte Pflanzengift, kann sich schädlich auf den menschlichen Hormonhaushalt auswirken. Es ist auch für Kaulquappen giftig.
  • erhöhter Unkrauttoleranz gegenüber Herbiziden.
    Die Entwicklung von Unkrautresistenzen gegenüber Roundup Ready stellt in den USA und in anderen Ländern, wo Roundup Ready Gentech-Pflanzen in grossflächig angebaut werden, mittlerweile ein ernstzunehmendes Problem dar. Zur Unkrautbekämpfung werden nun grössere Mengen eingesetzt . Oder es werden zusätzliche (noch giftigere) Herbizide eingesetzt, um die Wirkung von Roundup zu ergänzen.
  • Rückgang von Wildkräutern und Verlust der biologischen Vielfalt.
    Eine von der britischen Regierung beauftragte Studie hat festgestellt, dass an Feldrändern von Gentech-Rapskulturen 24% weniger Schmetterlinge zu beobachten waren, weil es weniger Wildkräuter (also Nektar) gab, von dem sie sich hätten ernähren können. Auch waren für Vögel weniger Samenkörner von Rapspflanzen oder Zuckerrüben verfügbar.
  • Abnahme der Bodenbakterien.
    Der Herbizideinsatz bei Gentech-Sojapflanzen führt zu einer Abnahme nützlicher Bakterien.

Auswirkungen auf die Gesundheit

Es ist ungeklärt, ob Gentech-Pflanzen für die Gesundheit von Mensch und Tier unbedenklich sind. Langzeitstudien dazu fehlen. Diese Tatsache spiegelt sich in der anhaltenden Debatte über Risikobewertungen von Gentech-Pflanzen wider.

Die Kontroverse über den pestizid-produzierenden Bt-Mais MON863 beispielsweise ist von unabhängigen Wissenschaftlern aufgeworfen worden. Sie haben bei Versuchstieren Veränderungen im Blutbild oder den Organen festgestellt. Anstatt die Unsicherheit bezüglich der Unbedenklichkeit von MON863 ernst zu nehmen und weitere Untersuchungen durchzuführen, haben die EFSA  und die Gentech-Industrie  versucht, die Bedeutung dieser Befunde zu widerlegen.

Es ist haltlos und irreführend zu behaupten, GVO seien für die menschliche Gesundheit unbedenklich, weil die US-Bevölkerung diese seit 10 Jahren konsumiere und keine erkennbaren Schäden beobachtet werden konnten. Dazu gibt es keine Langzeitversuche. Es steht aber fest, dass GVO potentiell allergische Reaktionen auslösen können, und zwar in weit grösserem Ausmass als konventionelle Sorten. Langzeitversuche in Australien haben beispielsweise gezeigt, dass Gentech-Erbsen allergische Reaktionen in Mäusen hervorrufen. Wegen dem Gentech-Futter haben die Mäuse auch eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber anderen Lebensmittelallergien gezeigt.

Zulassungsverfahren für Gentech-Produkte sind ungenügend

Das Zulassungsverfahren für Gentech-Produkte in der EU ist lückenhaft gestaltet.
Zurzeit bilden die wissenschaftlichen Gutachten der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA die hauptsächliche Entscheidungsgrundlage für die Zulassungen von GVO.

Dies widerspricht den gesetzlichen Anforderungen der EU, welche eine umfassende Prüfung und Einschätzung der Risiken und Auswirkungen von Gentech-Produkten auf Umwelt und Gesundheit verlangen.

So stützt die EFSA ihre Gutachten hauptsächlich auf Informationen der Gentech-Konzerne ab, anstatt sich an EU-Gesetze zu halten. Diese verlangen nämlich eine Risikobewertung mit Untersuchungen der direkten, indirekten, kumulativen und langfristigen Auswirkungen von Gentech-Pflanzen auf die Umwelt und auf die Gesundheit. Solche Informationen beinhalten die Bewilligungsanträge der Gentech-Industrie aber nicht.

Wichtige Informationsquelle für Schweizer Behörden sind ebenfalls firmeneigene Daten sowie die unzureichenden Gutachten der EFSA.

Greenpeace fordert

  • Keine Freisetzung von genmanipulierten Organismen!
  • Eine ökologische und selbstbestimmte Lebensmittelproduktion!

Das können Sie tun

  • Kaufen Sie regionale und ökologisch produzierte Lebensmittel. Billige Massenware unterstützt unter anderem die Gentech-Industrie.
  • Unterstützen Sie Organisationen, die sich für eine gentechnikfreie Landwirtschaft und Forschung einsetzen.