Bewaffnet und maskiert, so durchkämmen sie die Ozeane. Sie rauben den Fischergemeinden dringend benötigte Nahrung und Einkommen und verwüsten die betroffenen Meeresgebiete mit ihren ausbeuterischen Fangmethoden. Greenpeace hat den Begriff für dieses Phänomen geprägt: Piratenfischer.
Sie wildern am liebsten dort, wo Kontrollen die Ausnahme sind: auf der Hohen See, in entlegenen Gebieten oder vor den Küsten der armen Länder, die nicht in der Lage sind, Überwachungsfahrten und Kontrollen zu finanzieren.
Das Milliardengeschäft
Die im Fachausdruck illegale, unregulierte und undokumentierte (IUU) Fischerei genannten Raubzüge stellen eine milliardenschwere Realität für die Länder dar, die sich am wenigsten dagegen wehren können. Weltweit entstehen den ärmsten Ländern in Summe jährlich vier Milliarden US-Dollar Verluste durch die Piratenfischerei. Nach Angaben der Vereinten Nationen verliert Somalia jährlich 300 Millionen $ an die Piratenfischer, Guinea etwa 100 Millionen $.
Die Welternährungsorganisation FAO schätzt, dass in einigen Fischereien die illegale Fischerei über 30 Prozent der gesamten Fangmenge abschöpft. Weltweit ist jeder fünfte Fisch auf den Tellern illegal gefangen. Es ist viel zu einfach, Piratenfischer zu werden und das Risiko, dabei erwischt zu werden, ist gering.
Schlupfloch Billigflaggenländer
In Filmen hissen Piraten stolz die schwarze Flagge mit dem Totenkopf. In der Realität segeln sie unter der Flagge von so genannten Billigflaggenländern oder ganz ohne Nationalitäten-Flagge und Namenszug am Schiff umher. Die häufigsten Anbieter von Billigflaggen sind Panama, Belize, Honduras und St. Vincent & Grenadinen: Sie stellen zusammen etwa 80 Prozent der unter Billigflagge fahrenden industriellen Fischereifahrzeuge.
Billigflaggenländer sind in der Regel keinem internationalen oder regionalen Fischereiabkommen beigetreten und müssen somit keine Fangquoten beachten. Diese Länder bieten damit jeder Fischereifirma die Möglichkeit, die internationalen Regeln und strengeren Gesetze ihrer Heimatländer zu umgehen. Die Piratenfischerei umgeht oftmals auch Sicherheitsstandards und soziale Mindeststandards für ihre Besatzung.
Sie agieren weltweit: ob Dorsch in der Ostsee, Schwarzer Seehecht im Südpolarmeer, ob Thunfisch im Zentralpazifik, Garnelen und Seezungen vor der Küste Westafrikas – kein Meer ist vor ihnen sicher. Die Piratenfischer gehen auf die wertvollsten Fischarten los.
Mangelnde Kontrollen
Regierungen setzen kaum Maßnahmen, um die Aktivitäten der Piraten aufzuhalten oder auch nur zu überprüfen, was in ihren eigenen Häfen angeliefert wird. Die Piratenbeute wird nicht selten gleich auf See auf Kühlschiffe verladen, absichtlich mit legalem Fang vermischt – das sogenannte «Transhipping».
Las Palmas (Gran Canaria), Suva (Fidschi) oder Mauritius sind bekannte Umschlaghäfen, denn dort gibt es kaum Kontrollen. Erst seit Januar 2010 gibt es in der EU eine umfangreiche Gesetzgebung gegen illegale Fischerei – doch umgesetzt ist sie bisher in den wenigsten Ländern.
Was unternimmt Greenpeace?
Greenpeace ist seit etlichen Jahren weltweit auf den Meeren und in Häfen unterwegs, um Piratenfischer aufzuspüren: Von Westafrika über das Mittelmeer bis in die Barentssee im Nordatlantik, von Südpolarmeer bis in den Westpazifik. In etlichen Patrouillenfahrten wurden illegale Flotten gestellt und nicht selten den Behörden übergeben. Vor Westafrika war Greenpeace zuletzt Anfang 2010 unterwegs.
Greenpeace führt auch seit einigen Jahren im Internet eine weltweite «Blacklist», in der alle Schiffe oder Firmen gelistet sind, die auf den offiziellen «Schwarzen Listen» von Fischereiorganisationen stehen oder von Greenpeace selbst bei IUU-Fischerei überführt wurden. Diese «Blacklist» kann auch vom Handel genutzt werden, um IUU-Fisch auszuschließen.
Das fordert Greenpeace:
- Regierungen haben die Möglichkeit, Billigflaggen zu verbieten und IUU-Fangschiffen die Einfahrt in den Hafen zu verweigern.
- Transhipments, also Fangübergaben von Fangschiffen an Transportschiffe auf See, müssen verboten werden.
- Eine lückenlose Rückverfolgbarkeit der gesamten Handelskette Schiff bis ins Regal. Das erfordert eine lückenlose Dokumentation der Lieferkette. In der EU ist dies seit Januar 2010 Gesetz – allerdings hapert es an der Umsetzung. Auch Konsumenten müssen durch eine bessere Kennzeichnung von Fischprodukten in der Lage sein können, die Herkunft festzustellen.
- Alle Fischereischiffe müssen per Satellitentechik mit dem sogenannten Vessel Monitoring System überwacht werden. Behörden müssen diese Daten gemeinsam nutzen können.