In Kleidung des Online-Textilhändlers Shein stecken weiterhin gefährliche Chemikalien, wie ein neuer Bericht von Greenpeace Deutschland zeigt. 18 von 56 untersuchten Kleidungsstücken (32 Prozent) der chinesischen Fast-Fashion-Marke enthielten gefährliche Chemikalien, welche die Grenzwerte der europäischen Chemikalienverordnung (REACH) teils extrem überschreiten, darunter auch Kinderkleidung. Unter den getesteten Produkten sind auch Damen-Regenstiefel, die in die Schweiz geliefert wurden und deren Phtalatgehalt 71-mal über dem zulässigen Grenzwert liegt.

Auch in anderen Artikeln wurden die Weichmacher Phthalate nachgewiesen, sowie die wasser- und schmutzabweisende «Ewigkeitschemikalie» PFAS. Dabei handelt es sich um potenziell giftige Chemikalien, die mit verschiedenen Krankheiten in Verbindung gebracht wurden, darunter Krebs, Fortpflanzungsstörungen und Wachstumsstörungen bei Kindern sowie einer Schwächung des Immunsystems. Besonders betroffen sind Arbeiter:innen und die Umwelt in den Produktionsländern. Aber auch Konsument:innen kommen über Hautkontakt, Schweiss oder eingeatmete Fasern mit den Chemikalien in Berührung. Beim Waschen und Entsorgen gelangen die Stoffe weiter in Flüsse, Böden und Nahrungskette.

«Shein steht für ein krankes System,  welches Überangebot, Profitgier und Umweltverschmutzung miteinander vermischt», sagt Joëlle Hérin, Kreislaufwirtschaftsexpertin bei Greenpeace Schweiz, «Der Fast-Fashion-Gigant überschwemmt die Welt mit minderwertiger Kleidung, die trotz gegenteiliger Versprechen von Shein oft mit Chemikalien belastet ist.»

Auffällige Produkte verschwinden nur scheinbar

Bereits 2022 hatte Greenpeace Deutschland in Shein-Produkten gefährliche Chemikalien über den gesetzlich erlaubten Grenzwerten nachgewiesen. Der Konzern zog die Produkte zurück und kündigte an, sein Chemikalienmanagement deutlich verbessern zu wollen. Der aktuelle Report «Schäm dich, Shein» zeigt allerdings, wie das Shein-Chemikalienmanagement weiterhin versagt. 

«Shein nimmt Schäden für Mensch und Umwelt scheinbar billigend in Kauf: Produkte, die in früheren Tests auffällig waren, tauchen in nahezu identischer Form erneut auf – belastet mit den selben gefährlichen Chemikalien», erklärt Joëlle Hérin. «Unsere Ergebnisse unterstreichen: Sheins Selbstverpflichtung ist wertlos. Um die Kleiderflut aufzuhalten und die Hersteller in die Verantwortung zu nehmen, braucht es ein starkes Anti-Fast-Fashion-Gesetz, wie es beispielsweise in Frankreich existiert.»

Mit 363 Millionen Besuchen pro Monat ist Shein.com die meistbesuchte Mode-Website der Welt – mehr als Nike, Myntra und H&M zusammen. Auf der Plattform finden sich über 500’000 Modelle gleichzeitig – zwanzigmal so viele wie bei H&M. Shein wächst weiterhin rasant auf dem internationalen Markt, mit einem Umsatzanstieg von 23 Milliarden Dollar im Jahr 2022 auf 38 Milliarden im Jahr 2024. Das Geschäftsmodell von Shein treibt Fast-Fashion und damit die übermässige Ressourcenverschwendung auf die Spitze. Dadurch entstehen neben Umweltverschmutzung in den Produktionsländern auch riesige Mengen umweltschädlichen Textilabfalls. 

Handlungsbedarf auch in der Schweiz

Greenpeace Schweiz fordert die Politik auf, die Gesetzeslücken zu schliessen und Online-Plattformen in die Verantwortung zu nehmen: Die Schweizer Chemikaliengesetzgebung sollte für alle in die Schweiz verkauften Produkte gelten, auch wenn sie über ausländische Online-Plattformen vertrieben werden. Die Schweizer Regierung muss darüber hinaus Nachhaltigkeitsanforderungen für Textilien und Schuhe festlegen, insbesondere in Bezug auf die Langlebigkeit und Reparaturfähigkeit. Die gesetzliche Grundlage dafür ist im Umweltschutzgesetz bereits vorhanden (Artikel 35i).

Um den zerstörerischen Kurs der Fast-Fashion-Industrie zu stoppen, muss der Bundesrat ein Anti-Fast-Fashion-Gesetz einführen, das eine vorgezogene Steuer auf alle Textilprodukte vorsieht. Fast-Fashion-Kleidung würde dabei höher besteuert.  Es sollte ausserdem Werbung für Fast Fashion, auch in sozialen Netzwerken, verbieten, und Kreislaufwirtschaftsmodelle, wie Reparaturen, Tauschen und Second-Hand-Verkäufe fördern. Diese Massnahmen müssen rasch umgesetzt werden, um die katastrophalen Folgen der Fast Fashion für den Planeten und seine Bewohner:innen zu stoppen.

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Kontakt

Joëlle Hérin, Expertin für Konsum und Kreislaufwirtschaft bei Greenpeace Schweiz, +41 79 256 32 65, [email protected] 

Medienstelle Greenpeace Schweiz, +41 44 447 41 11, [email protected]