Morgen wird der Bundesrat voraussichtlich die neue Saatgut-Verordnung in Kraft setzen. Dabei ist eine Toleranz von 0,5 Prozent für gentechnisch verändertes Saatgut vorgesehen. Das hätte verheerende Folgen: Im schlimmsten Fall würden Millionen genmanipulierter Pflanzen auf Schweizer Feldern freigesetzt – darunter auch Pflanzen mit eingebauter Antibiotika-Resistenz. Setzt der Bundesrat diese Verordnung in Kraft, torpediert er die geltenden, restriktiven Freisetzungsbestimmungen, wie sie letztes Jahr im Rahmen der Genlex beschlossen worden sind. Zudem erweist er der Schweizer Bevölkerung einen Bärendienst: KonsumentInnen verlieren die Sicherheit, bei inländischen Produkten garantiert gentech freie Ware einzukaufen und die Schweizer Landwirtschaft ihren Wettbewerbsvorteil. Greenpeace fordert den Bundesrat deshalb auf, an der geltenden, strikten Null-Toleranz festzuhalten.

Zürich. Die neue Saatgutverordnung, wie sie per 1. Juni in Kraft treten soll, öffnet mit einem Toleranzwert von 0,5 Prozent und mit der Abstützung auf schwammige Definitionen wie «gleichwertige ausländische Verfahren» die Schleuse für eine Gentech-Verseuchung der Schweizer Agrarprodukte. Es entbehrt jeder Logik, im kommerziellen Anbau zu erlauben, was sogar im Versuch verboten ist (in Oftringen und Changins wurden entsprechende Freisetzungsversuche letztes Jahr verboten). Auch Pflanzen mit eingebauter Antibiotikaresistenz dürften angesät werden. Sogar wenn vor dem Verkauf genmanipulierte Organismen entdeckt werden, dürfte das Saatgut gesät werden. Saatgut steht ganz am Anfang der Produktionskette – wird dort bereits eine Gentech-Toleranz zugelassen, ist es in Kürze vorbei mit der Erhaltung einer gentechfreien Umwelt und Landwirtschaft. Beim Anbau von Pflanzen darf nicht mit Toleranzwerten operiert werden – lebendige Organismen pflanzen sich fort und halten sich weder an Felder- noch an Prozentgrenzen. Die Gefahr, dass sich angrenzende, gentechfreie Felder in Gentech-Felder verwandeln ist gross, wie Erfahrungen im Ausland zeigen. Bereits gibt es beispielsweise in Kanada Prozesse wegen unerwünschtem Gen-Transfer. Absichtserklärungen von Handel und Industrie, Saatgut nach Möglichkeit gentech-frei zu halten, reichen da nicht. Der Saatguthandel ist seiner Bedeutung entsprechend seit jeher streng reguliert und kontrolliert. Jede Charge ist rückverfolgbar bis zum Feld. Daher wären gerade beim Saatgut Gentechverseuchungen sehr leicht zu eruieren und zu vermeiden. Statt die Bestimmungen zu verwässern, gäbe es eine einfache, aber wirkungsvolle Lösung: Jede Charge Saatgut muss auf das Vorhandensein genmanipulierter Organismen geprüft werden und darf bei positivem Befund nicht an Bauern verkauft und ausgebracht werden. Nur so lässt sich die Schweizer Landwirtschaft langfristig gentech-frei erhalten, wie dies von Biobauern, Umweltverbänden, KonsumentInnen, BUWAL gefordert wird, und jüngst in Form eines Anbau-Moratoriums sogar vom Bauernverband verlangt worden ist. Greenpeace fordert den Bundesrat auf, die ökologische und ökonomische Chance einer gentechfreien Landwirtschaft zu bewahren und die geltende Saatgut- und Freisetzungsverordnungen nicht zugunsten wirtschaftlicher Interessen zu durchlöchern.


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